Nördlich von Sierra Leone liegt Senegambien, welches seinen Namen von den beiden bedeutendsten Flüssen seines Gebietes, Senegal und Gambia, erhalten hat. An beiden Flüssen liegt die französische Colonie Senegal, welche nach dem Namen des er- steren bezeichnet wird. Die Colonie hat den Franzosen schon viele Mühe verursacht und viel Sorgen gemacht, vor Allem, weil die Besitzer einer feindlichen und kriegerischen Bevölkerung gegenüberstehen, und weil auch hier, wie längs der ganzen Westküste Afrikas, die Schwierigkeiten der Colonisation ganz erhebliche und nicht allein in dem nachtheiligen Klima begründete sind. Eine über- wuchernde tropische Vegetation, die zahlreichen Niederungen der grossen Flüsse und die unvermeidlichen Miasmen erzeugen im Vereine mit der äquatorialen Sonne hygienische Verhältnisse, welchen der Europäer sich nur höchst schwer anzupassen vermag. Körperliche Arbeit kann er nicht leisten. Die Eingebornen hingegen sind wohl kräftig, aber jegliche Arbeit ist ihnen ein Greuel, und auch an dem Baue der Eisenbahn von Dakar nach St. Louis haben sich nicht viele betheiligt. Man entbehrt also der nothwendigen Hilfskräfte zur Ent- wicklung des Landes. Dazu gesellen sich dann noch die schlechten Communicationen, sobald man landeinwärts dringen will. Es mangelt an Zug- und Tragthieren. Eine Acclimatisirung europäischer Thiere in dem Küstengebiete ist noch nicht gelungen und im Lande findet man nicht geeignetes Material. Man muss sich der Menschen als Trans- portmittel bedienen, und die sind für diesen Zweck sicher das theuerste und dabei auch schlechteste Material. Es ist deshalb begreiflich, dass sich der Verkehr wesentlich auf die Flüsse beschränkt, soweit man auf denselben mit Fahrzeugen gelangen kann, während abseits der Flüsse Mühsale aller Art sich entgegenstellen.
Am Senegal wie in allen anderen Gebieten ist daher noch immer nicht von einer systematischen Colonisirung des Landes und von einer
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Dakar.
Nördlich von Sierra Leone liegt Senegambien, welches seinen Namen von den beiden bedeutendsten Flüssen seines Gebietes, Senegal und Gambia, erhalten hat. An beiden Flüssen liegt die französische Colonie Senegal, welche nach dem Namen des er- steren bezeichnet wird. Die Colonie hat den Franzosen schon viele Mühe verursacht und viel Sorgen gemacht, vor Allem, weil die Besitzer einer feindlichen und kriegerischen Bevölkerung gegenüberstehen, und weil auch hier, wie längs der ganzen Westküste Afrikas, die Schwierigkeiten der Colonisation ganz erhebliche und nicht allein in dem nachtheiligen Klima begründete sind. Eine über- wuchernde tropische Vegetation, die zahlreichen Niederungen der grossen Flüsse und die unvermeidlichen Miasmen erzeugen im Vereine mit der äquatorialen Sonne hygienische Verhältnisse, welchen der Europäer sich nur höchst schwer anzupassen vermag. Körperliche Arbeit kann er nicht leisten. Die Eingebornen hingegen sind wohl kräftig, aber jegliche Arbeit ist ihnen ein Greuel, und auch an dem Baue der Eisenbahn von Dakar nach St. Louis haben sich nicht viele betheiligt. Man entbehrt also der nothwendigen Hilfskräfte zur Ent- wicklung des Landes. Dazu gesellen sich dann noch die schlechten Communicationen, sobald man landeinwärts dringen will. Es mangelt an Zug- und Tragthieren. Eine Acclimatisirung europäischer Thiere in dem Küstengebiete ist noch nicht gelungen und im Lande findet man nicht geeignetes Material. Man muss sich der Menschen als Trans- portmittel bedienen, und die sind für diesen Zweck sicher das theuerste und dabei auch schlechteste Material. Es ist deshalb begreiflich, dass sich der Verkehr wesentlich auf die Flüsse beschränkt, soweit man auf denselben mit Fahrzeugen gelangen kann, während abseits der Flüsse Mühsale aller Art sich entgegenstellen.
Am Senegal wie in allen anderen Gebieten ist daher noch immer nicht von einer systematischen Colonisirung des Landes und von einer
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Dakar.
Nördlich von Sierra Leone liegt Senegambien, welches seinen
Namen von den beiden bedeutendsten Flüssen seines Gebietes,
Senegal und Gambia, erhalten hat. An beiden Flüssen liegt die
französische Colonie Senegal, welche nach dem Namen des er-
steren bezeichnet wird. Die Colonie hat den Franzosen schon
viele Mühe verursacht und viel Sorgen gemacht, vor Allem,
weil die Besitzer einer feindlichen und kriegerischen Bevölkerung
gegenüberstehen, und weil auch hier, wie längs der ganzen Westküste
Afrikas, die Schwierigkeiten der Colonisation ganz erhebliche und
nicht allein in dem nachtheiligen Klima begründete sind. Eine über-
wuchernde tropische Vegetation, die zahlreichen Niederungen der
grossen Flüsse und die unvermeidlichen Miasmen erzeugen im Vereine
mit der äquatorialen Sonne hygienische Verhältnisse, welchen der
Europäer sich nur höchst schwer anzupassen vermag. Körperliche
Arbeit kann er nicht leisten. Die Eingebornen hingegen sind wohl
kräftig, aber jegliche Arbeit ist ihnen ein Greuel, und auch an dem
Baue der Eisenbahn von Dakar nach St. Louis haben sich nicht viele
betheiligt. Man entbehrt also der nothwendigen Hilfskräfte zur Ent-
wicklung des Landes. Dazu gesellen sich dann noch die schlechten
Communicationen, sobald man landeinwärts dringen will. Es mangelt
an Zug- und Tragthieren. Eine Acclimatisirung europäischer Thiere
in dem Küstengebiete ist noch nicht gelungen und im Lande findet
man nicht geeignetes Material. Man muss sich der Menschen als Trans-
portmittel bedienen, und die sind für diesen Zweck sicher das theuerste
und dabei auch schlechteste Material. Es ist deshalb begreiflich, dass
sich der Verkehr wesentlich auf die Flüsse beschränkt, soweit man
auf denselben mit Fahrzeugen gelangen kann, während abseits der
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nicht von einer systematischen Colonisirung des Landes und von einer
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [723]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/739>, abgerufen am 25.11.2024.
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