äußert lassen; denn es könnte leicht bey einem solchen Handel mehr als eine rechte Art geben. Nachdem nehmlich die Gegenstände sind; ob- schon alsdenn noch gar nicht ausgemacht ist, daß diejenige Frau, bey der die eine Art fehl geschla- gen, auch allen übrigen Arten Obstand halten werde. Ich will blos bekennen, daß ich für mein Theil nicht Herz genug gehabt hätte, eine dergleichen Scene zu bearbeiten. Ich würde mich von der einen Klippe, zu wenig Erfahrung zu zeigen, eben so sehr gefürchtet haben, als vor der andern, allzu viele zu verrathen. Ja wenn ich mir auch einer mehr als Crebillonschen Fä- higkeit bewußt gewesen wäre, mich zwischen beide Klippen durchzustehlen: so weiß ich doch nicht, ob ich nicht viel lieber einen ganz andern Weg eingeschlagen wäre. Besonders da sich dieser andere Weg hier von selbst öffnet. Man- ley, oder Amalia, wußte ja, daß Freemann mit seiner vorgeblichen Frau nicht gesetzmäßig verbunden sey. Warum konnte er also nicht dieses zum Grunde nehmen, sie ihm gänzlich ab- spänstig zu machen, und sich ihr nicht als einen Galan, dem es nur um flüchtige Gunstbezeigun- gen zu thun, sondern als einen ernsthaften Lieb- haber anzutragen, der sein ganzes Schicksal mit ihr zu theilen bereit sey? Seine Bewerbungen würden dadurch, ich will nicht sagen unsträflich, aber doch unsträflicher geworden seyn; er würde,
ohne
aͤußert laſſen; denn es koͤnnte leicht bey einem ſolchen Handel mehr als eine rechte Art geben. Nachdem nehmlich die Gegenſtaͤnde ſind; ob- ſchon alsdenn noch gar nicht ausgemacht iſt, daß diejenige Frau, bey der die eine Art fehl geſchla- gen, auch allen uͤbrigen Arten Obſtand halten werde. Ich will blos bekennen, daß ich fuͤr mein Theil nicht Herz genug gehabt haͤtte, eine dergleichen Scene zu bearbeiten. Ich wuͤrde mich von der einen Klippe, zu wenig Erfahrung zu zeigen, eben ſo ſehr gefuͤrchtet haben, als vor der andern, allzu viele zu verrathen. Ja wenn ich mir auch einer mehr als Crebillonſchen Faͤ- higkeit bewußt geweſen waͤre, mich zwiſchen beide Klippen durchzuſtehlen: ſo weiß ich doch nicht, ob ich nicht viel lieber einen ganz andern Weg eingeſchlagen waͤre. Beſonders da ſich dieſer andere Weg hier von ſelbſt oͤffnet. Man- ley, oder Amalia, wußte ja, daß Freemann mit ſeiner vorgeblichen Frau nicht geſetzmaͤßig verbunden ſey. Warum konnte er alſo nicht dieſes zum Grunde nehmen, ſie ihm gaͤnzlich ab- ſpaͤnſtig zu machen, und ſich ihr nicht als einen Galan, dem es nur um fluͤchtige Gunſtbezeigun- gen zu thun, ſondern als einen ernſthaften Lieb- haber anzutragen, der ſein ganzes Schickſal mit ihr zu theilen bereit ſey? Seine Bewerbungen wuͤrden dadurch, ich will nicht ſagen unſtraͤflich, aber doch unſtraͤflicher geworden ſeyn; er wuͤrde,
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aͤußert laſſen; denn es koͤnnte leicht bey einem
ſolchen Handel mehr als eine rechte Art geben.
Nachdem nehmlich die Gegenſtaͤnde ſind; ob-
ſchon alsdenn noch gar nicht ausgemacht iſt, daß
diejenige Frau, bey der die eine Art fehl geſchla-
gen, auch allen uͤbrigen Arten Obſtand halten
werde. Ich will blos bekennen, daß ich fuͤr
mein Theil nicht Herz genug gehabt haͤtte, eine
dergleichen Scene zu bearbeiten. Ich wuͤrde
mich von der einen Klippe, zu wenig Erfahrung
zu zeigen, eben ſo ſehr gefuͤrchtet haben, als vor
der andern, allzu viele zu verrathen. Ja wenn
ich mir auch einer mehr als Crebillonſchen Faͤ-
higkeit bewußt geweſen waͤre, mich zwiſchen
beide Klippen durchzuſtehlen: ſo weiß ich doch
nicht, ob ich nicht viel lieber einen ganz andern
Weg eingeſchlagen waͤre. Beſonders da ſich
dieſer andere Weg hier von ſelbſt oͤffnet. Man-
ley, oder Amalia, wußte ja, daß Freemann
mit ſeiner vorgeblichen Frau nicht geſetzmaͤßig
verbunden ſey. Warum konnte er alſo nicht
dieſes zum Grunde nehmen, ſie ihm gaͤnzlich ab-
ſpaͤnſtig zu machen, und ſich ihr nicht als einen
Galan, dem es nur um fluͤchtige Gunſtbezeigun-
gen zu thun, ſondern als einen ernſthaften Lieb-
haber anzutragen, der ſein ganzes Schickſal mit
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/173>, abgerufen am 24.11.2024.
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