Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.die goldenen Franzen an seinem Kleide -- Ach geben Sie mir ein Feld für mein Fürstenthum, und einen rauschenden Bach für mein jauchzendes Volk! -- einen Pflug für mich und einen Ball für meine Kinder! -- Ruhm? -- denn mag die Geschichte mein Blatt in ihrem Buch leer lassen -- der lezte Seufzer Blankas sey auch der lezte Hauch, den je ein Sterblicher auf meinen Na- men verwendet. Aspermonte. Wie listig Sie Ruhm und Pflicht mit einander verwechseln! -- Die Men- schen sind nicht da, um neben einander zu grasen, und ein Mann kann sich mit einem süssern Ge- danken schlafen legen, als daß er satt ist! -- Es giebt gesellschaftliche Pflichten. Jm Schuldbuch der Gesellschaft steht Jhr Leben, Jhre Erziehung, Jhre Bildung, selbst diese Kraft zu sophistisiren. Was steht in Jhrer Gegenrechnung? -- Prinz, ein Biedermann bezahlt seine Schulden. Julius. Wahrhaftig, ich bin diesen gesell- schaftlichen Einrichtungen viel schuldig. Sie sezen Fürsten und Nonnen, und zwischen beide eine Kluft. Beym Himmel! ich bin der Gesellschaft viel schuldig. Aspermonte. Kaltes Blut, Prinz! Sie sollen jezt untersuchen. die goldenen Franzen an ſeinem Kleide — Ach geben Sie mir ein Feld fuͤr mein Fuͤrſtenthum, und einen rauſchenden Bach fuͤr mein jauchzendes Volk! — einen Pflug fuͤr mich und einen Ball fuͤr meine Kinder! — Ruhm? — denn mag die Geſchichte mein Blatt in ihrem Buch leer laſſen — der lezte Seufzer Blankas ſey auch der lezte Hauch, den je ein Sterblicher auf meinen Na- men verwendet. Aſpermonte. Wie liſtig Sie Ruhm und Pflicht mit einander verwechſeln! — Die Men- ſchen ſind nicht da, um neben einander zu graſen, und ein Mann kann ſich mit einem ſuͤſſern Ge- danken ſchlafen legen, als daß er ſatt iſt! — Es giebt geſellſchaftliche Pflichten. Jm Schuldbuch der Geſellſchaft ſteht Jhr Leben, Jhre Erziehung, Jhre Bildung, ſelbſt dieſe Kraft zu ſophiſtiſiren. Was ſteht in Jhrer Gegenrechnung? — Prinz, ein Biedermann bezahlt ſeine Schulden. Julius. Wahrhaftig, ich bin dieſen geſell- ſchaftlichen Einrichtungen viel ſchuldig. Sie ſezen Fuͤrſten und Nonnen, und zwiſchen beide eine Kluft. Beym Himmel! ich bin der Geſellſchaft viel ſchuldig. Aſpermonte. Kaltes Blut, Prinz! Sie ſollen jezt unterſuchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#JUL"> <p><pb facs="#f0050" n="46"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> die goldenen Franzen an ſeinem Kleide — Ach<lb/> geben Sie mir ein Feld fuͤr mein Fuͤrſtenthum,<lb/> und einen rauſchenden Bach fuͤr mein jauchzendes<lb/> Volk! — einen Pflug fuͤr mich und einen Ball<lb/> fuͤr meine Kinder! — Ruhm? — denn mag die<lb/> Geſchichte mein Blatt in ihrem Buch leer laſſen —<lb/> der lezte Seufzer Blankas ſey auch der lezte<lb/> Hauch, den je ein Sterblicher auf meinen Na-<lb/> men verwendet.</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Wie liſtig Sie Ruhm und<lb/> Pflicht mit einander verwechſeln! — Die Men-<lb/> ſchen ſind nicht da, um neben einander zu graſen,<lb/> und ein Mann kann ſich mit einem ſuͤſſern Ge-<lb/> danken ſchlafen legen, als daß er ſatt iſt! — Es<lb/> giebt geſellſchaftliche Pflichten. Jm Schuldbuch<lb/> der Geſellſchaft ſteht Jhr Leben, Jhre Erziehung,<lb/> Jhre Bildung, ſelbſt dieſe Kraft zu ſophiſtiſiren.<lb/> Was ſteht in Jhrer Gegenrechnung? — Prinz,<lb/> ein Biedermann bezahlt ſeine Schulden.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUL"> <speaker>Julius.</speaker> <p>Wahrhaftig, ich bin dieſen geſell-<lb/> ſchaftlichen Einrichtungen viel ſchuldig. Sie ſezen<lb/> Fuͤrſten und Nonnen, und zwiſchen beide eine<lb/> Kluft. Beym Himmel! ich bin der Geſellſchaft<lb/> viel ſchuldig.</p> </sp><lb/> <sp who="#ASP"> <speaker>Aſpermonte.</speaker> <p>Kaltes Blut, Prinz! Sie<lb/> ſollen jezt unterſuchen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0050]
die goldenen Franzen an ſeinem Kleide — Ach
geben Sie mir ein Feld fuͤr mein Fuͤrſtenthum,
und einen rauſchenden Bach fuͤr mein jauchzendes
Volk! — einen Pflug fuͤr mich und einen Ball
fuͤr meine Kinder! — Ruhm? — denn mag die
Geſchichte mein Blatt in ihrem Buch leer laſſen —
der lezte Seufzer Blankas ſey auch der lezte
Hauch, den je ein Sterblicher auf meinen Na-
men verwendet.
Aſpermonte. Wie liſtig Sie Ruhm und
Pflicht mit einander verwechſeln! — Die Men-
ſchen ſind nicht da, um neben einander zu graſen,
und ein Mann kann ſich mit einem ſuͤſſern Ge-
danken ſchlafen legen, als daß er ſatt iſt! — Es
giebt geſellſchaftliche Pflichten. Jm Schuldbuch
der Geſellſchaft ſteht Jhr Leben, Jhre Erziehung,
Jhre Bildung, ſelbſt dieſe Kraft zu ſophiſtiſiren.
Was ſteht in Jhrer Gegenrechnung? — Prinz,
ein Biedermann bezahlt ſeine Schulden.
Julius. Wahrhaftig, ich bin dieſen geſell-
ſchaftlichen Einrichtungen viel ſchuldig. Sie ſezen
Fuͤrſten und Nonnen, und zwiſchen beide eine
Kluft. Beym Himmel! ich bin der Geſellſchaft
viel ſchuldig.
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