Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Unbesiegbar und unendlich Ist der Liebe banges Sehnen, Und es nagen in die Herzen Tiefer ihre Spur die Thränen. Aber führt der Weg den Wandrer An den Ort, den ich besinge, Kann er nicht dem Schauder wehren, Daß er ihm das Herz durchdringe. Am Gestade der Durance Sieht er eines Städtchens Mauern, Grauberäuchert, hin und wieder Seine stillen Häuser trauern. Grausenhafte Felsenschlünde Sieht der Wandrer dicht daneben, Selten auf granitnem Blocke Einen Strauch im Winde beben. In dem nächtlichen Reviere
Scheint der Tod sich zu ergehen, Und den Leben nachzusinnen, Die sein Odem wird verwehen. Unbeſiegbar und unendlich Iſt der Liebe banges Sehnen, Und es nagen in die Herzen Tiefer ihre Spur die Thraͤnen. Aber fuͤhrt der Weg den Wandrer An den Ort, den ich beſinge, Kann er nicht dem Schauder wehren, Daß er ihm das Herz durchdringe. Am Geſtade der Durance Sieht er eines Staͤdtchens Mauern, Grauberaͤuchert, hin und wieder Seine ſtillen Haͤuſer trauern. Grauſenhafte Felſenſchluͤnde Sieht der Wandrer dicht daneben, Selten auf granitnem Blocke Einen Strauch im Winde beben. In dem naͤchtlichen Reviere
Scheint der Tod ſich zu ergehen, Und den Leben nachzuſinnen, Die ſein Odem wird verwehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0242" n="228"/> <lg n="4"> <l>Unbeſiegbar und unendlich</l><lb/> <l>Iſt der Liebe banges Sehnen,</l><lb/> <l>Und es nagen in die Herzen</l><lb/> <l>Tiefer ihre Spur die Thraͤnen.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Aber fuͤhrt der Weg den Wandrer</l><lb/> <l>An den Ort, den ich beſinge,</l><lb/> <l>Kann er nicht dem Schauder wehren,</l><lb/> <l>Daß er ihm das Herz durchdringe.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Am Geſtade der Durance</l><lb/> <l>Sieht er eines Staͤdtchens Mauern,</l><lb/> <l>Grauberaͤuchert, hin und wieder</l><lb/> <l>Seine ſtillen Haͤuſer trauern.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Grauſenhafte Felſenſchluͤnde</l><lb/> <l>Sieht der Wandrer dicht daneben,</l><lb/> <l>Selten auf granitnem Blocke</l><lb/> <l>Einen Strauch im Winde beben.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>In dem naͤchtlichen Reviere</l><lb/> <l>Scheint der Tod ſich zu ergehen,</l><lb/> <l>Und den Leben nachzuſinnen,</l><lb/> <l>Die ſein Odem wird verwehen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0242]
Unbeſiegbar und unendlich
Iſt der Liebe banges Sehnen,
Und es nagen in die Herzen
Tiefer ihre Spur die Thraͤnen.
Aber fuͤhrt der Weg den Wandrer
An den Ort, den ich beſinge,
Kann er nicht dem Schauder wehren,
Daß er ihm das Herz durchdringe.
Am Geſtade der Durance
Sieht er eines Staͤdtchens Mauern,
Grauberaͤuchert, hin und wieder
Seine ſtillen Haͤuſer trauern.
Grauſenhafte Felſenſchluͤnde
Sieht der Wandrer dicht daneben,
Selten auf granitnem Blocke
Einen Strauch im Winde beben.
In dem naͤchtlichen Reviere
Scheint der Tod ſich zu ergehen,
Und den Leben nachzuſinnen,
Die ſein Odem wird verwehen.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/242>, abgerufen am 16.02.2025. |