selbst nicht eben die erbaulichste ist. Denn es ist ohnstreitig dem weisesten Wesen weit anständi- ger, wenn es dieser ausserordentlichen Wege nicht bedarf, und wir uns die Bestrafung des Guten und Bösen in die ordentliche Kette der Dinge von ihr mit eingeflochten denken.
Doch ich will mich bey dem Stücke nicht län- ger verweilen, um noch ein Wort von der Art zu sagen, wie es hier aufgeführet worden. Man hat alle Ursache, damit zufrieden zu seyn. Die Bühne ist geräumlich genug, die Menge von Personen ohne Verwirrung zu fassen, die der Dichter in verschiedenen Scenen auftreten läßt. Die Verzierungen sind neu, von dem besten Ge- schmacke, und sammeln den so oft abwechselnden Ort so gut als möglich in einen.
Den siebenden Abend (Donnerstags, den 30sten April,) ward der verheyrathete Philo- soph, vom Destouches, gespielet.
Dieses Lustspiel kam im Jahr 1727 zuerst auf die französische Bühne, und fand so allgemeinen Beyfall, daß es in Jahr und Tag sechs und dreyßigmal aufgeführet ward. Die deutsche Uebersetzung ist nicht die prosaische aus den zu Berlin übersetzten sämtlichen Werken des Des- touches; sondern eine in Versen, an der mehrere Hände geflickt und gebessert haben. Sie hat wirklich viel glückliche Verse, aber auch viel harte und unnatürliche Stellen. Es ist unbe-
schreib-
M 2
ſelbſt nicht eben die erbaulichſte iſt. Denn es iſt ohnſtreitig dem weiſeſten Weſen weit anſtaͤndi- ger, wenn es dieſer auſſerordentlichen Wege nicht bedarf, und wir uns die Beſtrafung des Guten und Boͤſen in die ordentliche Kette der Dinge von ihr mit eingeflochten denken.
Doch ich will mich bey dem Stuͤcke nicht laͤn- ger verweilen, um noch ein Wort von der Art zu ſagen, wie es hier aufgefuͤhret worden. Man hat alle Urſache, damit zufrieden zu ſeyn. Die Buͤhne iſt geraͤumlich genug, die Menge von Perſonen ohne Verwirrung zu faſſen, die der Dichter in verſchiedenen Scenen auftreten laͤßt. Die Verzierungen ſind neu, von dem beſten Ge- ſchmacke, und ſammeln den ſo oft abwechſelnden Ort ſo gut als moͤglich in einen.
Den ſiebenden Abend (Donnerſtags, den 30ſten April,) ward der verheyrathete Philo- ſoph, vom Destouches, geſpielet.
Dieſes Luſtſpiel kam im Jahr 1727 zuerſt auf die franzoͤſiſche Buͤhne, und fand ſo allgemeinen Beyfall, daß es in Jahr und Tag ſechs und dreyßigmal aufgefuͤhret ward. Die deutſche Ueberſetzung iſt nicht die proſaiſche aus den zu Berlin uͤberſetzten ſaͤmtlichen Werken des Des- touches; ſondern eine in Verſen, an der mehrere Haͤnde geflickt und gebeſſert haben. Sie hat wirklich viel gluͤckliche Verſe, aber auch viel harte und unnatuͤrliche Stellen. Es iſt unbe-
ſchreib-
M 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0105"n="91"/>ſelbſt nicht eben die erbaulichſte iſt. Denn es iſt<lb/>
ohnſtreitig dem weiſeſten Weſen weit anſtaͤndi-<lb/>
ger, wenn es dieſer auſſerordentlichen Wege<lb/>
nicht bedarf, und wir uns die Beſtrafung des<lb/>
Guten und Boͤſen in die ordentliche Kette der<lb/>
Dinge von ihr mit eingeflochten denken.</p><lb/><p>Doch ich will mich bey dem Stuͤcke nicht laͤn-<lb/>
ger verweilen, um noch ein Wort von der Art<lb/>
zu ſagen, wie es hier aufgefuͤhret worden. Man<lb/>
hat alle Urſache, damit zufrieden zu ſeyn. Die<lb/>
Buͤhne iſt geraͤumlich genug, die Menge von<lb/>
Perſonen ohne Verwirrung zu faſſen, die der<lb/>
Dichter in verſchiedenen Scenen auftreten laͤßt.<lb/>
Die Verzierungen ſind neu, von dem beſten Ge-<lb/>ſchmacke, und ſammeln den ſo oft abwechſelnden<lb/>
Ort ſo gut als moͤglich in einen.</p><lb/><p>Den ſiebenden Abend (Donnerſtags, den<lb/>
30ſten April,) ward der verheyrathete Philo-<lb/>ſoph, vom Destouches, geſpielet.</p><lb/><p>Dieſes Luſtſpiel kam im Jahr 1727 zuerſt auf<lb/>
die franzoͤſiſche Buͤhne, und fand ſo allgemeinen<lb/>
Beyfall, daß es in Jahr und Tag ſechs und<lb/>
dreyßigmal aufgefuͤhret ward. Die deutſche<lb/>
Ueberſetzung iſt nicht die proſaiſche aus den zu<lb/>
Berlin uͤberſetzten ſaͤmtlichen Werken des Des-<lb/>
touches; ſondern eine in Verſen, an der mehrere<lb/>
Haͤnde geflickt und gebeſſert haben. Sie hat<lb/>
wirklich viel gluͤckliche Verſe, aber auch viel<lb/>
harte und unnatuͤrliche Stellen. Es iſt unbe-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſchreib-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[91/0105]
ſelbſt nicht eben die erbaulichſte iſt. Denn es iſt
ohnſtreitig dem weiſeſten Weſen weit anſtaͤndi-
ger, wenn es dieſer auſſerordentlichen Wege
nicht bedarf, und wir uns die Beſtrafung des
Guten und Boͤſen in die ordentliche Kette der
Dinge von ihr mit eingeflochten denken.
Doch ich will mich bey dem Stuͤcke nicht laͤn-
ger verweilen, um noch ein Wort von der Art
zu ſagen, wie es hier aufgefuͤhret worden. Man
hat alle Urſache, damit zufrieden zu ſeyn. Die
Buͤhne iſt geraͤumlich genug, die Menge von
Perſonen ohne Verwirrung zu faſſen, die der
Dichter in verſchiedenen Scenen auftreten laͤßt.
Die Verzierungen ſind neu, von dem beſten Ge-
ſchmacke, und ſammeln den ſo oft abwechſelnden
Ort ſo gut als moͤglich in einen.
Den ſiebenden Abend (Donnerſtags, den
30ſten April,) ward der verheyrathete Philo-
ſoph, vom Destouches, geſpielet.
Dieſes Luſtſpiel kam im Jahr 1727 zuerſt auf
die franzoͤſiſche Buͤhne, und fand ſo allgemeinen
Beyfall, daß es in Jahr und Tag ſechs und
dreyßigmal aufgefuͤhret ward. Die deutſche
Ueberſetzung iſt nicht die proſaiſche aus den zu
Berlin uͤberſetzten ſaͤmtlichen Werken des Des-
touches; ſondern eine in Verſen, an der mehrere
Haͤnde geflickt und gebeſſert haben. Sie hat
wirklich viel gluͤckliche Verſe, aber auch viel
harte und unnatuͤrliche Stellen. Es iſt unbe-
ſchreib-
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/105>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.