Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776.Siebente Scene in Philippeville. Desportes allein, ausgezogen, in einem grünen Zimmer, einen Brief schreibend, ein brennend Licht vor ihm. (brummt indem er schreibt.) Jch muß ihr doch (liest den Brief.) "Jhr bester Vater istböse auf mich, daß ich ihn so lange aufs Geld warten lasse, ich bitte Sie, besänf- tigen Sie ihn, bis ich eine bequeme Ge- legenheit finde, meinem Vater alles zu entdecken, und ihn zu der Einwilligung zu bewegen, Sie, meine Geliebte, auf ewig zu besitzen. Denken Sie, ich bin in der größten Angst, daß er nicht schon einige von Jhren Briefen aufgefangen hat, denn ich sehe aus Jhrem letzten, daß Sie viele an mich müssen geschrieben haben, die ich nicht erhalten habe. Und das könnte uns alles verderben. Darf ich bitten, so schreiben
Siebente Scene in Philippeville. Desportes allein, ausgezogen, in einem gruͤnen Zimmer, einen Brief ſchreibend, ein brennend Licht vor ihm. (brummt indem er ſchreibt.) Jch muß ihr doch (lieſt den Brief.) „Jhr beſter Vater iſtboͤſe auf mich, daß ich ihn ſo lange aufs Geld warten laſſe, ich bitte Sie, beſaͤnf- tigen Sie ihn, bis ich eine bequeme Ge- legenheit finde, meinem Vater alles zu entdecken, und ihn zu der Einwilligung zu bewegen, Sie, meine Geliebte, auf ewig zu beſitzen. Denken Sie, ich bin in der groͤßten Angſt, daß er nicht ſchon einige von Jhren Briefen aufgefangen hat, denn ich ſehe aus Jhrem letzten, daß Sie viele an mich muͤſſen geſchrieben haben, die ich nicht erhalten habe. Und das koͤnnte uns alles verderben. Darf ich bitten, ſo ſchreiben
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Siebente Scene
in Philippeville.
Desportes allein, ausgezogen, in einem
gruͤnen Zimmer, einen Brief ſchreibend,
ein brennend Licht vor ihm.
(brummt indem er ſchreibt.) Jch muß ihr doch
das Maul ein wenig ſchmieren, ſonſt nimmt
das Briefſchreiben kein Ende, und mein
Vater faͤngt noch wohl gar einmal einen
auf. (lieſt den Brief.) „Jhr beſter Vater iſt
boͤſe auf mich, daß ich ihn ſo lange aufs
Geld warten laſſe, ich bitte Sie, beſaͤnf-
tigen Sie ihn, bis ich eine bequeme Ge-
legenheit finde, meinem Vater alles zu
entdecken, und ihn zu der Einwilligung zu
bewegen, Sie, meine Geliebte, auf ewig
zu beſitzen. Denken Sie, ich bin in der
groͤßten Angſt, daß er nicht ſchon einige
von Jhren Briefen aufgefangen hat, denn
ich ſehe aus Jhrem letzten, daß Sie viele
an mich muͤſſen geſchrieben haben, die ich
nicht erhalten habe. Und das koͤnnte uns
alles verderben. Darf ich bitten, ſo
ſchreiben
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