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Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

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Federn wieder gehohlet. Wir Teutschen haben es weniger vonnöthen als
andere, müssen uns aber dieses nützlichen Rechts nicht gäntzlich begeben.

69. Es sind aber in der Einbürgerung gewisse Stuffen zu beobachten,
dann gleichwie diejenigen Menschen leichter auffzunehmen, deren
Glauben und Sitten den unsern näher kommen, also hätte man ehe in
Zulassung derjenigen fremden Worte zu gehelen, so aus den Sprachen
Teutschen Ursprungs, und sonderlich aus den Holländischen über-
nommen werden könten, als deren so aus der Lateinischen Sprache
und ihren Töchtern hergehohlet.

70. Und ob zwar das Englische und Nordische etwas mehr von
uns entfernet, als das Holländische, und mehr zur Untersuchung des
Ursprungs, als zur Anreicherung der Sprache dienen möchte, so wäre
doch gleichwol sich auch deren zu diesem Zweck in ein und andern
nützlich zu bedienen, ohnverboten.

71. Was aber das Holländische betrifft, würden unsere Teutschen
zumal guten Fug und Macht haben, durch gewisse Abgeordnete das
Recht der Mutterstadt von dieser Teutschen Pflantze (oder Colonie)
einzusammlen, und zu dem Ende durch kundige Leute die Holländische
Sprache und Schrifften untersuchen, und gleichsam wardiren zu lassen,
damit man sehe, was davon zu fodern und was bequem dem Hoch-
teutschen einverleibet zu werden. Dergleichen auch von den Platt-Teutschen
und andern Mund-Arten zu verstehen. Wie dann zum Exempel,
der Platt-Teutsche Schlump, da man sagt, es ist nur ein Schlumpo der
was die Frantzosen Nazard nennen, offt nicht übel anzubringen.

72. Es ist sonst bekant, dass die Holländer ihre Sprache sehr aus-
gebutzet, dass Opitz sich den Heinss, Catz und Groot, und andere
vortreffliche Holländer wol zu Nutz gemacht, dass Vondel und andere
es noch höher gebracht und dass anietzo viel unter ihnen mit grosser
Sorgfalt sich der Reinigkeit befleissen, und doch ihre Meynung
ziemlich auszudrücken wissen, also uns mit ihren Schrifften wol an
Hand gehen werden. 73. Die Lateinische, Frantzösische, Italiänische und Spanische Worte
belangend (dann vor den Griechischen haben wir uns nicht zu fürchten)
so gehöret die Frage, ob und wie weit deren Einbürgerung thunlich
und rathsam, zu dem Punct von Reinigkeit der Sprache, dann darin
suchet man eben zum Theil die Reinigkeit des Teutschen, dass es
von dem überflüssigen fremden Mischmasch gesäubert werde.


Federn wieder gehohlet. Wir Teutschen haben es weniger vonnöthen als
andere, müssen uns aber dieses nützlichen Rechts nicht gäntzlich begeben.

69. Es sind aber in der Einbürgerung gewisse Stuffen zu beobachten,
dann gleichwie diejenigen Menschen leichter auffzunehmen, deren
Glauben und Sitten den unsern näher kommen, also hätte man ehe in
Zulassung derjenigen fremden Worte zu gehelen, so aus den Sprachen
Teutschen Ursprungs, und sonderlich aus den Holländischen über-
nommen werden könten, als deren so aus der Lateinischen Sprache
und ihren Töchtern hergehohlet.

70. Und ob zwar das Englische und Nordische etwas mehr von
uns entfernet, als das Holländische, und mehr zur Untersuchung des
Ursprungs, als zur Anreicherung der Sprache dienen möchte, so wäre
doch gleichwol sich auch deren zu diesem Zweck in ein und andern
nützlich zu bedienen, ohnverboten.

71. Was aber das Holländische betrifft, würden unsere Teutschen
zumal guten Fug und Macht haben, durch gewisse Abgeordnete das
Recht der Mutterstadt von dieser Teutschen Pflantze (oder Colonie)
einzusammlen, und zu dem Ende durch kundige Leute die Holländische
Sprache und Schrifften untersuchen, und gleichsam wardiren zu lassen,
damit man sehe, was davon zu fodern und was bequem dem Hoch-
teutschen einverleibet zu werden. Dergleichen auch von den Platt-Teutschen
und andern Mund-Arten zu verstehen. Wie dann zum Exempel,
der Platt-Teutsche Schlump, da man sagt, es ist nur ein Schlumpo der
was die Frantzosen Nazard nennen, offt nicht übel anzubringen.

72. Es ist sonst bekant, dass die Holländer ihre Sprache sehr aus-
gebutzet, dass Opitz sich den Heinss, Catz und Groot, und andere
vortreffliche Holländer wol zu Nutz gemacht, dass Vondel und andere
es noch höher gebracht und dass anietzo viel unter ihnen mit grosser
Sorgfalt sich der Reinigkeit befleissen, und doch ihre Meynung
ziemlich auszudrücken wissen, also uns mit ihren Schrifften wol an
Hand gehen werden. 73. Die Lateinische, Frantzösische, Italiänische und Spanische Worte
belangend (dann vor den Griechischen haben wir uns nicht zu fürchten)
so gehöret die Frage, ob und wie weit deren Einbürgerung thunlich
und rathsam, zu dem Punct von Reinigkeit der Sprache, dann darin
suchet man eben zum Theil die Reinigkeit des Teutschen, dass es
von dem überflüssigen fremden Mischmasch gesäubert werde.


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[347/0021] Federn wieder gehohlet. Wir Teutschen haben es weniger vonnöthen als andere, müssen uns aber dieses nützlichen Rechts nicht gäntzlich begeben. 69. Es sind aber in der Einbürgerung gewisse Stuffen zu beobachten, dann gleichwie diejenigen Menschen leichter auffzunehmen, deren Glauben und Sitten den unsern näher kommen, also hätte man ehe in Zulassung derjenigen fremden Worte zu gehelen, so aus den Sprachen Teutschen Ursprungs, und sonderlich aus den Holländischen über- nommen werden könten, als deren so aus der Lateinischen Sprache und ihren Töchtern hergehohlet. 70. Und ob zwar das Englische und Nordische etwas mehr von uns entfernet, als das Holländische, und mehr zur Untersuchung des Ursprungs, als zur Anreicherung der Sprache dienen möchte, so wäre doch gleichwol sich auch deren zu diesem Zweck in ein und andern nützlich zu bedienen, ohnverboten. 71. Was aber das Holländische betrifft, würden unsere Teutschen zumal guten Fug und Macht haben, durch gewisse Abgeordnete das Recht der Mutterstadt von dieser Teutschen Pflantze (oder Colonie) einzusammlen, und zu dem Ende durch kundige Leute die Holländische Sprache und Schrifften untersuchen, und gleichsam wardiren zu lassen, damit man sehe, was davon zu fodern und was bequem dem Hoch- teutschen einverleibet zu werden. Dergleichen auch von den Platt-Teutschen und andern Mund-Arten zu verstehen. Wie dann zum Exempel, der Platt-Teutsche Schlump, da man sagt, es ist nur ein Schlumpo der was die Frantzosen Nazard nennen, offt nicht übel anzubringen. 72. Es ist sonst bekant, dass die Holländer ihre Sprache sehr aus- gebutzet, dass Opitz sich den Heinss, Catz und Groot, und andere vortreffliche Holländer wol zu Nutz gemacht, dass Vondel und andere es noch höher gebracht und dass anietzo viel unter ihnen mit grosser Sorgfalt sich der Reinigkeit befleissen, und doch ihre Meynung ziemlich auszudrücken wissen, also uns mit ihren Schrifften wol an Hand gehen werden. 73. Die Lateinische, Frantzösische, Italiänische und Spanische Worte belangend (dann vor den Griechischen haben wir uns nicht zu fürchten) so gehöret die Frage, ob und wie weit deren Einbürgerung thunlich und rathsam, zu dem Punct von Reinigkeit der Sprache, dann darin suchet man eben zum Theil die Reinigkeit des Teutschen, dass es von dem überflüssigen fremden Mischmasch gesäubert werde.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-05T14:54:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-05T14:54:07Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (?): als s transkribiert
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst

Die Transkription beruht auf dem Abdruck in Pietsch, Paul (Hg.): Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

Pietsch stützte sich vor allem auf den Druck von 1717, zog für die Textherstellung aber auch die drei Handschriften A, B, C, alle in Hannover,heran. Der abweichende Schluß der ältesten Handschrift A wird unten in den Paragraphen A114 bis A119 wiedergegeben. Digitale Fassung bearbeitet von Thomas Gloning, Stand 22.7.2000. Korrekturhinweis 20.9.2013: hospes korr. zu hostes (freundlicher Hinweis von Dieter Maue). In A118, Z. 2 wurde "uach" zu "auch" korrigiert, in A119,4 "vermitttelst" zu "vermittelst" (Druckfehler).




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Zitationshilfe: Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356, hier S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717/21>, abgerufen am 09.11.2024.