Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Von den Klippen, wie verzweifelnd, Stürzt der Wildbach in die Tiefe, Und er brauset in den Schluchten, Ob er bang nach Hülfe riefe. Furchtsam ruht am Fuß des Berges Städtchen Cisteron geschmieget, Wie zu des Gebieters Füßen Weinend eine Sklavin lieget. Auf dem Berge ragt Gemäuer, Und in längstverblichnem Glanze Herrschten hier von ihrem Schlosse Einst die Grafen der Provence. Wie so traurig da dem Wandrer Die verfallnen Thürme winken: Alles Edle hier auf Erden, Alles muß am Ende sinken! An den Thürmen, steil und plötzlich,
Hebt sich eine Felsenmasse, Eine Herberg für die Wolken, Auszuruh'n auf ihrer Straße. Von den Klippen, wie verzweifelnd, Stuͤrzt der Wildbach in die Tiefe, Und er brauſet in den Schluchten, Ob er bang nach Huͤlfe riefe. Furchtſam ruht am Fuß des Berges Staͤdtchen Ciſteron geſchmieget, Wie zu des Gebieters Fuͤßen Weinend eine Sklavin lieget. Auf dem Berge ragt Gemaͤuer, Und in laͤngſtverblichnem Glanze Herrſchten hier von ihrem Schloſſe Einſt die Grafen der Provence. Wie ſo traurig da dem Wandrer Die verfallnen Thuͤrme winken: Alles Edle hier auf Erden, Alles muß am Ende ſinken! An den Thuͤrmen, ſteil und ploͤtzlich,
Hebt ſich eine Felſenmaſſe, Eine Herberg fuͤr die Wolken, Auszuruh'n auf ihrer Straße. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0243" n="229"/> <lg n="9"> <l>Von den Klippen, wie verzweifelnd,</l><lb/> <l>Stuͤrzt der Wildbach in die Tiefe,</l><lb/> <l>Und er brauſet in den Schluchten,</l><lb/> <l>Ob er bang nach Huͤlfe riefe.</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Furchtſam ruht am Fuß des Berges</l><lb/> <l>Staͤdtchen Ciſteron geſchmieget,</l><lb/> <l>Wie zu des Gebieters Fuͤßen</l><lb/> <l>Weinend eine Sklavin lieget.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Auf dem Berge ragt Gemaͤuer,</l><lb/> <l>Und in laͤngſtverblichnem Glanze</l><lb/> <l>Herrſchten hier von ihrem Schloſſe</l><lb/> <l>Einſt die Grafen der Provence.</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Wie ſo traurig da dem Wandrer</l><lb/> <l>Die verfallnen Thuͤrme winken:</l><lb/> <l>Alles Edle hier auf Erden,</l><lb/> <l>Alles muß am Ende ſinken!</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>An den Thuͤrmen, ſteil und ploͤtzlich,</l><lb/> <l>Hebt ſich eine Felſenmaſſe,</l><lb/> <l>Eine Herberg fuͤr die Wolken,</l><lb/> <l>Auszuruh'n auf ihrer Straße.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0243]
Von den Klippen, wie verzweifelnd,
Stuͤrzt der Wildbach in die Tiefe,
Und er brauſet in den Schluchten,
Ob er bang nach Huͤlfe riefe.
Furchtſam ruht am Fuß des Berges
Staͤdtchen Ciſteron geſchmieget,
Wie zu des Gebieters Fuͤßen
Weinend eine Sklavin lieget.
Auf dem Berge ragt Gemaͤuer,
Und in laͤngſtverblichnem Glanze
Herrſchten hier von ihrem Schloſſe
Einſt die Grafen der Provence.
Wie ſo traurig da dem Wandrer
Die verfallnen Thuͤrme winken:
Alles Edle hier auf Erden,
Alles muß am Ende ſinken!
An den Thuͤrmen, ſteil und ploͤtzlich,
Hebt ſich eine Felſenmaſſe,
Eine Herberg fuͤr die Wolken,
Auszuruh'n auf ihrer Straße.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/243>, abgerufen am 16.02.2025. |