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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Hongkong (Victoria).

Vor der Mündung des Tschukiang oder Cantonstromes (Perl-
flusses) liegt eine Gruppe von Felseninseln, welche in früherer Zeit den
im ausgebreiteten Flussdelta hausenden Seeräubern und Schmugglern
unauffindbare Schlupfwinkel und Schutz vor Verfolgung boten. Unter
diesen Inseln ist Hongkong jetzt als eine Centralstation des ost-
asiatischen Handels von hervorragender Bedeutung. Die Insel, 17 km
lang und 2--4 km breit, wird durch einen massigen Gebirgsstock ge-
bildet, dessen hervorragendste Kuppe der im westlichen Theile an-
steigende 560 m hohe Victoria Peak ist. Ihre Küstenconfiguration ist
namentlich an der Südseite, wo mehrere tiefe Buchten einschneiden,
sehr unregelmässig und durchwegs steil ansteigend. Enge, oft
schluchtenartige Thäler und zahlreiche Wasserrinnen zwischen den
unregelmässig gelagerten Kuppen geben der Insel, die nahezu jeder
Vegetation entbehrt, ein steriles Aussehen.

Zwischen der Nordseite Hongkongs und dem Festland befindet
sich ein schmaler Canal, der sich am östlichen Ende zu dem kaum
500 m breiten Lyemoon Pass verengt und dann den seiner geschützten
Lage wegen vielfach gerühmten Hafen von Hongkong bildet, welcher
vor der Stadt Victoria liegt. Der Ankergrund ist in dem etwa sechs
Seemeilen langen und in seiner Breite von einer bis drei Seemeilen
wechselnden Hafen durchgehends vorzüglich zu nennen; Untiefen oder
Riffe sind nur in geringer Zahl nahe der Strandlinie und in genau
gekennzeichneten Positionen vorhanden, so dass sie keinerlei Hinderniss
für die Schiffahrt bilden. Steile Hügel, die jetzt von dem Gouverne-
ment aufgeforstet werden, begrenzen nach allen Seiten den Ausblick.

Ausgedehnte Quai-Anlagen umsäumen den grössten Theil des
nördlichen Inselufers und bieten den verschiedenen Handelsschiffen
die Möglichkeit, sich bis dicht unter Land zu holen. Die Küste der
Halbinsel Kaulung (englisch Kowloon), welche die Nordseite des
Hafens abschliesst, beherbergt eine Zahl von Schiffahrts-Etablissements,

Hongkong (Victoria).

Vor der Mündung des Tschukiang oder Cantonstromes (Perl-
flusses) liegt eine Gruppe von Felseninseln, welche in früherer Zeit den
im ausgebreiteten Flussdelta hausenden Seeräubern und Schmugglern
unauffindbare Schlupfwinkel und Schutz vor Verfolgung boten. Unter
diesen Inseln ist Hongkong jetzt als eine Centralstation des ost-
asiatischen Handels von hervorragender Bedeutung. Die Insel, 17 km
lang und 2—4 km breit, wird durch einen massigen Gebirgsstock ge-
bildet, dessen hervorragendste Kuppe der im westlichen Theile an-
steigende 560 m hohe Victoria Peak ist. Ihre Küstenconfiguration ist
namentlich an der Südseite, wo mehrere tiefe Buchten einschneiden,
sehr unregelmässig und durchwegs steil ansteigend. Enge, oft
schluchtenartige Thäler und zahlreiche Wasserrinnen zwischen den
unregelmässig gelagerten Kuppen geben der Insel, die nahezu jeder
Vegetation entbehrt, ein steriles Aussehen.

Zwischen der Nordseite Hongkongs und dem Festland befindet
sich ein schmaler Canal, der sich am östlichen Ende zu dem kaum
500 m breiten Lyemoon Pass verengt und dann den seiner geschützten
Lage wegen vielfach gerühmten Hafen von Hongkong bildet, welcher
vor der Stadt Victoria liegt. Der Ankergrund ist in dem etwa sechs
Seemeilen langen und in seiner Breite von einer bis drei Seemeilen
wechselnden Hafen durchgehends vorzüglich zu nennen; Untiefen oder
Riffe sind nur in geringer Zahl nahe der Strandlinie und in genau
gekennzeichneten Positionen vorhanden, so dass sie keinerlei Hinderniss
für die Schiffahrt bilden. Steile Hügel, die jetzt von dem Gouverne-
ment aufgeforstet werden, begrenzen nach allen Seiten den Ausblick.

Ausgedehnte Quai-Anlagen umsäumen den grössten Theil des
nördlichen Inselufers und bieten den verschiedenen Handelsschiffen
die Möglichkeit, sich bis dicht unter Land zu holen. Die Küste der
Halbinsel Kaulung (englisch Kowloon), welche die Nordseite des
Hafens abschliesst, beherbergt eine Zahl von Schiffahrts-Etablissements,

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[[452]/0468] Hongkong (Victoria). Vor der Mündung des Tschukiang oder Cantonstromes (Perl- flusses) liegt eine Gruppe von Felseninseln, welche in früherer Zeit den im ausgebreiteten Flussdelta hausenden Seeräubern und Schmugglern unauffindbare Schlupfwinkel und Schutz vor Verfolgung boten. Unter diesen Inseln ist Hongkong jetzt als eine Centralstation des ost- asiatischen Handels von hervorragender Bedeutung. Die Insel, 17 km lang und 2—4 km breit, wird durch einen massigen Gebirgsstock ge- bildet, dessen hervorragendste Kuppe der im westlichen Theile an- steigende 560 m hohe Victoria Peak ist. Ihre Küstenconfiguration ist namentlich an der Südseite, wo mehrere tiefe Buchten einschneiden, sehr unregelmässig und durchwegs steil ansteigend. Enge, oft schluchtenartige Thäler und zahlreiche Wasserrinnen zwischen den unregelmässig gelagerten Kuppen geben der Insel, die nahezu jeder Vegetation entbehrt, ein steriles Aussehen. Zwischen der Nordseite Hongkongs und dem Festland befindet sich ein schmaler Canal, der sich am östlichen Ende zu dem kaum 500 m breiten Lyemoon Pass verengt und dann den seiner geschützten Lage wegen vielfach gerühmten Hafen von Hongkong bildet, welcher vor der Stadt Victoria liegt. Der Ankergrund ist in dem etwa sechs Seemeilen langen und in seiner Breite von einer bis drei Seemeilen wechselnden Hafen durchgehends vorzüglich zu nennen; Untiefen oder Riffe sind nur in geringer Zahl nahe der Strandlinie und in genau gekennzeichneten Positionen vorhanden, so dass sie keinerlei Hinderniss für die Schiffahrt bilden. Steile Hügel, die jetzt von dem Gouverne- ment aufgeforstet werden, begrenzen nach allen Seiten den Ausblick. Ausgedehnte Quai-Anlagen umsäumen den grössten Theil des nördlichen Inselufers und bieten den verschiedenen Handelsschiffen die Möglichkeit, sich bis dicht unter Land zu holen. Die Küste der Halbinsel Kaulung (englisch Kowloon), welche die Nordseite des Hafens abschliesst, beherbergt eine Zahl von Schiffahrts-Etablissements,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [452]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/468>, abgerufen am 22.11.2024.