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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] nicht gewiß seyn, daß sie ihrer so viel finden werden, als sie aufnehmen möchten; überdiß können sie auch nicht alle gar zu lange unter Wasser bleiben, gleichwie bereits erwähnet worden. Im übrigen sind diese armen Leute allerhand und grosser Gefährlichkeit unterworffen; dann, sie lassen sich nicht alleine dermassen tieff hinunter in die See, bleiben hier und dort behangen, brechen auch wol Hals und Beine, wann sie über einen Stein weg fallen, oder müssen aus Ermangelung der Luft ersticken, sondern sie müssen auch in Furchten stehen, daß sie von einem oder andern grossen Fisch verschlungen werden dürfften.

Wann die Austern aus der See herauf gebracht sind worden, so verziehen sie, bis daß sie von sich selbst aufgehen: dann, wann sie dieselben aufmachen wolten, wie wir es mit den Austern machen, möchten sie die Perlen beschädigen und zersprengen. Wann sie sich nun geöffnet haben, so nehmen sie die Perlen heraus.

Die Alten haben die Perlen Uniones genannt, weil sie der Meinung sind gewesen, als ob mehr nicht als ein einiges Stück aus einer ieden Auster gezogen werden könte: darinne sie sich doch betrogen, indem in ieder Schale bis auf die sieben Stück gefunden werden. Sie werden aus dem zähen oder schleimichten, saltzigen Safte erzielet, der in gar vielen Theilen des darinn befindlichen Fisches gerinnet und steinharte wird.

Zu Erzielung der Perlen findet sich kein eigener Ort, sondern sie wachsen ohne Unterscheid in allen Theilen einer Auster. Jedoch befinden sich in einer ieden Auster ein oder zwey gar grosse Stücke, die besser als die andern übrigen formiret sind. Die Auster ist so gut zu essen, als wie die gemeinen.

Die Perlen werden von unterschiedener Farbe befunden, die einen sind weiß, die andern ziehen sich aufs gelbe, und andere sehen gar bleyfarbig aus. Der Herr Tavernier vermeldet, daß er sechs vollkommen runde gehabt habe, die aber so schwartz gewesen, wie Gagat. Die weisse ist ihre rechte und natürliche Farbe. Die gelblichte Farbe entstehet daher: die Fischer verkauffen ihre Austern Hauffenweise, und die Kauffleute warten manchmahl vierzehen Tage, bis daß sie von sich selbst aufgehen, damit sie die Perlen heraus nehmen mögen: indessen sterben einige darunter, weil ihnen das Wasser entgehet, daher verderben sie und werden faul, die Perle wird auch davon zugleich angesteckt, und daher gelbe. Dieses ist eine gewisse Wahrheit: dann in allen Austern, welche ihr Wasser behalten haben, bleiben die Perlen beständig weiß. Die bleyfarbigen und schwartzen Perlen werden nur alleine in America gefunden, und diese Farbe kommt von dem Grunde in der See, welcher allda viel schlammiger und modriger ist, als wie im Orient. Es werden aber nicht in allen Austern Perlen gefunden, sondern es giebet ihrer viel darunter, die gar keine haben. Die besten Jahre zu dieser Fischerey sind die, in denen es sehr viel geregnet hat: wie man dann angemercket, wann es gar starcke Regen hat gegeben, daß die Austern alsdann auch viel reicher sind an Perlen gewesen.

In unsern Austern, Muscheln und dergleichen Schneckenzeug werden auch Perlen gefunden, sie mögen nun herkommen, woher sie nur wollen: und die [Spaltenumbruch] bestehen aus überaus sehr zarten Lagen oder Blätterlein, die die Natur hat auf und über einander geleget, auf Art der Zwiebelschalen, welche hernachmahls harte und als wie Stein worden. Ihre Materie und der Perlenmutter ihre ist einerley.

Die orientalischen Perlen werden am höhesten geschätzet; und unter denenselben suchet man die grössesten heraus, die gantz vollkommen rund, glatt, weiß, und gleissend, oder wie durchsichtig sind. Diese werden auf frantzösisch, Perles d'une belle eau genennet; auf teutsch, Perlen, die ein schönes Wasser haben. Ihr Preiß ist höher oder auch geringer, nachdem sie wol oder schlecht beschaffen sind: und werden nur zu Hals- und Armbändern gebrauchet. Zur Artzney werden nur die gantz kleinen genommen, die auf teutsch Staubperlen, frantzösisch, Semence de perle, Perlensamen genannt werden, weil sie wie Samenkörnlein sehen: sie haben aber eben eine so gute Kraft, als wie die grossen, und kommen nicht so hoch zu stehen. Die orientalischen soll man erwehlen, welche weiß und hell, durchsichtig und reine sind. Sie sind alkalinisch, und werden so lang auf einem Steine gerieben, bis daß sie zu gantz unbegreifflichen Pulver geworden sind.

Sie sollen eine treffliche Hertzstärckung geben, dem Gift zu widerstehen dienen, und die entgangenen Kräfte wiederum ersetzen. Alleine, ihre Haupttugend ist, daß sie die Säure dämpfen und zu nichte machen, dergleichen andere alkalia auch thun. Dannenhero sind sie gut zu der Schärffe im Magen, zu dem also genannten Hundehunger, zum Durchfall und zu dem verbluten. Die dosis ist von sechs Granen bis auf ein halbes Quintlein.

Nach Paris werden uns grosse, schwere Austerschalen überbracht, die sind gar schön und dick, auswendig grau, inwendig weiß, glatt, gläntzend, und als wie ein wenig grünlicht: haben in der Mitten einen Fleck und Zeichen, daß eine Auster da gesessen. Lateinisch werden sie Mater perlarum, teutsch, Perlenmutter, und auf frantzösisch, Nacre des Perles, auch Mere des Perles, genennet; entweder, weil sich in diesen Austerschalen, sowol als wie in vielen anderen, unterweilen Perlen finden, oder aber, weil sie inwendig also schön, wie die orientalischen Perlen, sehen. In meinem Materialkasten hebe ich eine solche Schale auf, die siebenzehen Untzen wiegt, und breiter ist, als wie zwey Hände. Man erwehlet die weissesten, und die am meisten gläntzen: es werden auch diese Schalen geschnitten, und Löffel, Rechenpfennige, und andre kleine schön polirte Dinge draus gemacht, welche linde anzufühlen, gläntzend und sehr wol zu sehen sind. Sie werden auch auf einem Reibestein gantz zarte abgerieben, und alsdann Mater perlarum praeparata, präparirte Perlenmutter, genannt. Die Weibspersonen brauchen diß zu einer Schmincke.

Es dienet dieses Pulver zu Stillung des Durchlauffs und des Blutens, die gar zu scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu verbessern. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf zwey gantze eingegeben. Es ist ein alkali.

Marmor.

Marmor, frantzösisch, Marbre, teutsch, Marmor, Marmorstein, Marbelstein, ist ein sehr [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] nicht gewiß seyn, daß sie ihrer so viel finden werden, als sie aufnehmen möchten; überdiß können sie auch nicht alle gar zu lange unter Wasser bleiben, gleichwie bereits erwähnet worden. Im übrigen sind diese armen Leute allerhand und grosser Gefährlichkeit unterworffen; dann, sie lassen sich nicht alleine dermassen tieff hinunter in die See, bleiben hier und dort behangen, brechen auch wol Hals und Beine, wann sie über einen Stein weg fallen, oder müssen aus Ermangelung der Luft ersticken, sondern sie müssen auch in Furchten stehen, daß sie von einem oder andern grossen Fisch verschlungen werden dürfften.

Wann die Austern aus der See herauf gebracht sind worden, so verziehen sie, bis daß sie von sich selbst aufgehen: dann, wann sie dieselben aufmachen wolten, wie wir es mit den Austern machen, möchten sie die Perlen beschädigen und zersprengen. Wann sie sich nun geöffnet haben, so nehmen sie die Perlen heraus.

Die Alten haben die Perlen Uniones genannt, weil sie der Meinung sind gewesen, als ob mehr nicht als ein einiges Stück aus einer ieden Auster gezogen werden könte: darinne sie sich doch betrogen, indem in ieder Schale bis auf die sieben Stück gefunden werden. Sie werden aus dem zähen oder schleimichten, saltzigen Safte erzielet, der in gar vielen Theilen des darinn befindlichen Fisches gerinnet und steinharte wird.

Zu Erzielung der Perlen findet sich kein eigener Ort, sondern sie wachsen ohne Unterscheid in allen Theilen einer Auster. Jedoch befinden sich in einer ieden Auster ein oder zwey gar grosse Stücke, die besser als die andern übrigen formiret sind. Die Auster ist so gut zu essen, als wie die gemeinen.

Die Perlen werden von unterschiedener Farbe befunden, die einen sind weiß, die andern ziehen sich aufs gelbe, und andere sehen gar bleyfarbig aus. Der Herr Tavernier vermeldet, daß er sechs vollkommen runde gehabt habe, die aber so schwartz gewesen, wie Gagat. Die weisse ist ihre rechte und natürliche Farbe. Die gelblichte Farbe entstehet daher: die Fischer verkauffen ihre Austern Hauffenweise, und die Kauffleute warten manchmahl vierzehen Tage, bis daß sie von sich selbst aufgehen, damit sie die Perlen heraus nehmen mögen: indessen sterben einige darunter, weil ihnen das Wasser entgehet, daher verderben sie und werden faul, die Perle wird auch davon zugleich angesteckt, und daher gelbe. Dieses ist eine gewisse Wahrheit: dann in allen Austern, welche ihr Wasser behalten haben, bleiben die Perlen beständig weiß. Die bleyfarbigen und schwartzen Perlen werden nur alleine in America gefunden, und diese Farbe kommt von dem Grunde in der See, welcher allda viel schlammiger und modriger ist, als wie im Orient. Es werden aber nicht in allen Austern Perlen gefunden, sondern es giebet ihrer viel darunter, die gar keine haben. Die besten Jahre zu dieser Fischerey sind die, in denen es sehr viel geregnet hat: wie man dann angemercket, wann es gar starcke Regen hat gegeben, daß die Austern alsdann auch viel reicher sind an Perlen gewesen.

In unsern Austern, Muscheln und dergleichen Schneckenzeug werden auch Perlen gefunden, sie mögen nun herkommen, woher sie nur wollen: und die [Spaltenumbruch] bestehen aus überaus sehr zarten Lagen oder Blätterlein, die die Natur hat auf und über einander geleget, auf Art der Zwiebelschalen, welche hernachmahls harte und als wie Stein worden. Ihre Materie und der Perlenmutter ihre ist einerley.

Die orientalischen Perlen werden am höhesten geschätzet; und unter denenselben suchet man die grössesten heraus, die gantz vollkommen rund, glatt, weiß, und gleissend, oder wie durchsichtig sind. Diese werden auf frantzösisch, Perles d'une belle eau genennet; auf teutsch, Perlen, die ein schönes Wasser haben. Ihr Preiß ist höher oder auch geringer, nachdem sie wol oder schlecht beschaffen sind: und werden nur zu Hals- und Armbändern gebrauchet. Zur Artzney werden nur die gantz kleinen genommen, die auf teutsch Staubperlen, frantzösisch, Semence de perle, Perlensamen genannt werden, weil sie wie Samenkörnlein sehen: sie haben aber eben eine so gute Kraft, als wie die grossen, und kommen nicht so hoch zu stehen. Die orientalischen soll man erwehlen, welche weiß und hell, durchsichtig und reine sind. Sie sind alkalinisch, und werden so lang auf einem Steine gerieben, bis daß sie zu gantz unbegreifflichen Pulver geworden sind.

Sie sollen eine treffliche Hertzstärckung geben, dem Gift zu widerstehen dienen, und die entgangenen Kräfte wiederum ersetzen. Alleine, ihre Haupttugend ist, daß sie die Säure dämpfen und zu nichte machen, dergleichen andere alkalia auch thun. Dannenhero sind sie gut zu der Schärffe im Magen, zu dem also genannten Hundehunger, zum Durchfall und zu dem verbluten. Die dosis ist von sechs Granen bis auf ein halbes Quintlein.

Nach Paris werden uns grosse, schwere Austerschalen überbracht, die sind gar schön und dick, auswendig grau, inwendig weiß, glatt, gläntzend, und als wie ein wenig grünlicht: haben in der Mitten einen Fleck und Zeichen, daß eine Auster da gesessen. Lateinisch werden sie Mater perlarum, teutsch, Perlenmutter, und auf frantzösisch, Nacre des Perles, auch Mere des Perles, genennet; entweder, weil sich in diesen Austerschalen, sowol als wie in vielen anderen, unterweilen Perlen finden, oder aber, weil sie inwendig also schön, wie die orientalischen Perlen, sehen. In meinem Materialkasten hebe ich eine solche Schale auf, die siebenzehen Untzen wiegt, und breiter ist, als wie zwey Hände. Man erwehlet die weissesten, und die am meisten gläntzen: es werden auch diese Schalen geschnitten, und Löffel, Rechenpfennige, und andre kleine schön polirte Dinge draus gemacht, welche linde anzufühlen, gläntzend und sehr wol zu sehen sind. Sie werden auch auf einem Reibestein gantz zarte abgerieben, und alsdann Mater perlarum præparata, präparirte Perlenmutter, genannt. Die Weibspersonen brauchen diß zu einer Schmincke.

Es dienet dieses Pulver zu Stillung des Durchlauffs und des Blutens, die gar zu scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe zu verbessern. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf zwey gantze eingegeben. Es ist ein alkali.

Marmor.

Marmor, frantzösisch, Marbre, teutsch, Marmor, Marmorstein, Marbelstein, ist ein sehr [Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/370>, abgerufen am 22.11.2024.