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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

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macht Madame Böck den Manley, oder die ver-
kleidete Amalia, mit vieler Anmuth und mit
aller der ungezwungenen Leichtigkeit, ohne die
wir es ein wenig sehr unwahrscheinlich finden
würden, ein junges Frauenzimmer so lange ver-
kannt zu sehen. Dergleichen Verkleidungen
überhaupt geben einem dramatischen Stücke
zwar ein romanenhaftes Ansehen, dafür kann es
aber auch nicht fehlen, daß sie nicht sehr komi-
sche, auch wohl sehr interessante Scenen veran-
lassen sollten. Von dieser Art ist die fünfte des
letzten Akts, in welcher ich meinem Freunde ei-
nige allzu kühn croquirte Pinselstriche zu lindern,
und mit dem Uebrigen in eine sanftere Haltung
zu vertreiben, wohl rathen möchte. Ich weiß
nicht, was in der Welt geschieht; ob man wirk-
lich mit dem Frauenzimmer manchmal in diesem
zudringlichen Tone spricht. Ich will nicht un-
tersuchen, wie weit es mit der weiblichen Be-
scheidenheit bestehen könne, gewisse Dinge, ob-
schon unter der Verkleidung, so zu brüsquiren.
Ich will die Vermuthung ungeäußert lassen,
daß es vielleicht gar nicht einmal die rechte Art
sey, eine Madame Freemann ins Enge zu trei-
ben; daß ein wahrer Manley die Sache wohl
hätte feiner anfangen können; daß man über
einen schnellen Strom nicht in gerader Linie
schwimmen zu wollen verlangen müsse; daß --
Wie gesagt, ich will diese Vermuthungen unge-

äußert

macht Madame Boͤck den Manley, oder die ver-
kleidete Amalia, mit vieler Anmuth und mit
aller der ungezwungenen Leichtigkeit, ohne die
wir es ein wenig ſehr unwahrſcheinlich finden
wuͤrden, ein junges Frauenzimmer ſo lange ver-
kannt zu ſehen. Dergleichen Verkleidungen
uͤberhaupt geben einem dramatiſchen Stuͤcke
zwar ein romanenhaftes Anſehen, dafuͤr kann es
aber auch nicht fehlen, daß ſie nicht ſehr komi-
ſche, auch wohl ſehr intereſſante Scenen veran-
laſſen ſollten. Von dieſer Art iſt die fuͤnfte des
letzten Akts, in welcher ich meinem Freunde ei-
nige allzu kuͤhn croquirte Pinſelſtriche zu lindern,
und mit dem Uebrigen in eine ſanftere Haltung
zu vertreiben, wohl rathen moͤchte. Ich weiß
nicht, was in der Welt geſchieht; ob man wirk-
lich mit dem Frauenzimmer manchmal in dieſem
zudringlichen Tone ſpricht. Ich will nicht un-
terſuchen, wie weit es mit der weiblichen Be-
ſcheidenheit beſtehen koͤnne, gewiſſe Dinge, ob-
ſchon unter der Verkleidung, ſo zu bruͤſquiren.
Ich will die Vermuthung ungeaͤußert laſſen,
daß es vielleicht gar nicht einmal die rechte Art
ſey, eine Madame Freemann ins Enge zu trei-
ben; daß ein wahrer Manley die Sache wohl
haͤtte feiner anfangen koͤnnen; daß man uͤber
einen ſchnellen Strom nicht in gerader Linie
ſchwimmen zu wollen verlangen muͤſſe; daß —
Wie geſagt, ich will dieſe Vermuthungen unge-

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[158/0172] macht Madame Boͤck den Manley, oder die ver- kleidete Amalia, mit vieler Anmuth und mit aller der ungezwungenen Leichtigkeit, ohne die wir es ein wenig ſehr unwahrſcheinlich finden wuͤrden, ein junges Frauenzimmer ſo lange ver- kannt zu ſehen. Dergleichen Verkleidungen uͤberhaupt geben einem dramatiſchen Stuͤcke zwar ein romanenhaftes Anſehen, dafuͤr kann es aber auch nicht fehlen, daß ſie nicht ſehr komi- ſche, auch wohl ſehr intereſſante Scenen veran- laſſen ſollten. Von dieſer Art iſt die fuͤnfte des letzten Akts, in welcher ich meinem Freunde ei- nige allzu kuͤhn croquirte Pinſelſtriche zu lindern, und mit dem Uebrigen in eine ſanftere Haltung zu vertreiben, wohl rathen moͤchte. Ich weiß nicht, was in der Welt geſchieht; ob man wirk- lich mit dem Frauenzimmer manchmal in dieſem zudringlichen Tone ſpricht. Ich will nicht un- terſuchen, wie weit es mit der weiblichen Be- ſcheidenheit beſtehen koͤnne, gewiſſe Dinge, ob- ſchon unter der Verkleidung, ſo zu bruͤſquiren. Ich will die Vermuthung ungeaͤußert laſſen, daß es vielleicht gar nicht einmal die rechte Art ſey, eine Madame Freemann ins Enge zu trei- ben; daß ein wahrer Manley die Sache wohl haͤtte feiner anfangen koͤnnen; daß man uͤber einen ſchnellen Strom nicht in gerader Linie ſchwimmen zu wollen verlangen muͤſſe; daß — Wie geſagt, ich will dieſe Vermuthungen unge- aͤußert

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/172>, abgerufen am 21.11.2024.