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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.
besuchen sie die Comptoirs der europäischen Kaufleute, wo man sie
allgemein mit Achtung empfängt und ihnen die Geldsummen anver-
traut, die sie unter die Bauern als Vorschuss auf die Reisernten
vertheilen.

Ackerbau, Industrie und Handel sind daher noch einer grossen
Entwicklung fähig, welche die Chinesen herbeiführen werden, deren
Einwanderung die Regierung begünstigt. Der chinesische Einwanderer
bringt nur selten seine Frau mit. Gerne heiratet ihn die Birmanin;
er ist Buddhist wie sie Buddhistin, fleissig und arbeitsam und behan-
delt seine Frau gewöhnlich gut. Auf diese Weise entwickelt sich
eine neue Race, welcher die Zukunft Birmas gehört.

Unter den Hafenplätzen von Britisch-Birma kommt für den Aussen-
handel in erster Linie Rangoon als grösster Reishafen in Betracht,
gegen den die anderen Reishäfen Akyab, Bassein und Moulmein
eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen. Denn 1889/90 besorgte
Rangoon 93.03 % der Einfuhr und 70·83 % der Ausfuhr von Britisch-
Birma. Hiebei muss bemerkt werden, dass die grösseren Firmen von
Rangoon in den anderen birmanischen Häfen Filialen unterhalten,
welche den Reis, das Hauptproduct des Landes, daselbst einkaufen
und direct verschiffen. Die importirten Waaren hingegen werden
direct an die Waarenhäuser in Rangoon consignirt.

Neben der Flusschiffahrt rentiren sich auch die schmalspurigen
Eisenbahnen recht gut, von denen eine Linie Rangoon mit Allarmyo,
die andere Rangoon mit Mandalei verbindet; die Endpunkte beider
liegen am Irawadi. Da die Birmanen, ähnlich den Chinesen, gern
reisen, so liefern auf den Eisenbahnen die Einnahmen aus dem
Personenverkehre und nicht, wie in Europa, die aus dem Frachten-
verkehre den grösseren Theil der Einkünfte.

Rangoon ist vermöge seiner geographischen Lage der wichtigste
Handelsplatz im Delta des Irawadi, weil von hier aus selbst grosse
Schiffe in den Hauptstrom vordringen können, welcher zu allen
Jahreszeiten eine natürliche, 1350 km lange Wasserstrasse bildet, die
man sich nicht bequemer und sicherer vorstellen kann. Die Dampfer
der "Burmah Flotilla Company" gehen auf dem Irawadi von Rangoon
über Mandalei nach Bhamo, wo die Schiffbarkeit des Flusses endet.
Letzterer Ort liegt in nächster Nähe der Grenze der chinesischen
Provinz Yünnan. Mindestens der westliche Theil derselben gehört zum
Handelsgebiete von Rangoon und wartet nur auf die Verbesserung
der Strassen, um den von der Natur vorgezeichneten Verkehr in
grösserem Massstabe aufnehmen zu können. Jetzt schon vereinigen

Der indische Ocean.
besuchen sie die Comptoirs der europäischen Kaufleute, wo man sie
allgemein mit Achtung empfängt und ihnen die Geldsummen anver-
traut, die sie unter die Bauern als Vorschuss auf die Reisernten
vertheilen.

Ackerbau, Industrie und Handel sind daher noch einer grossen
Entwicklung fähig, welche die Chinesen herbeiführen werden, deren
Einwanderung die Regierung begünstigt. Der chinesische Einwanderer
bringt nur selten seine Frau mit. Gerne heiratet ihn die Birmanin;
er ist Buddhist wie sie Buddhistin, fleissig und arbeitsam und behan-
delt seine Frau gewöhnlich gut. Auf diese Weise entwickelt sich
eine neue Race, welcher die Zukunft Birmas gehört.

Unter den Hafenplätzen von Britisch-Birma kommt für den Aussen-
handel in erster Linie Rangoon als grösster Reishafen in Betracht,
gegen den die anderen Reishäfen Akyab, Bassein und Moulmein
eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen. Denn 1889/90 besorgte
Rangoon 93.03 % der Einfuhr und 70·83 % der Ausfuhr von Britisch-
Birma. Hiebei muss bemerkt werden, dass die grösseren Firmen von
Rangoon in den anderen birmanischen Häfen Filialen unterhalten,
welche den Reis, das Hauptproduct des Landes, daselbst einkaufen
und direct verschiffen. Die importirten Waaren hingegen werden
direct an die Waarenhäuser in Rangoon consignirt.

Neben der Flusschiffahrt rentiren sich auch die schmalspurigen
Eisenbahnen recht gut, von denen eine Linie Rangoon mit Allarmyo,
die andere Rangoon mit Mandalei verbindet; die Endpunkte beider
liegen am Irawadi. Da die Birmanen, ähnlich den Chinesen, gern
reisen, so liefern auf den Eisenbahnen die Einnahmen aus dem
Personenverkehre und nicht, wie in Europa, die aus dem Frachten-
verkehre den grösseren Theil der Einkünfte.

Rangoon ist vermöge seiner geographischen Lage der wichtigste
Handelsplatz im Delta des Irawadi, weil von hier aus selbst grosse
Schiffe in den Hauptstrom vordringen können, welcher zu allen
Jahreszeiten eine natürliche, 1350 km lange Wasserstrasse bildet, die
man sich nicht bequemer und sicherer vorstellen kann. Die Dampfer
der „Burmah Flotilla Company“ gehen auf dem Irawadi von Rangoon
über Mandalei nach Bhamo, wo die Schiffbarkeit des Flusses endet.
Letzterer Ort liegt in nächster Nähe der Grenze der chinesischen
Provinz Yünnan. Mindestens der westliche Theil derselben gehört zum
Handelsgebiete von Rangoon und wartet nur auf die Verbesserung
der Strassen, um den von der Natur vorgezeichneten Verkehr in
grösserem Massstabe aufnehmen zu können. Jetzt schon vereinigen

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[544/0560] Der indische Ocean. besuchen sie die Comptoirs der europäischen Kaufleute, wo man sie allgemein mit Achtung empfängt und ihnen die Geldsummen anver- traut, die sie unter die Bauern als Vorschuss auf die Reisernten vertheilen. Ackerbau, Industrie und Handel sind daher noch einer grossen Entwicklung fähig, welche die Chinesen herbeiführen werden, deren Einwanderung die Regierung begünstigt. Der chinesische Einwanderer bringt nur selten seine Frau mit. Gerne heiratet ihn die Birmanin; er ist Buddhist wie sie Buddhistin, fleissig und arbeitsam und behan- delt seine Frau gewöhnlich gut. Auf diese Weise entwickelt sich eine neue Race, welcher die Zukunft Birmas gehört. Unter den Hafenplätzen von Britisch-Birma kommt für den Aussen- handel in erster Linie Rangoon als grösster Reishafen in Betracht, gegen den die anderen Reishäfen Akyab, Bassein und Moulmein eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen. Denn 1889/90 besorgte Rangoon 93.03 % der Einfuhr und 70·83 % der Ausfuhr von Britisch- Birma. Hiebei muss bemerkt werden, dass die grösseren Firmen von Rangoon in den anderen birmanischen Häfen Filialen unterhalten, welche den Reis, das Hauptproduct des Landes, daselbst einkaufen und direct verschiffen. Die importirten Waaren hingegen werden direct an die Waarenhäuser in Rangoon consignirt. Neben der Flusschiffahrt rentiren sich auch die schmalspurigen Eisenbahnen recht gut, von denen eine Linie Rangoon mit Allarmyo, die andere Rangoon mit Mandalei verbindet; die Endpunkte beider liegen am Irawadi. Da die Birmanen, ähnlich den Chinesen, gern reisen, so liefern auf den Eisenbahnen die Einnahmen aus dem Personenverkehre und nicht, wie in Europa, die aus dem Frachten- verkehre den grösseren Theil der Einkünfte. Rangoon ist vermöge seiner geographischen Lage der wichtigste Handelsplatz im Delta des Irawadi, weil von hier aus selbst grosse Schiffe in den Hauptstrom vordringen können, welcher zu allen Jahreszeiten eine natürliche, 1350 km lange Wasserstrasse bildet, die man sich nicht bequemer und sicherer vorstellen kann. Die Dampfer der „Burmah Flotilla Company“ gehen auf dem Irawadi von Rangoon über Mandalei nach Bhamo, wo die Schiffbarkeit des Flusses endet. Letzterer Ort liegt in nächster Nähe der Grenze der chinesischen Provinz Yünnan. Mindestens der westliche Theil derselben gehört zum Handelsgebiete von Rangoon und wartet nur auf die Verbesserung der Strassen, um den von der Natur vorgezeichneten Verkehr in grösserem Massstabe aufnehmen zu können. Jetzt schon vereinigen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/560>, abgerufen am 22.11.2024.