Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

b. Declination der Pronomina.
von dieser, die längeren zum Theil die alten unverkürzten, zum
Theil lettische Neubildungen
. Die einzelnen Casus geben die Bestä-
tigung: es sind zurückzuführen

gen. sing. laba auf laba-ja = lit. labo-jo; die Verkürzung des a nach dem
Auslautsgesetz; die längere Form laba-ja kann die alte sein und ist es wahr-
scheinlich;
acc. sing. msc. fem. labu ist = * labu-ju = lit. laban-ji, -je;

die nominale Form lautet lettisch labu, die nasale Silbe ist in der zusammenge-
setzten Declination zu u geworden, weil sie im Inlaut steht, daher litauisch die
Länge; der acc. sing. fem. muss damit zusammenfallen wie sonst. Von der ein-
stigen Existenz des * labu-ju giebt das bei Bielenstein II, 57 (Note) angeführte
raschnuju zu raschans (schön) (einem Volksliede aus Kabillen entnommen) den
Beleg, also auch eine unmittelbare Bestätigung unserer Ansicht aus dem Letti-
schen selbst. Daraus ist die gebräuchliche Form durch Wegwerfung des -ju ent-
standen, und ich kann hier gleich die allgemeine Regel hersetzen: das ange-
fügte Pronomen ist jedesmal abgeworfen, also nur noch an der
Quantität (Länge oder Diphthong) der jetzt auslautenden, einst
inlautenden Silbe wahrnehmbar
. Dabei bleibt es möglich, dass, wo j
zwischen gleichen Vocalen stand, der Vorgang so zu denken ist, dass j ausfiel
und Contraction eintrat;

nom. plur. msc. labi = * labi-ji = lit. labe-je, labe-ji; nicht zusammengesetzt
lett. labi, lit. labi; i erhalten aus dem gleichen Grunde wie oben u;
gen. plur. msc. fem. labu = * labu-ju = lit. labu-ju;
acc. plur. msc. labus = * labus-jus, lit. labus-ius;
nom. sing. fem. laba = labaja, so die längere Form, die also hier die alte sein
kann und wohl sicher ist;
nom. plur. fem. labas = * labas-jas = lit. labos-ios; nicht zusammengesetzt
labas;
acc. plur. fem. labas = * labas-jas = lit. labases, d. i. labasias; nicht zu-
sammengesetzt lett. labas.

Es ist klar, dass auch die scheinbar nominalen oder mit den Casus des
Nomens zusammenfallenden Formen zum Theil hierher gehören:

loc. plur. msc. labus = * labus-jus = lit. labus-ius(e), vgl. die Bemerkung
bei Schleicher, Gr. p. 208, dass dafür um Ragnit die einfache Form labus
gebraucht wird;
loc. plur. fem. labas = * labas-jas = lit. labos-ios(e), um Ragnit labos;
loc. sing. fem. msc. laba, längere Form labaja, beruhen im msc. auf der no-
minalen lettischen Locativform (greka u. s. w.), die femininale Form ist aber
die alte = lit. labojoje durch Dissimilation aus * laboje-joje, übrigens auch
im Litauischen ausser im Volksliede ungebräuchlich und durch die noch
stärker verkürzte Form laboje, die mit der nominalen zusammenfällt, ersetzt
(s. Schleicher p. 208).

Die beiden Dativformen, msc. sing. labam, plur. labim sind die einfach pro-
nominalen Formen, lit. labam(ui), labem(u)s; in dem sing. der längeren Form

b. Declination der Pronomina.
von dieser, die längeren zum Theil die alten unverkürzten, zum
Theil lettische Neubildungen
. Die einzelnen Casus geben die Bestä-
tigung: es sind zurückzuführen

gen. sing. labá auf labá-ja = lit. labo-jo; die Verkürzung des a nach dem
Auslautsgesetz; die längere Form labá-ja kann die alte sein und ist es wahr-
scheinlich;
acc. sing. msc. fem. labů ist = * labů-ju = lit. labą̄-ji̧, -ję;

die nominale Form lautet lettisch labu, die nasale Silbe ist in der zusammenge-
setzten Declination zu ů geworden, weil sie im Inlaut steht, daher litauisch die
Länge; der acc. sing. fem. muss damit zusammenfallen wie sonst. Von der ein-
stigen Existenz des * labů-ju giebt das bei Bielenstein II, 57 (Note) angeführte
raſchnůju zu raſchans (schön) (einem Volksliede aus Kabillen entnommen) den
Beleg, also auch eine unmittelbare Bestätigung unserer Ansicht aus dem Letti-
schen selbst. Daraus ist die gebräuchliche Form durch Wegwerfung des -ju ent-
standen, und ich kann hier gleich die allgemeine Regel hersetzen: das ange-
fügte Pronomen ist jedesmal abgeworfen, also nur noch an der
Quantität (Länge oder Diphthong) der jetzt auslautenden, einst
inlautenden Silbe wahrnehmbar
. Dabei bleibt es möglich, dass, wo j
zwischen gleichen Vocalen stand, der Vorgang so zu denken ist, dass j ausfiel
und Contraction eintrat;

nom. plur. msc. labi̊ = * labi̊-ji = lit. labë-jë, labë-ji; nicht zusammengesetzt
lett. labi, lit. labì; i̊ erhalten aus dem gleichen Grunde wie oben ů;
gen. plur. msc. fem. labů = * labů-ju = lit. labū-ju;
acc. plur. msc. labůs = * labůs-jus, lit. labůs-ius;
nom. sing. fem. labá = labája, so die längere Form, die also hier die alte sein
kann und wohl sicher ist;
nom. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labós-ios; nicht zusammengesetzt
labăs;
acc. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labāses, d. i. labāsias; nicht zu-
sammengesetzt lett. labas.

Es ist klar, dass auch die scheinbar nominalen oder mit den Casus des
Nomens zusammenfallenden Formen zum Theil hierher gehören:

loc. plur. msc. labůs = * labůs-jůs = lit. labůs-iůs(e), vgl. die Bemerkung
bei Schleicher, Gr. p. 208, dass dafür um Ragnit die einfache Form labůs
gebraucht wird;
loc. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labos-ios(e), um Ragnit labos;
loc. sing. fem. msc. labá, längere Form labájá, beruhen im msc. auf der no-
minalen lettischen Locativform (gréká u. s. w.), die femininale Form ist aber
die alte = lit. labojoje durch Dissimilation aus * laboje-joje, übrigens auch
im Litauischen ausser im Volksliede ungebräuchlich und durch die noch
stärker verkürzte Form laboje, die mit der nominalen zusammenfällt, ersetzt
(s. Schleicher p. 208).

Die beiden Dativformen, msc. sing. labam, plur. labi̊m sind die einfach pro-
nominalen Formen, lit. labám(ui), labëm(u)s; in dem sing. der längeren Form

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0172" n="136"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">b. Declination der Pronomina</hi>.</fw><lb/>
von dieser, <hi rendition="#g">die längeren zum Theil die alten unverkürzten, zum<lb/>
Theil lettische Neubildungen</hi>. Die einzelnen Casus geben die Bestä-<lb/>
tigung: es sind zurückzuführen</p><lb/>
                <list>
                  <item>gen. sing. <hi rendition="#i">labá</hi> auf <hi rendition="#i">labá-ja</hi> = lit. <hi rendition="#i">labo-jo;</hi> die Verkürzung des <hi rendition="#i">a</hi> nach dem<lb/>
Auslautsgesetz; die längere Form <hi rendition="#i">labá-ja</hi> kann die alte sein und ist es wahr-<lb/>
scheinlich;</item><lb/>
                  <item>acc. sing. msc. fem. <hi rendition="#i">lab&#x016F;</hi> ist = * <hi rendition="#i">lab&#x016F;-ju</hi> = lit. <hi rendition="#i">lab&#x0105;&#x0304;-ji&#x0327;, -j&#x0119;;</hi></item>
                </list><lb/>
                <p>die nominale Form lautet lettisch <hi rendition="#i">labu</hi>, die nasale Silbe ist in der zusammenge-<lb/>
setzten Declination zu <hi rendition="#i">&#x016F;</hi> geworden, weil sie im Inlaut steht, daher litauisch die<lb/>
Länge; der acc. sing. fem. muss damit zusammenfallen wie sonst. Von der ein-<lb/>
stigen Existenz des * <hi rendition="#i">lab&#x016F;-ju</hi> giebt das bei Bielenstein II, 57 (Note) angeführte<lb/><hi rendition="#i">ra&#x017F;chn&#x016F;ju</hi> zu <hi rendition="#i">ra&#x017F;chans</hi> (schön) (einem Volksliede aus Kabillen entnommen) den<lb/>
Beleg, also auch eine unmittelbare Bestätigung unserer Ansicht aus dem Letti-<lb/>
schen selbst. Daraus ist die gebräuchliche Form durch Wegwerfung des <hi rendition="#i">-ju</hi> ent-<lb/>
standen, und ich kann hier gleich die allgemeine Regel hersetzen: <hi rendition="#g">das ange-<lb/>
fügte Pronomen ist jedesmal abgeworfen, also nur noch an der<lb/>
Quantität (Länge oder Diphthong) der jetzt auslautenden, einst<lb/>
inlautenden Silbe wahrnehmbar</hi>. Dabei bleibt es möglich, dass, wo <hi rendition="#i">j</hi><lb/>
zwischen gleichen Vocalen stand, der Vorgang so zu denken ist, dass <hi rendition="#i">j</hi> ausfiel<lb/>
und Contraction eintrat;</p><lb/>
                <list>
                  <item>nom. plur. msc. <hi rendition="#i">labi&#x030A; = * labi&#x030A;-ji</hi> = lit. <hi rendition="#i">labë-jë, labë-ji;</hi> nicht zusammengesetzt<lb/>
lett. <hi rendition="#i">labi</hi>, lit. <hi rendition="#i">labì; i&#x030A;</hi> erhalten aus dem gleichen Grunde wie oben <hi rendition="#i">&#x016F;;</hi></item><lb/>
                  <item>gen. plur. msc. fem. <hi rendition="#i">lab&#x016F; = * lab&#x016F;-ju</hi> = lit. <hi rendition="#i">lab&#x016B;-ju;</hi></item><lb/>
                  <item>acc. plur. msc. <hi rendition="#i">lab&#x016F;s = * lab&#x016F;s-jus</hi>, lit. <hi rendition="#i">lab&#x016F;s-ius;</hi></item><lb/>
                  <item>nom. sing. fem. <hi rendition="#i">labá = labája</hi>, so die längere Form, die also hier die alte sein<lb/>
kann und wohl sicher ist;</item><lb/>
                  <item>nom. plur. fem. <hi rendition="#i">labás = * labás-jas</hi> = lit. <hi rendition="#i">labós-ios;</hi> nicht zusammengesetzt<lb/><hi rendition="#i">lab&#x0103;s;</hi></item><lb/>
                  <item>acc. plur. fem. <hi rendition="#i">labás = * labás-jas</hi> = lit. <hi rendition="#i">lab&#x0101;ses</hi>, d. i. <hi rendition="#i">lab&#x0101;sias;</hi> nicht zu-<lb/>
sammengesetzt lett. <hi rendition="#i">labas.</hi></item>
                </list><lb/>
                <p>Es ist klar, dass auch die scheinbar nominalen oder mit den Casus des<lb/>
Nomens zusammenfallenden Formen zum Theil hierher gehören:</p><lb/>
                <list>
                  <item>loc. plur. msc. <hi rendition="#i">lab&#x016F;s = * lab&#x016F;s-j&#x016F;s</hi> = lit. <hi rendition="#i">lab&#x016F;s-i&#x016F;s</hi>(<hi rendition="#i">e</hi>), vgl. die Bemerkung<lb/>
bei Schleicher, Gr. p. 208, dass dafür um Ragnit die einfache Form <hi rendition="#i">lab&#x016F;s</hi><lb/>
gebraucht wird;</item><lb/>
                  <item>loc. plur. fem. <hi rendition="#i">labás = * labás-jas</hi> = lit. <hi rendition="#i">labos-ios</hi>(<hi rendition="#i">e</hi>), um Ragnit <hi rendition="#i">labos;</hi></item><lb/>
                  <item>loc. sing. fem. msc. <hi rendition="#i">labá</hi>, längere Form <hi rendition="#i">labájá</hi>, beruhen im msc. auf der no-<lb/>
minalen lettischen Locativform (<hi rendition="#i">gréká</hi> u. s. w.), die femininale Form ist aber<lb/>
die alte = lit. <hi rendition="#i">labojoje</hi> durch Dissimilation aus * <hi rendition="#i">laboje-joje</hi>, übrigens auch<lb/>
im Litauischen ausser im Volksliede ungebräuchlich und durch die noch<lb/>
stärker verkürzte Form <hi rendition="#i">laboje</hi>, die mit der nominalen zusammenfällt, ersetzt<lb/>
(s. Schleicher p. 208).</item>
                </list><lb/>
                <p>Die beiden Dativformen, msc. sing. <hi rendition="#i">labam</hi>, plur. <hi rendition="#i">labi&#x030A;m</hi> sind die einfach pro-<lb/>
nominalen Formen, lit. <hi rendition="#i">labám</hi>(<hi rendition="#i">ui</hi>), <hi rendition="#i">labëm</hi>(<hi rendition="#i">u</hi>)<hi rendition="#i">s;</hi> in dem sing. der längeren Form<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0172] b. Declination der Pronomina. von dieser, die längeren zum Theil die alten unverkürzten, zum Theil lettische Neubildungen. Die einzelnen Casus geben die Bestä- tigung: es sind zurückzuführen gen. sing. labá auf labá-ja = lit. labo-jo; die Verkürzung des a nach dem Auslautsgesetz; die längere Form labá-ja kann die alte sein und ist es wahr- scheinlich; acc. sing. msc. fem. labů ist = * labů-ju = lit. labą̄-ji̧, -ję; die nominale Form lautet lettisch labu, die nasale Silbe ist in der zusammenge- setzten Declination zu ů geworden, weil sie im Inlaut steht, daher litauisch die Länge; der acc. sing. fem. muss damit zusammenfallen wie sonst. Von der ein- stigen Existenz des * labů-ju giebt das bei Bielenstein II, 57 (Note) angeführte raſchnůju zu raſchans (schön) (einem Volksliede aus Kabillen entnommen) den Beleg, also auch eine unmittelbare Bestätigung unserer Ansicht aus dem Letti- schen selbst. Daraus ist die gebräuchliche Form durch Wegwerfung des -ju ent- standen, und ich kann hier gleich die allgemeine Regel hersetzen: das ange- fügte Pronomen ist jedesmal abgeworfen, also nur noch an der Quantität (Länge oder Diphthong) der jetzt auslautenden, einst inlautenden Silbe wahrnehmbar. Dabei bleibt es möglich, dass, wo j zwischen gleichen Vocalen stand, der Vorgang so zu denken ist, dass j ausfiel und Contraction eintrat; nom. plur. msc. labi̊ = * labi̊-ji = lit. labë-jë, labë-ji; nicht zusammengesetzt lett. labi, lit. labì; i̊ erhalten aus dem gleichen Grunde wie oben ů; gen. plur. msc. fem. labů = * labů-ju = lit. labū-ju; acc. plur. msc. labůs = * labůs-jus, lit. labůs-ius; nom. sing. fem. labá = labája, so die längere Form, die also hier die alte sein kann und wohl sicher ist; nom. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labós-ios; nicht zusammengesetzt labăs; acc. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labāses, d. i. labāsias; nicht zu- sammengesetzt lett. labas. Es ist klar, dass auch die scheinbar nominalen oder mit den Casus des Nomens zusammenfallenden Formen zum Theil hierher gehören: loc. plur. msc. labůs = * labůs-jůs = lit. labůs-iůs(e), vgl. die Bemerkung bei Schleicher, Gr. p. 208, dass dafür um Ragnit die einfache Form labůs gebraucht wird; loc. plur. fem. labás = * labás-jas = lit. labos-ios(e), um Ragnit labos; loc. sing. fem. msc. labá, längere Form labájá, beruhen im msc. auf der no- minalen lettischen Locativform (gréká u. s. w.), die femininale Form ist aber die alte = lit. labojoje durch Dissimilation aus * laboje-joje, übrigens auch im Litauischen ausser im Volksliede ungebräuchlich und durch die noch stärker verkürzte Form laboje, die mit der nominalen zusammenfällt, ersetzt (s. Schleicher p. 208). Die beiden Dativformen, msc. sing. labam, plur. labi̊m sind die einfach pro- nominalen Formen, lit. labám(ui), labëm(u)s; in dem sing. der längeren Form

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876/172
Zitationshilfe: Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leskien_declination_1876/172>, abgerufen am 21.11.2024.