Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.Man braucht nicht lange zu beweisen, bey
Man braucht nicht lange zu beweiſen, bey
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Man braucht nicht lange zu beweiſen,
daß die franzoͤſiſchen Schauſpiele den Re-
geln des Ariſtoteles entſprechen, ſie haben
ſie bis zu einem Punkt hinausgetrieben, der
jedem Mann von geſunder Empfindung Her-
zensangſt verurſacht. Es giebt nirgend in
der Welt ſo gruͤbelnde Beobachter der drey
Einheiten: der willkuͤhrliche Knoten der
Handlung iſt von den franzoͤſiſchen Garn-
webern zu einer ſolchen Vollkommenheit be-
arbeitet worden, daß man ihren Witz in
der That bewundern muß, als welcher die
ſimpelſten und natuͤrlichſten Begebenheiten
auf ſo ſeltſame Arten zu verwirren weiß,
daß noch nie eine gute Komoͤdie auſſer Lan-
des iſt geſchrieben worden, die nicht von
funfzigen ihrer beſten Koͤpfe immer wieder
in veraͤnderter Geſtalt waͤre vorgezeigt wor-
den. Sie ſetzen, wie Ariſtoteles, den gan-
zen Unterſcheid des Schauſpiels darinn, daß
es vier und zwanzig Stunden waͤhrt und
ſuavi ſermone, ſiehe ſeine Definition. Das
Erzaͤhlen im Trauerſpiel und in der Epopee
iſt ihnen gleichguͤltig und ſie machen mit
dem Ariſtoteles die Charaktere nicht nur zur
Nebenſache, ſondern wollen ſie auch, wie
Madame Dacier gar ſchoͤn auseinanderge-
ſetzt hat, gar nicht einmal im Trauerſpiele
leiden. Ein Ungluͤck, daß die gute Frau
bey
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