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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

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bracht habe? Dieser Schluß muß nothwendig
bey ihr mehr gelten, als ein bloßer Name. Sie
bereuet es nunmehr auch, daß sie eines bloßen
Namens wegen, den ja wohl mehrere führen
können, mit der Vollziehung ihrer Rache gezau-
dert habe;

Che dubitar? misera, ed io da un
nome
Trattenere mi lasciai, quasi un tal
nome
Altri aver non potesse
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und die folgenden Aeußerungen des Tyrannen
können sie nicht anders als in der Meinung vol-
lends bestärken, daß er von dem Tode ihres Soh-
nes die allerzuverläßigste, gewisseste Nachricht
haben müsse. Ist denn das also nun so gar ab-
geschmackt? Ich finde es nicht. Vielmehr muß
ich gestehen, daß ich die Verbesserung des Maffei
nicht einmal für sehr nöthig halte. Laßt es den
Aegisth immerhin sagen, daß sein Vater Poly-
dor heisse! Ob es sein Vater oder sein Freund
war, der so hiesse, und ihn vor Messene warnte,
das nimmt einander nicht viel. Genug, daß
Merope, ohne alle Widerrede, das für wahr-
scheinlicher halten muß, was der Tyrann von
ihm glaubet, da sie weiß, daß er ihrem Sohne
so lange, so eifrig nachgestellt, als das, was
sie aus der bloßen Uebereinstimmung eines Na-
mens schliessen könnte. Freylich, wenn sie wüß-

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bracht habe? Dieſer Schluß muß nothwendig
bey ihr mehr gelten, als ein bloßer Name. Sie
bereuet es nunmehr auch, daß ſie eines bloßen
Namens wegen, den ja wohl mehrere fuͤhren
koͤnnen, mit der Vollziehung ihrer Rache gezau-
dert habe;

Che dubitar? miſera, ed io da un
nome
Trattenere mi laſciai, quaſi un tal
nome
Altri aver non poteſſe

und die folgenden Aeußerungen des Tyrannen
koͤnnen ſie nicht anders als in der Meinung vol-
lends beſtaͤrken, daß er von dem Tode ihres Soh-
nes die allerzuverlaͤßigſte, gewiſſeſte Nachricht
haben muͤſſe. Iſt denn das alſo nun ſo gar ab-
geſchmackt? Ich finde es nicht. Vielmehr muß
ich geſtehen, daß ich die Verbeſſerung des Maffei
nicht einmal fuͤr ſehr noͤthig halte. Laßt es den
Aegisth immerhin ſagen, daß ſein Vater Poly-
dor heiſſe! Ob es ſein Vater oder ſein Freund
war, der ſo hieſſe, und ihn vor Meſſene warnte,
das nimmt einander nicht viel. Genug, daß
Merope, ohne alle Widerrede, das fuͤr wahr-
ſcheinlicher halten muß, was der Tyrann von
ihm glaubet, da ſie weiß, daß er ihrem Sohne
ſo lange, ſo eifrig nachgeſtellt, als das, was
ſie aus der bloßen Uebereinſtimmung eines Na-
mens ſchlieſſen koͤnnte. Freylich, wenn ſie wuͤß-

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[339/0353] bracht habe? Dieſer Schluß muß nothwendig bey ihr mehr gelten, als ein bloßer Name. Sie bereuet es nunmehr auch, daß ſie eines bloßen Namens wegen, den ja wohl mehrere fuͤhren koͤnnen, mit der Vollziehung ihrer Rache gezau- dert habe; Che dubitar? miſera, ed io da un nome Trattenere mi laſciai, quaſi un tal nome Altri aver non poteſſe — und die folgenden Aeußerungen des Tyrannen koͤnnen ſie nicht anders als in der Meinung vol- lends beſtaͤrken, daß er von dem Tode ihres Soh- nes die allerzuverlaͤßigſte, gewiſſeſte Nachricht haben muͤſſe. Iſt denn das alſo nun ſo gar ab- geſchmackt? Ich finde es nicht. Vielmehr muß ich geſtehen, daß ich die Verbeſſerung des Maffei nicht einmal fuͤr ſehr noͤthig halte. Laßt es den Aegisth immerhin ſagen, daß ſein Vater Poly- dor heiſſe! Ob es ſein Vater oder ſein Freund war, der ſo hieſſe, und ihn vor Meſſene warnte, das nimmt einander nicht viel. Genug, daß Merope, ohne alle Widerrede, das fuͤr wahr- ſcheinlicher halten muß, was der Tyrann von ihm glaubet, da ſie weiß, daß er ihrem Sohne ſo lange, ſo eifrig nachgeſtellt, als das, was ſie aus der bloßen Uebereinſtimmung eines Na- mens ſchlieſſen koͤnnte. Freylich, wenn ſie wuͤß- te, U u 2

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/353>, abgerufen am 22.11.2024.