es die Japaner, wie kaum ein zweites Volk der Erde, sich die tech- nischen Errungenschaften der Europäer eigen zu machen. So hat Japan nicht nur viele Maschinen zur Hebung seiner Industrie aus Europa und Nordamerika importirt, sondern selbst im Lande Maschi- nen-, Glas- und Tuchfabriken, Seidenspinnereien etc. nach euro- päischen Mustern eingerichtet; ja es exportirt schon Imitationen von schwedischen Zündhölzchen, böhmischen Glaswaaren, schweizerischen Strohflechtereien und anderen europäischen Erfindungen, zum Theil selbst nach Europa.
Yokohama.
Als auf Grund der mit den Fremden abgeschlossenen Verträge zur Eröffnung Kanagawas geschritten wurde, traten die Fehler deut- lich zutage, welche in der Wahl des Platzes lagen und Schwierig- keiten involvirten, deren Tragweite eine unabsehbare war.
Die Lage des Ortes am Tokai-Do, jener Heerstrasse, auf welcher die in den reichen westlichen Landestheilen residirenden mächtigen Daimios mit ihrem zahlreichen Gefolge an Kriegern jahraus, jahrein ihre Reise an den Hof des Shoguns unternahmen, war bei den in jener Zeit ins Wanken gerathenen politischen Zuständen die denkbar ungünstigste. Die Feudalfürsten waren vielleicht aus Ueberzeugung, die grosse Menge der Samurais aber sicherlich aus egoistischen Gründen eingefleischte Fremdenhasser. Lag es doch nahe, dass die Eröffnung des Landes Aenderungen zur Folge haben müsse, welche diese beiden bisher herrschenden Classen ihrer Vorrechte berauben werden. Eine Verletzung der strengen japanischen Etiquette durch die Europäer, die mit deren geheimnissvoller Bedeutung unbekannt waren, konnte zu schweren Verwicklungen mit den europäischen Mächten führen. Diesen auszuweichen und auch aus dem Grunde, weil die stark versan- dete Rhede von Kanagawa den Anforderungen, die man aus nautischen Rücksichten an sie als Hauptschiffahrtsstation des überseeischen Handels mit Japan stellte, nicht entsprach, vereinbarte man die Wahl eines anderen Vertragshafens an der Bucht von Yeddo. Trotz der grossen räumlichen Ausdehnung derselben, die in einer durchschnittlichen Breite von 10 ungefähr 25 Seemeilen tief in das Land eindringt, finden sich daselbst nur wenige Stellen, die zur Anlage eines umfangreiche- ren Hafens geeignet sind. Der nördliche Theil der Bucht, an dessen Gestade Tokio liegt, ist grösseren Schiffen durch ausgedehnte Ver- sandungen unzugänglich, welche von Ablagerungen des hier mün-
Der grosse Ocean.
es die Japaner, wie kaum ein zweites Volk der Erde, sich die tech- nischen Errungenschaften der Europäer eigen zu machen. So hat Japan nicht nur viele Maschinen zur Hebung seiner Industrie aus Europa und Nordamerika importirt, sondern selbst im Lande Maschi- nen-, Glas- und Tuchfabriken, Seidenspinnereien etc. nach euro- päischen Mustern eingerichtet; ja es exportirt schon Imitationen von schwedischen Zündhölzchen, böhmischen Glaswaaren, schweizerischen Strohflechtereien und anderen europäischen Erfindungen, zum Theil selbst nach Europa.
Yokohama.
Als auf Grund der mit den Fremden abgeschlossenen Verträge zur Eröffnung Kanagawas geschritten wurde, traten die Fehler deut- lich zutage, welche in der Wahl des Platzes lagen und Schwierig- keiten involvirten, deren Tragweite eine unabsehbare war.
Die Lage des Ortes am Tokaï-Do, jener Heerstrasse, auf welcher die in den reichen westlichen Landestheilen residirenden mächtigen Daimios mit ihrem zahlreichen Gefolge an Kriegern jahraus, jahrein ihre Reise an den Hof des Shoguns unternahmen, war bei den in jener Zeit ins Wanken gerathenen politischen Zuständen die denkbar ungünstigste. Die Feudalfürsten waren vielleicht aus Ueberzeugung, die grosse Menge der Samurais aber sicherlich aus egoistischen Gründen eingefleischte Fremdenhasser. Lag es doch nahe, dass die Eröffnung des Landes Aenderungen zur Folge haben müsse, welche diese beiden bisher herrschenden Classen ihrer Vorrechte berauben werden. Eine Verletzung der strengen japanischen Etiquette durch die Europäer, die mit deren geheimnissvoller Bedeutung unbekannt waren, konnte zu schweren Verwicklungen mit den europäischen Mächten führen. Diesen auszuweichen und auch aus dem Grunde, weil die stark versan- dete Rhede von Kanagawa den Anforderungen, die man aus nautischen Rücksichten an sie als Hauptschiffahrtsstation des überseeischen Handels mit Japan stellte, nicht entsprach, vereinbarte man die Wahl eines anderen Vertragshafens an der Bucht von Yeddo. Trotz der grossen räumlichen Ausdehnung derselben, die in einer durchschnittlichen Breite von 10 ungefähr 25 Seemeilen tief in das Land eindringt, finden sich daselbst nur wenige Stellen, die zur Anlage eines umfangreiche- ren Hafens geeignet sind. Der nördliche Theil der Bucht, an dessen Gestade Tokio liegt, ist grösseren Schiffen durch ausgedehnte Ver- sandungen unzugänglich, welche von Ablagerungen des hier mün-
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Der grosse Ocean.
es die Japaner, wie kaum ein zweites Volk der Erde, sich die tech-
nischen Errungenschaften der Europäer eigen zu machen. So hat
Japan nicht nur viele Maschinen zur Hebung seiner Industrie aus
Europa und Nordamerika importirt, sondern selbst im Lande Maschi-
nen-, Glas- und Tuchfabriken, Seidenspinnereien etc. nach euro-
päischen Mustern eingerichtet; ja es exportirt schon Imitationen von
schwedischen Zündhölzchen, böhmischen Glaswaaren, schweizerischen
Strohflechtereien und anderen europäischen Erfindungen, zum Theil
selbst nach Europa.
Yokohama.
Als auf Grund der mit den Fremden abgeschlossenen Verträge
zur Eröffnung Kanagawas geschritten wurde, traten die Fehler deut-
lich zutage, welche in der Wahl des Platzes lagen und Schwierig-
keiten involvirten, deren Tragweite eine unabsehbare war.
Die Lage des Ortes am Tokaï-Do, jener Heerstrasse, auf welcher
die in den reichen westlichen Landestheilen residirenden mächtigen
Daimios mit ihrem zahlreichen Gefolge an Kriegern jahraus, jahrein
ihre Reise an den Hof des Shoguns unternahmen, war bei den in
jener Zeit ins Wanken gerathenen politischen Zuständen die denkbar
ungünstigste. Die Feudalfürsten waren vielleicht aus Ueberzeugung,
die grosse Menge der Samurais aber sicherlich aus egoistischen Gründen
eingefleischte Fremdenhasser. Lag es doch nahe, dass die Eröffnung
des Landes Aenderungen zur Folge haben müsse, welche diese beiden
bisher herrschenden Classen ihrer Vorrechte berauben werden. Eine
Verletzung der strengen japanischen Etiquette durch die Europäer,
die mit deren geheimnissvoller Bedeutung unbekannt waren, konnte
zu schweren Verwicklungen mit den europäischen Mächten führen.
Diesen auszuweichen und auch aus dem Grunde, weil die stark versan-
dete Rhede von Kanagawa den Anforderungen, die man aus nautischen
Rücksichten an sie als Hauptschiffahrtsstation des überseeischen Handels
mit Japan stellte, nicht entsprach, vereinbarte man die Wahl eines
anderen Vertragshafens an der Bucht von Yeddo. Trotz der grossen
räumlichen Ausdehnung derselben, die in einer durchschnittlichen
Breite von 10 ungefähr 25 Seemeilen tief in das Land eindringt, finden
sich daselbst nur wenige Stellen, die zur Anlage eines umfangreiche-
ren Hafens geeignet sind. Der nördliche Theil der Bucht, an dessen
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/366>, abgerufen am 22.11.2024.
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