unbegreiflich, wie eine Dame solches Zeug schrei- ben können. Ich will hoffen, daß man mir den Beweis von diesem allen schenken wird. ----
Den zwey und dreyßigsten Abend (Don- nerstags, den 11ten Junius,) ward die Semi- ramis des Herrn von Voltaire wiederhohlt.
Da das Orchester bey unsern Schauspielen gewissermaßen die Stelle der alten Chöre ver- tritt, so haben Kenner schon längst gewünscht, daß die Musik, welche vor und zwischen und nach dem Stücke gespielt wird, mit dem Inhalte desselben mehr übereinstimmen möchte. Herr Scheibe ist unter den Musicis derjenige, wel- cher zuerst hier ein ganz neues Feld für die Kunst bemerkte. Da er einsahe, daß, wenn die Rüh- rung des Zuschauers nicht auf eine unangenehme Art geschwächt und unterbrochen werden sollte, ein jedes Schauspiel seine eigene musikalische Be- gleitung erfordere: so machte er nicht allein be- reits 1738 mit dem Polyeukt und Mithridat den Versuch, besondere diesen Stücken entspre- chende Symphonien zu verfertigen, welche bey der Gesellschaft der Neuberinn, hier in Ham- burg, in Leipzig, und anderwärts aufgeführet wurden; sondern ließ sich auch in einem beson- dern Blatte seines kritischen Musikus (*) um- ständlich darüber aus, was überhaupt der Kom-
ponist
(*) Stück 67.
unbegreiflich, wie eine Dame ſolches Zeug ſchrei- ben koͤnnen. Ich will hoffen, daß man mir den Beweis von dieſem allen ſchenken wird. ——
Den zwey und dreyßigſten Abend (Don- nerſtags, den 11ten Junius,) ward die Semi- ramis des Herrn von Voltaire wiederhohlt.
Da das Orcheſter bey unſern Schauſpielen gewiſſermaßen die Stelle der alten Choͤre ver- tritt, ſo haben Kenner ſchon laͤngſt gewuͤnſcht, daß die Muſik, welche vor und zwiſchen und nach dem Stuͤcke geſpielt wird, mit dem Inhalte deſſelben mehr uͤbereinſtimmen moͤchte. Herr Scheibe iſt unter den Muſicis derjenige, wel- cher zuerſt hier ein ganz neues Feld fuͤr die Kunſt bemerkte. Da er einſahe, daß, wenn die Ruͤh- rung des Zuſchauers nicht auf eine unangenehme Art geſchwaͤcht und unterbrochen werden ſollte, ein jedes Schauſpiel ſeine eigene muſikaliſche Be- gleitung erfordere: ſo machte er nicht allein be- reits 1738 mit dem Polyeukt und Mithridat den Verſuch, beſondere dieſen Stuͤcken entſpre- chende Symphonien zu verfertigen, welche bey der Geſellſchaft der Neuberinn, hier in Ham- burg, in Leipzig, und anderwaͤrts aufgefuͤhret wurden; ſondern ließ ſich auch in einem beſon- dern Blatte ſeines kritiſchen Muſikus (*) um- ſtaͤndlich daruͤber aus, was uͤberhaupt der Kom-
poniſt
(*) Stuͤck 67.
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unbegreiflich, wie eine Dame ſolches Zeug ſchrei-
ben koͤnnen. Ich will hoffen, daß man mir den
Beweis von dieſem allen ſchenken wird. ——
Den zwey und dreyßigſten Abend (Don-
nerſtags, den 11ten Junius,) ward die Semi-
ramis des Herrn von Voltaire wiederhohlt.
Da das Orcheſter bey unſern Schauſpielen
gewiſſermaßen die Stelle der alten Choͤre ver-
tritt, ſo haben Kenner ſchon laͤngſt gewuͤnſcht,
daß die Muſik, welche vor und zwiſchen und
nach dem Stuͤcke geſpielt wird, mit dem Inhalte
deſſelben mehr uͤbereinſtimmen moͤchte. Herr
Scheibe iſt unter den Muſicis derjenige, wel-
cher zuerſt hier ein ganz neues Feld fuͤr die Kunſt
bemerkte. Da er einſahe, daß, wenn die Ruͤh-
rung des Zuſchauers nicht auf eine unangenehme
Art geſchwaͤcht und unterbrochen werden ſollte,
ein jedes Schauſpiel ſeine eigene muſikaliſche Be-
gleitung erfordere: ſo machte er nicht allein be-
reits 1738 mit dem Polyeukt und Mithridat
den Verſuch, beſondere dieſen Stuͤcken entſpre-
chende Symphonien zu verfertigen, welche bey
der Geſellſchaft der Neuberinn, hier in Ham-
burg, in Leipzig, und anderwaͤrts aufgefuͤhret
wurden; ſondern ließ ſich auch in einem beſon-
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/216>, abgerufen am 21.11.2024.
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