schreiblich, wie schwer dergleichen Stellen dem Schauspieler das Agiren machen; und doch wer- den wenig französische Stücke seyn, die auf irgend einem deutschen Theater jemals besser aus- gefallen wären, als dieses auf unserm. Die Rollen sind alle auf das schicklichste besetzt, und besonders spielet Madame Löwen die launigte Celiante als eine Meisterinn, und Herr Acker- mann den Geront unverbesserlich. Ich kann es überhoben seyn, von dem Stücke selbst zu reden. Es ist zu bekannt, und gehört unstreitig unter die Meisterstücke der französischen Bühne, die man auch unter uns immer mit Vergnügen sehen wird.
Das Stück des achten Abends (Freytags, den 1sten May,) war das Kaffeehaus, oder die Schottländerinn, des Hrn. von Voltaire.
Es liesse sich eine lange Geschichte von diesem Lustspiele machen. Sein Verfasser schickte es als eine Uebersetzung aus dem Englischen des Hume, nicht des Geschichtschreibers und Philo- sophen, sondern eines andern dieses Namens, der sich durch das Trauerspiel, Douglas, be- kannt gemacht hat, in die Welt. Es hat in einigen Charakteren mit der Kaffeeschenke des Goldoni etwas Aehnliches; besonders scheint der Don Marzio des Goldoni, das Urbild des Frelon gewesen zu seyn. Was aber dort blos ein bösartiger Kerl ist, ist hier zugleich ein elen- der Scribent, den er Frelon nannte, damit die
Aus-
ſchreiblich, wie ſchwer dergleichen Stellen dem Schauſpieler das Agiren machen; und doch wer- den wenig franzoͤſiſche Stuͤcke ſeyn, die auf irgend einem deutſchen Theater jemals beſſer aus- gefallen waͤren, als dieſes auf unſerm. Die Rollen ſind alle auf das ſchicklichſte beſetzt, und beſonders ſpielet Madame Loͤwen die launigte Celiante als eine Meiſterinn, und Herr Acker- mann den Geront unverbeſſerlich. Ich kann es uͤberhoben ſeyn, von dem Stuͤcke ſelbſt zu reden. Es iſt zu bekannt, und gehoͤrt unſtreitig unter die Meiſterſtuͤcke der franzoͤſiſchen Buͤhne, die man auch unter uns immer mit Vergnuͤgen ſehen wird.
Das Stuͤck des achten Abends (Freytags, den 1ſten May,) war das Kaffeehaus, oder die Schottlaͤnderinn, des Hrn. von Voltaire.
Es lieſſe ſich eine lange Geſchichte von dieſem Luſtſpiele machen. Sein Verfaſſer ſchickte es als eine Ueberſetzung aus dem Engliſchen des Hume, nicht des Geſchichtſchreibers und Philo- ſophen, ſondern eines andern dieſes Namens, der ſich durch das Trauerſpiel, Douglas, be- kannt gemacht hat, in die Welt. Es hat in einigen Charakteren mit der Kaffeeſchenke des Goldoni etwas Aehnliches; beſonders ſcheint der Don Marzio des Goldoni, das Urbild des Frelon geweſen zu ſeyn. Was aber dort blos ein boͤsartiger Kerl iſt, iſt hier zugleich ein elen- der Scribent, den er Frelon nannte, damit die
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ſchreiblich, wie ſchwer dergleichen Stellen dem
Schauſpieler das Agiren machen; und doch wer-
den wenig franzoͤſiſche Stuͤcke ſeyn, die auf
irgend einem deutſchen Theater jemals beſſer aus-
gefallen waͤren, als dieſes auf unſerm. Die
Rollen ſind alle auf das ſchicklichſte beſetzt, und
beſonders ſpielet Madame Loͤwen die launigte
Celiante als eine Meiſterinn, und Herr Acker-
mann den Geront unverbeſſerlich. Ich kann es
uͤberhoben ſeyn, von dem Stuͤcke ſelbſt zu reden.
Es iſt zu bekannt, und gehoͤrt unſtreitig unter die
Meiſterſtuͤcke der franzoͤſiſchen Buͤhne, die man
auch unter uns immer mit Vergnuͤgen ſehen wird.
Das Stuͤck des achten Abends (Freytags,
den 1ſten May,) war das Kaffeehaus, oder die
Schottlaͤnderinn, des Hrn. von Voltaire.
Es lieſſe ſich eine lange Geſchichte von dieſem
Luſtſpiele machen. Sein Verfaſſer ſchickte es
als eine Ueberſetzung aus dem Engliſchen des
Hume, nicht des Geſchichtſchreibers und Philo-
ſophen, ſondern eines andern dieſes Namens,
der ſich durch das Trauerſpiel, Douglas, be-
kannt gemacht hat, in die Welt. Es hat in
einigen Charakteren mit der Kaffeeſchenke des
Goldoni etwas Aehnliches; beſonders ſcheint
der Don Marzio des Goldoni, das Urbild des
Frelon geweſen zu ſeyn. Was aber dort blos
ein boͤsartiger Kerl iſt, iſt hier zugleich ein elen-
der Scribent, den er Frelon nannte, damit die
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/106>, abgerufen am 21.11.2024.
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