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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Banana.

In Banana herrscht ein reges kaufmännisches Treiben. Da der
Strom eine Barre hat, welche bei Ebbe nur 5 m Wasser führt, können
grössere Schiffe nicht bis vor Banana gelangen; solche finden jedoch
ausserhalb einen guten Ankerplatz, wenn sich auch daselbst eine
ziemlich starke Strömung (2--4 Seemeilen per Stunde) geltend macht.
Der Bootsverkehr unterliegt keinen Schwierigkeiten und an verschie-
denen Pfahldämmen ist auch für tiefer gehende Lastboote ausrei-
chende Wassertiefe (bis zu 5 m) vorhanden.

Der ganze Verkehr landeinwärts kann nur auf dem Congo be-
werkstelligt werden. Daher verfügen die einzelnen Factoreien über
kleine Dampfboote, welche den hiezu nothwendigen Dienst versehen.
Die Umgebung Bananas besteht aus dichten sumpfigen Waldungen,
durch welche nur elende Pfade führen. Landschaftlich hat der Ort
keinen Reiz und nur der ansehnliche Strom belebt die Situation. Die
Küste ist flach; Banana selbst entwickelt sich längs des Ufers. Die
Factoreien, welche am Strome aufwärts gelegen sind, haben den An-
strich kleiner Festungen und sind durchwegs, ebenso wie jene in
Banana selbst, mit Pallisaden umgeben.

Ein wichtiger Hafen am Unterlaufe des Congo oberhalb Banana
ist auch die Station Boma, der Sitz der Centralbehörden des Congo-
staates; da es aber im Interesse der Entwicklung des Congostaates
liegt, dass Seedampfer im Flusse möglichst weit aufwärts dringen
und die Verbindung mit Europa in möglichst kurzer Zeit hergestellt
werde, so haben im August 1891 die verschiedenen Congogesell-
schaften in Brüssel mit den drei Dampfschiffahrtsgesellschaften, welche
bisher nur Banana und Boma auf ihren westafrikanischen Echelle-
linien angelaufen haben, einen Vertrag geschlossen, nach welchem
diese vom October 1891 an am 6. jeden Monates einen Dampfer von
1800 bis 2000 T von Antwerpen direct nach Matadi abgehen lassen.
Die Hinreise darf höchstens 25, die Rückkehr höchstens 30 Tage
dauern.

Matadi ist der Ausgangspunkt der Congobahn, welche den
Zweck hat, die zahlreichen Wasserfälle und Stromschnellen zu um-
gehen, welche den für grosse Seeschiffe fahrbaren Unterlauf des Congo
von den 12.000 km schiffbaren Gewässern seines Mittel- und Ober-
laufes trennen. Die Congobahn soll den grossen Fehler im orogra-
phischen Aufbau Afrikas, welche die Ränder seiner Hochplateaux
bis nahe ans Meer vorschiebt und so die Flüsse (Zambesi, Nil, Congo
etc.) zwingt, in Katarakten den Unterlauf zu erreichen, corrigiren.
Ohne Congobahn gibt es keine Congoschiffahrt, wohl aber mit der

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Banana.

In Banana herrscht ein reges kaufmännisches Treiben. Da der
Strom eine Barre hat, welche bei Ebbe nur 5 m Wasser führt, können
grössere Schiffe nicht bis vor Banana gelangen; solche finden jedoch
ausserhalb einen guten Ankerplatz, wenn sich auch daselbst eine
ziemlich starke Strömung (2—4 Seemeilen per Stunde) geltend macht.
Der Bootsverkehr unterliegt keinen Schwierigkeiten und an verschie-
denen Pfahldämmen ist auch für tiefer gehende Lastboote ausrei-
chende Wassertiefe (bis zu 5 m) vorhanden.

Der ganze Verkehr landeinwärts kann nur auf dem Congo be-
werkstelligt werden. Daher verfügen die einzelnen Factoreien über
kleine Dampfboote, welche den hiezu nothwendigen Dienst versehen.
Die Umgebung Bananas besteht aus dichten sumpfigen Waldungen,
durch welche nur elende Pfade führen. Landschaftlich hat der Ort
keinen Reiz und nur der ansehnliche Strom belebt die Situation. Die
Küste ist flach; Banana selbst entwickelt sich längs des Ufers. Die
Factoreien, welche am Strome aufwärts gelegen sind, haben den An-
strich kleiner Festungen und sind durchwegs, ebenso wie jene in
Banana selbst, mit Pallisaden umgeben.

Ein wichtiger Hafen am Unterlaufe des Congo oberhalb Banana
ist auch die Station Boma, der Sitz der Centralbehörden des Congo-
staates; da es aber im Interesse der Entwicklung des Congostaates
liegt, dass Seedampfer im Flusse möglichst weit aufwärts dringen
und die Verbindung mit Europa in möglichst kurzer Zeit hergestellt
werde, so haben im August 1891 die verschiedenen Congogesell-
schaften in Brüssel mit den drei Dampfschiffahrtsgesellschaften, welche
bisher nur Banana und Boma auf ihren westafrikanischen Echelle-
linien angelaufen haben, einen Vertrag geschlossen, nach welchem
diese vom October 1891 an am 6. jeden Monates einen Dampfer von
1800 bis 2000 T von Antwerpen direct nach Matadi abgehen lassen.
Die Hinreise darf höchstens 25, die Rückkehr höchstens 30 Tage
dauern.

Matadi ist der Ausgangspunkt der Congobahn, welche den
Zweck hat, die zahlreichen Wasserfälle und Stromschnellen zu um-
gehen, welche den für grosse Seeschiffe fahrbaren Unterlauf des Congo
von den 12.000 km schiffbaren Gewässern seines Mittel- und Ober-
laufes trennen. Die Congobahn soll den grossen Fehler im orogra-
phischen Aufbau Afrikas, welche die Ränder seiner Hochplateaux
bis nahe ans Meer vorschiebt und so die Flüsse (Zambesi, Nil, Congo
etc.) zwingt, in Katarakten den Unterlauf zu erreichen, corrigiren.
Ohne Congobahn gibt es keine Congoschiffahrt, wohl aber mit der

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[699/0715] Banana. In Banana herrscht ein reges kaufmännisches Treiben. Da der Strom eine Barre hat, welche bei Ebbe nur 5 m Wasser führt, können grössere Schiffe nicht bis vor Banana gelangen; solche finden jedoch ausserhalb einen guten Ankerplatz, wenn sich auch daselbst eine ziemlich starke Strömung (2—4 Seemeilen per Stunde) geltend macht. Der Bootsverkehr unterliegt keinen Schwierigkeiten und an verschie- denen Pfahldämmen ist auch für tiefer gehende Lastboote ausrei- chende Wassertiefe (bis zu 5 m) vorhanden. Der ganze Verkehr landeinwärts kann nur auf dem Congo be- werkstelligt werden. Daher verfügen die einzelnen Factoreien über kleine Dampfboote, welche den hiezu nothwendigen Dienst versehen. Die Umgebung Bananas besteht aus dichten sumpfigen Waldungen, durch welche nur elende Pfade führen. Landschaftlich hat der Ort keinen Reiz und nur der ansehnliche Strom belebt die Situation. Die Küste ist flach; Banana selbst entwickelt sich längs des Ufers. Die Factoreien, welche am Strome aufwärts gelegen sind, haben den An- strich kleiner Festungen und sind durchwegs, ebenso wie jene in Banana selbst, mit Pallisaden umgeben. Ein wichtiger Hafen am Unterlaufe des Congo oberhalb Banana ist auch die Station Boma, der Sitz der Centralbehörden des Congo- staates; da es aber im Interesse der Entwicklung des Congostaates liegt, dass Seedampfer im Flusse möglichst weit aufwärts dringen und die Verbindung mit Europa in möglichst kurzer Zeit hergestellt werde, so haben im August 1891 die verschiedenen Congogesell- schaften in Brüssel mit den drei Dampfschiffahrtsgesellschaften, welche bisher nur Banana und Boma auf ihren westafrikanischen Echelle- linien angelaufen haben, einen Vertrag geschlossen, nach welchem diese vom October 1891 an am 6. jeden Monates einen Dampfer von 1800 bis 2000 T von Antwerpen direct nach Matadi abgehen lassen. Die Hinreise darf höchstens 25, die Rückkehr höchstens 30 Tage dauern. Matadi ist der Ausgangspunkt der Congobahn, welche den Zweck hat, die zahlreichen Wasserfälle und Stromschnellen zu um- gehen, welche den für grosse Seeschiffe fahrbaren Unterlauf des Congo von den 12.000 km schiffbaren Gewässern seines Mittel- und Ober- laufes trennen. Die Congobahn soll den grossen Fehler im orogra- phischen Aufbau Afrikas, welche die Ränder seiner Hochplateaux bis nahe ans Meer vorschiebt und so die Flüsse (Zambesi, Nil, Congo etc.) zwingt, in Katarakten den Unterlauf zu erreichen, corrigiren. Ohne Congobahn gibt es keine Congoschiffahrt, wohl aber mit der 88*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/715>, abgerufen am 22.11.2024.