lange Strasse gebildet, die sich von den Wohnstätten der Europäer bis zur sogenannten Königstadt erstreckt. Der Bazar enthält in bunter Folge die verschiedensten siamesischen, chinesischen und europäischen Erzeugnisse, doch keineswegs werthvolle oder kunst- reiche Gegenstände, so dass der Gesammteindruck, den der Bazar bietet, ein fast ärmlicher genannt werden muss. An eine grössere Anzahl von Verkaufsläden mit gewöhnlichen Esswaaren (zumeist Reis, Obst und Fische) reiht sich der etwas elegantere Theil des Bazars, woselbst hauptsächlich Industrieproducte des Landes, als Matten, Thon- geschirre und Messinggefässe, feilgehalten werden. Ueberaus häufig sind Niederlagen von Buddha-Figuren und anderen Götzenbildern; die Chinesen verkaufen ihre heimatlichen Erzeugnisse, nicht selten aber auch allerlei Tand europäischer Provenienz. Wo das Gedränge des ohnehin sehr belebten Bazars ein noch lebhafteres wird, findet man Spielhäuser, die zumeist von Chinesen, jedoch auch von den eingeborenen Landeskindern besucht werden.
Besonders zahlreich und sehenswürdig sind die Tempel Bang- koks, deren zahllose schlanke, oft reichvergoldete Thürmchen -- Pratschedis -- hoch über die aus Holz oder Palmstroh bestehenden Giebeldächer emporragen. Die Tempel -- Wats -- sind in ihrer Anlage ziemlich gleichförmig, ein Unterschied besteht zumeist nur in ihren Dimensionen. An reicher und prunkvoller Ausstattung aber überbieten sie sich gegenseitig. Die Gebäudecomplexe der Wats sind von hohen Umfassungsmauern umgeben, längs welcher sich fresken- geschmückte Säulenhallen befinden. Der eigentliche Tempel, ein rechteckiges Gebäude mit hohem Dache und von kleineren Gebet- hallen, Bibliotheken und Pratschedis umgeben, befindet sich zumeist in der Mitte der ganzen Anlage. Diese Pratschedis sind thurmartige Bauten von Kegel- oder Pyramidenform, welche in feine und lange Spitzen auslaufen. Sie besitzen reichen ornamentalen Schmuck und bilden Reliquienschreine, oder sind auch Wahrzeichen der Aschen- urnen hervorragender Persönlichkeiten.
Das Dach eines Tempels ist ein drei- bis vierfaches, mit schön geschwungenen Firsten und reich ornamentirten Giebeln geschmückt; die Aussenwände und die Thore tragen reiche Vergoldungen. Das Sanctuarium wird besonders reich ausgestattet, künstlerische Mosaiken aus Gold, Glas und farbigem Thon, sowie prächtige Fresken verzieren dasselbe. Inmitten des Sanctuariums befindet sich fast immer eine riesige, reich vergoldete Buddha-Statue, und der Boden um dieselbe herum ist mit Silbermatten belegt.
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Bangkok.
lange Strasse gebildet, die sich von den Wohnstätten der Europäer bis zur sogenannten Königstadt erstreckt. Der Bazar enthält in bunter Folge die verschiedensten siamesischen, chinesischen und europäischen Erzeugnisse, doch keineswegs werthvolle oder kunst- reiche Gegenstände, so dass der Gesammteindruck, den der Bazar bietet, ein fast ärmlicher genannt werden muss. An eine grössere Anzahl von Verkaufsläden mit gewöhnlichen Esswaaren (zumeist Reis, Obst und Fische) reiht sich der etwas elegantere Theil des Bazars, woselbst hauptsächlich Industrieproducte des Landes, als Matten, Thon- geschirre und Messinggefässe, feilgehalten werden. Ueberaus häufig sind Niederlagen von Buddha-Figuren und anderen Götzenbildern; die Chinesen verkaufen ihre heimatlichen Erzeugnisse, nicht selten aber auch allerlei Tand europäischer Provenienz. Wo das Gedränge des ohnehin sehr belebten Bazars ein noch lebhafteres wird, findet man Spielhäuser, die zumeist von Chinesen, jedoch auch von den eingeborenen Landeskindern besucht werden.
Besonders zahlreich und sehenswürdig sind die Tempel Bang- koks, deren zahllose schlanke, oft reichvergoldete Thürmchen — Pratschedis — hoch über die aus Holz oder Palmstroh bestehenden Giebeldächer emporragen. Die Tempel — Wats — sind in ihrer Anlage ziemlich gleichförmig, ein Unterschied besteht zumeist nur in ihren Dimensionen. An reicher und prunkvoller Ausstattung aber überbieten sie sich gegenseitig. Die Gebäudecomplexe der Wats sind von hohen Umfassungsmauern umgeben, längs welcher sich fresken- geschmückte Säulenhallen befinden. Der eigentliche Tempel, ein rechteckiges Gebäude mit hohem Dache und von kleineren Gebet- hallen, Bibliotheken und Pratschedis umgeben, befindet sich zumeist in der Mitte der ganzen Anlage. Diese Pratschedis sind thurmartige Bauten von Kegel- oder Pyramidenform, welche in feine und lange Spitzen auslaufen. Sie besitzen reichen ornamentalen Schmuck und bilden Reliquienschreine, oder sind auch Wahrzeichen der Aschen- urnen hervorragender Persönlichkeiten.
Das Dach eines Tempels ist ein drei- bis vierfaches, mit schön geschwungenen Firsten und reich ornamentirten Giebeln geschmückt; die Aussenwände und die Thore tragen reiche Vergoldungen. Das Sanctuarium wird besonders reich ausgestattet, künstlerische Mosaiken aus Gold, Glas und farbigem Thon, sowie prächtige Fresken verzieren dasselbe. Inmitten des Sanctuariums befindet sich fast immer eine riesige, reich vergoldete Buddha-Statue, und der Boden um dieselbe herum ist mit Silbermatten belegt.
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Bangkok.
lange Strasse gebildet, die sich von den Wohnstätten der Europäer
bis zur sogenannten Königstadt erstreckt. Der Bazar enthält in
bunter Folge die verschiedensten siamesischen, chinesischen und
europäischen Erzeugnisse, doch keineswegs werthvolle oder kunst-
reiche Gegenstände, so dass der Gesammteindruck, den der Bazar
bietet, ein fast ärmlicher genannt werden muss. An eine grössere
Anzahl von Verkaufsläden mit gewöhnlichen Esswaaren (zumeist Reis,
Obst und Fische) reiht sich der etwas elegantere Theil des Bazars,
woselbst hauptsächlich Industrieproducte des Landes, als Matten, Thon-
geschirre und Messinggefässe, feilgehalten werden. Ueberaus häufig sind
Niederlagen von Buddha-Figuren und anderen Götzenbildern; die
Chinesen verkaufen ihre heimatlichen Erzeugnisse, nicht selten aber
auch allerlei Tand europäischer Provenienz. Wo das Gedränge
des ohnehin sehr belebten Bazars ein noch lebhafteres wird, findet
man Spielhäuser, die zumeist von Chinesen, jedoch auch von den
eingeborenen Landeskindern besucht werden.
Besonders zahlreich und sehenswürdig sind die Tempel Bang-
koks, deren zahllose schlanke, oft reichvergoldete Thürmchen —
Pratschedis — hoch über die aus Holz oder Palmstroh bestehenden
Giebeldächer emporragen. Die Tempel — Wats — sind in ihrer
Anlage ziemlich gleichförmig, ein Unterschied besteht zumeist nur in
ihren Dimensionen. An reicher und prunkvoller Ausstattung aber
überbieten sie sich gegenseitig. Die Gebäudecomplexe der Wats sind
von hohen Umfassungsmauern umgeben, längs welcher sich fresken-
geschmückte Säulenhallen befinden. Der eigentliche Tempel, ein
rechteckiges Gebäude mit hohem Dache und von kleineren Gebet-
hallen, Bibliotheken und Pratschedis umgeben, befindet sich zumeist
in der Mitte der ganzen Anlage. Diese Pratschedis sind thurmartige
Bauten von Kegel- oder Pyramidenform, welche in feine und lange
Spitzen auslaufen. Sie besitzen reichen ornamentalen Schmuck und
bilden Reliquienschreine, oder sind auch Wahrzeichen der Aschen-
urnen hervorragender Persönlichkeiten.
Das Dach eines Tempels ist ein drei- bis vierfaches, mit schön
geschwungenen Firsten und reich ornamentirten Giebeln geschmückt;
die Aussenwände und die Thore tragen reiche Vergoldungen. Das
Sanctuarium wird besonders reich ausgestattet, künstlerische Mosaiken
aus Gold, Glas und farbigem Thon, sowie prächtige Fresken verzieren
dasselbe. Inmitten des Sanctuariums befindet sich fast immer eine
riesige, reich vergoldete Buddha-Statue, und der Boden um dieselbe
herum ist mit Silbermatten belegt.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/491>, abgerufen am 22.11.2024.
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