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Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

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Aramena und Octavia, die Ubersetzungen des Herrn von Stubenberg
und mehr dergleichen, wie dann auch Zesens Ibrahim Bassa, Sophonisbe,
und andere seine Schrifften mit Nutzen dazu gezogen werden könten,
obschon dieser Sinn-reiche Mann etwas zu weit gangen. Man kan
auch in weit schlechtern Büchern viel dienliches finden; also zwar
von den Besten anfangen, hernach aber auch andere von geringern
Schlag zu Hülffe nehmen könte.

66. Ferner wäre auf die Wiederbringung vergessner und verlegener,
aber an sich selbst guter Worte und Redens-Arten zu gedencken, zu
welchem Ende die Schrifften des vorigen Seculi, die Wercke Lutheri
und anderer Theologen, die alten Reichs-Handlungen, die Landes-Ordnungen
und Willkühre der Städte, die alten Notariat-Bücher, und
allerhand geistliche und weltliche Schrifften, so gar des Reinecke Voss,
des Froschmäuselers, des Teutschen Rabelais, des übersetzten Amadis,
des Oesterreichischen Theuerdancks, des Bäyerschen Aventins, des
Schweizerischen Stumpfs und Paracelsi, des Nürnbergischen Hans
Sachsen
und ander Landes-Leute nützlich zu gebrauchen.

67. Und erinnere ich mich bey Gelegenheit der Schweitzer, ehmals
eine gute alte Teutsche Redens-Art dieses Volcks, bemercket zu
haben, die unsern besten Sprachs-Verbesserern nicht leicht beyfallen
solte. Ich frage zum Exempel, wie man Foedus defensivum & offensi-
vum kurtz und gut in Teutsch geben solle; zweiffle nicht, dass unsere
heutige wackere Verfasser, guter Teutscher Wercke keinen Mangel an
richtiger und netter Ubersetzung dieser zum Völcker-Recht gehörigen
Worte spühren lassen würden; ich zweiffle aber, ob einige der neuen
Ubersetzungen angenehmer und nachdrücklicher fallen werde als die
Schweitzerische: Schutz- und Trotz-Verbündniss.

68. Was die Einbürgerung betrifft, ist solche bey guter Gelegen-
heit nicht auszuschlagen, und den Sprachen so nützlich als den
Völckern. Rom ist durch Auffnehmung der Fremden gross und
mächtig worden, Holland ist durch Zulauff der Leute, wie durch den
Zufluss seiner Ströhme auffgeschwollen; die Englische Sprache hat alles
angenommen, und wann jedermann das Seinige abfodern wolte, würde
es den Engländern gehen, wie der Esopischen Krähe, da andere Vögel ihre

Aramena und Octavia, die Ubersetzungen des Herrn von Stubenberg
und mehr dergleichen, wie dann auch Zesens Ibrahim Bassa, Sophonisbe,
und andere seine Schrifften mit Nutzen dazu gezogen werden könten,
obschon dieser Sinn-reiche Mann etwas zu weit gangen. Man kan
auch in weit schlechtern Büchern viel dienliches finden; also zwar
von den Besten anfangen, hernach aber auch andere von geringern
Schlag zu Hülffe nehmen könte.

66. Ferner wäre auf die Wiederbringung vergessner und verlegener,
aber an sich selbst guter Worte und Redens-Arten zu gedencken, zu
welchem Ende die Schrifften des vorigen Seculi, die Wercke Lutheri
und anderer Theologen, die alten Reichs-Handlungen, die Landes-Ordnungen
und Willkühre der Städte, die alten Notariat-Bücher, und
allerhand geistliche und weltliche Schrifften, so gar des Reinecke Voss,
des Froschmäuselers, des Teutschen Rabelais, des übersetzten Amadis,
des Oesterreichischen Theuerdancks, des Bäyerschen Aventins, des
Schweizerischen Stumpfs und Paracelsi, des Nürnbergischen Hans
Sachsen
und ander Landes-Leute nützlich zu gebrauchen.

67. Und erinnere ich mich bey Gelegenheit der Schweitzer, ehmals
eine gute alte Teutsche Redens-Art dieses Volcks, bemercket zu
haben, die unsern besten Sprachs-Verbesserern nicht leicht beyfallen
solte. Ich frage zum Exempel, wie man Foedus defensivum & offensi-
vum kurtz und gut in Teutsch geben solle; zweiffle nicht, dass unsere
heutige wackere Verfasser, guter Teutscher Wercke keinen Mangel an
richtiger und netter Ubersetzung dieser zum Völcker-Recht gehörigen
Worte spühren lassen würden; ich zweiffle aber, ob einige der neuen
Ubersetzungen angenehmer und nachdrücklicher fallen werde als die
Schweitzerische: Schutz- und Trotz-Verbündniss.

68. Was die Einbürgerung betrifft, ist solche bey guter Gelegen-
heit nicht auszuschlagen, und den Sprachen so nützlich als den
Völckern. Rom ist durch Auffnehmung der Fremden gross und
mächtig worden, Holland ist durch Zulauff der Leute, wie durch den
Zufluss seiner Ströhme auffgeschwollen; die Englische Sprache hat alles
angenommen, und wann jedermann das Seinige abfodern wolte, würde
es den Engländern gehen, wie der Esopischen Krähe, da andere Vögel ihre

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[346/0020] Aramena und Octavia, die Ubersetzungen des Herrn von Stubenberg und mehr dergleichen, wie dann auch Zesens Ibrahim Bassa, Sophonisbe, und andere seine Schrifften mit Nutzen dazu gezogen werden könten, obschon dieser Sinn-reiche Mann etwas zu weit gangen. Man kan auch in weit schlechtern Büchern viel dienliches finden; also zwar von den Besten anfangen, hernach aber auch andere von geringern Schlag zu Hülffe nehmen könte. 66. Ferner wäre auf die Wiederbringung vergessner und verlegener, aber an sich selbst guter Worte und Redens-Arten zu gedencken, zu welchem Ende die Schrifften des vorigen Seculi, die Wercke Lutheri und anderer Theologen, die alten Reichs-Handlungen, die Landes-Ordnungen und Willkühre der Städte, die alten Notariat-Bücher, und allerhand geistliche und weltliche Schrifften, so gar des Reinecke Voss, des Froschmäuselers, des Teutschen Rabelais, des übersetzten Amadis, des Oesterreichischen Theuerdancks, des Bäyerschen Aventins, des Schweizerischen Stumpfs und Paracelsi, des Nürnbergischen Hans Sachsen und ander Landes-Leute nützlich zu gebrauchen. 67. Und erinnere ich mich bey Gelegenheit der Schweitzer, ehmals eine gute alte Teutsche Redens-Art dieses Volcks, bemercket zu haben, die unsern besten Sprachs-Verbesserern nicht leicht beyfallen solte. Ich frage zum Exempel, wie man Foedus defensivum & offensi- vum kurtz und gut in Teutsch geben solle; zweiffle nicht, dass unsere heutige wackere Verfasser, guter Teutscher Wercke keinen Mangel an richtiger und netter Ubersetzung dieser zum Völcker-Recht gehörigen Worte spühren lassen würden; ich zweiffle aber, ob einige der neuen Ubersetzungen angenehmer und nachdrücklicher fallen werde als die Schweitzerische: Schutz- und Trotz-Verbündniss. 68. Was die Einbürgerung betrifft, ist solche bey guter Gelegen- heit nicht auszuschlagen, und den Sprachen so nützlich als den Völckern. Rom ist durch Auffnehmung der Fremden gross und mächtig worden, Holland ist durch Zulauff der Leute, wie durch den Zufluss seiner Ströhme auffgeschwollen; die Englische Sprache hat alles angenommen, und wann jedermann das Seinige abfodern wolte, würde es den Engländern gehen, wie der Esopischen Krähe, da andere Vögel ihre

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-05T14:54:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-05T14:54:07Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (?): als s transkribiert
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst

Die Transkription beruht auf dem Abdruck in Pietsch, Paul (Hg.): Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

Pietsch stützte sich vor allem auf den Druck von 1717, zog für die Textherstellung aber auch die drei Handschriften A, B, C, alle in Hannover,heran. Der abweichende Schluß der ältesten Handschrift A wird unten in den Paragraphen A114 bis A119 wiedergegeben. Digitale Fassung bearbeitet von Thomas Gloning, Stand 22.7.2000. Korrekturhinweis 20.9.2013: hospes korr. zu hostes (freundlicher Hinweis von Dieter Maue). In A118, Z. 2 wurde "uach" zu "auch" korrigiert, in A119,4 "vermitttelst" zu "vermittelst" (Druckfehler).




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Zitationshilfe: Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356, hier S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717/20>, abgerufen am 21.11.2024.