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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
Kampfe siegten wiederholt die Jesuiten, welche das Ohr des Kaisers
Kang-hsi hatten. Ein Decret vom 22. März 1692 gestattete die Aus-
übung der katholischen Mission in China. Aber je grösser die Frei-
heit, desto heftiger entbrannte stets der selbstmörderische Vernichtungs-
kampf, die hohen Beamten, welche mit Missgunst auf die Fremden
sahen, untergruben unter den Nachfolgern des Kaisers Kang-hsi deren
Einfluss, und allmälig brach unter den feindlichen Massregeln der
Regierung das grosse Missionswerk zusammen; die französische
Revolution entzog den Priestern die Mittel und Kräfte, sich wieder zu
erheben. Erst als durch die beredte Sprache der Kanonen in der Mitte
unseres Jahrhunderts die europäischen Kaufleute in China festen Fuss
fassen konnten, lebte die Thätigkeit katholischer und evangelischer
Missionäre wieder auf.

Wenden wir uns nun der Ausbildung des europäisch-chinesi-
schen Handels zu.

Trotz der von anderen Nationen mehrfach angestellten Versuche,
mit China in Handelsbeziehungen zu treten und diese durch Verträge
zu regeln, blieb den Portugiesen ein ausschliessliches Handelsmonopol
durch lange Zeit erhalten, wenn es auch ab und zu vorkam, dass
Schiffe fremder Flaggen vor Canton erschienen und daselbst ihre
Waaren tauschten.

Auch der glückliche Angriff der englisch-ostindischen Compagnie
auf Canton 1637 machte es dieser nicht möglich, mit Canton in
regelmässige Handelsverbindungen zu treten, weil die Chinesen den
in nächster Zeit eingelangten Schiffen einen passiven Widerstand in
Form aller denkbaren Chikanen und übermässiger Zölle und Abgaben
entgegensetzten.

Glücklicherweise verdiente man aber viel bei dem chinesischen
Handel. Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, die sich entgegen-
stellten, wurde er rege weiter betrieben, und auch die Holländer,
Franzosen und Spanier betheiligten sich an demselben in bedeutendem
Masse. Canton blieb der Knotenpunkt des Handels. Daselbst waren
von der chinesischen Regierung eigene Kaufleute, Hong-Kaufleute oder
Co-Hong genannt, für denselben ausersehen; sie waren berufen, Ver-
mittlung zu üben und die sehr bedeutenden Zölle und Abgaben an
die Regierung abzuliefern; dabei waren sie für das Betragen der
Fremden persönlich verantwortlich. Zu einem vertragsmässigen Ver-
kehr aber kam es nicht, und der Willkür der auf ihren eigenen Vor-
theil bedachten Mandarine waren keine Schranken gesetzt.


Der grosse Ocean.
Kampfe siegten wiederholt die Jesuiten, welche das Ohr des Kaisers
Kang-hsi hatten. Ein Decret vom 22. März 1692 gestattete die Aus-
übung der katholischen Mission in China. Aber je grösser die Frei-
heit, desto heftiger entbrannte stets der selbstmörderische Vernichtungs-
kampf, die hohen Beamten, welche mit Missgunst auf die Fremden
sahen, untergruben unter den Nachfolgern des Kaisers Kang-hsi deren
Einfluss, und allmälig brach unter den feindlichen Massregeln der
Regierung das grosse Missionswerk zusammen; die französische
Revolution entzog den Priestern die Mittel und Kräfte, sich wieder zu
erheben. Erst als durch die beredte Sprache der Kanonen in der Mitte
unseres Jahrhunderts die europäischen Kaufleute in China festen Fuss
fassen konnten, lebte die Thätigkeit katholischer und evangelischer
Missionäre wieder auf.

Wenden wir uns nun der Ausbildung des europäisch-chinesi-
schen Handels zu.

Trotz der von anderen Nationen mehrfach angestellten Versuche,
mit China in Handelsbeziehungen zu treten und diese durch Verträge
zu regeln, blieb den Portugiesen ein ausschliessliches Handelsmonopol
durch lange Zeit erhalten, wenn es auch ab und zu vorkam, dass
Schiffe fremder Flaggen vor Canton erschienen und daselbst ihre
Waaren tauschten.

Auch der glückliche Angriff der englisch-ostindischen Compagnie
auf Canton 1637 machte es dieser nicht möglich, mit Canton in
regelmässige Handelsverbindungen zu treten, weil die Chinesen den
in nächster Zeit eingelangten Schiffen einen passiven Widerstand in
Form aller denkbaren Chikanen und übermässiger Zölle und Abgaben
entgegensetzten.

Glücklicherweise verdiente man aber viel bei dem chinesischen
Handel. Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, die sich entgegen-
stellten, wurde er rege weiter betrieben, und auch die Holländer,
Franzosen und Spanier betheiligten sich an demselben in bedeutendem
Masse. Canton blieb der Knotenpunkt des Handels. Daselbst waren
von der chinesischen Regierung eigene Kaufleute, Hong-Kaufleute oder
Co-Hong genannt, für denselben ausersehen; sie waren berufen, Ver-
mittlung zu üben und die sehr bedeutenden Zölle und Abgaben an
die Regierung abzuliefern; dabei waren sie für das Betragen der
Fremden persönlich verantwortlich. Zu einem vertragsmässigen Ver-
kehr aber kam es nicht, und der Willkür der auf ihren eigenen Vor-
theil bedachten Mandarine waren keine Schranken gesetzt.


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[384/0400] Der grosse Ocean. Kampfe siegten wiederholt die Jesuiten, welche das Ohr des Kaisers Kang-hsi hatten. Ein Decret vom 22. März 1692 gestattete die Aus- übung der katholischen Mission in China. Aber je grösser die Frei- heit, desto heftiger entbrannte stets der selbstmörderische Vernichtungs- kampf, die hohen Beamten, welche mit Missgunst auf die Fremden sahen, untergruben unter den Nachfolgern des Kaisers Kang-hsi deren Einfluss, und allmälig brach unter den feindlichen Massregeln der Regierung das grosse Missionswerk zusammen; die französische Revolution entzog den Priestern die Mittel und Kräfte, sich wieder zu erheben. Erst als durch die beredte Sprache der Kanonen in der Mitte unseres Jahrhunderts die europäischen Kaufleute in China festen Fuss fassen konnten, lebte die Thätigkeit katholischer und evangelischer Missionäre wieder auf. Wenden wir uns nun der Ausbildung des europäisch-chinesi- schen Handels zu. Trotz der von anderen Nationen mehrfach angestellten Versuche, mit China in Handelsbeziehungen zu treten und diese durch Verträge zu regeln, blieb den Portugiesen ein ausschliessliches Handelsmonopol durch lange Zeit erhalten, wenn es auch ab und zu vorkam, dass Schiffe fremder Flaggen vor Canton erschienen und daselbst ihre Waaren tauschten. Auch der glückliche Angriff der englisch-ostindischen Compagnie auf Canton 1637 machte es dieser nicht möglich, mit Canton in regelmässige Handelsverbindungen zu treten, weil die Chinesen den in nächster Zeit eingelangten Schiffen einen passiven Widerstand in Form aller denkbaren Chikanen und übermässiger Zölle und Abgaben entgegensetzten. Glücklicherweise verdiente man aber viel bei dem chinesischen Handel. Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, die sich entgegen- stellten, wurde er rege weiter betrieben, und auch die Holländer, Franzosen und Spanier betheiligten sich an demselben in bedeutendem Masse. Canton blieb der Knotenpunkt des Handels. Daselbst waren von der chinesischen Regierung eigene Kaufleute, Hong-Kaufleute oder Co-Hong genannt, für denselben ausersehen; sie waren berufen, Ver- mittlung zu üben und die sehr bedeutenden Zölle und Abgaben an die Regierung abzuliefern; dabei waren sie für das Betragen der Fremden persönlich verantwortlich. Zu einem vertragsmässigen Ver- kehr aber kam es nicht, und der Willkür der auf ihren eigenen Vor- theil bedachten Mandarine waren keine Schranken gesetzt.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/400>, abgerufen am 22.11.2024.