Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite
Hamburgische
Dramaturgie.


Viertes Stück.





Aber von was für Art sind die Bewegungen
der Hände, mit welchen, in ruhigen Si-
tuationen, die Moral gesprochen zu seyn
liebet?

Von der Chironomie der Alten, das ist, von
dem Inbegriffe der Regeln, welche die Alten
den Bewegungen der Hände vorgeschrieben hat-
ten, wissen wir nur sehr wenig; aber dieses
wissen wir, daß sie die Händesprache zu einer
Vollkommenheit gebracht, von der sich aus dem,
was unsere Redner darinn zu leisten im Stande
sind, kaum die Möglichkeit sollte begreifen las-
sen. Wir scheinen von dieser ganzen Sprache
nichts als ein unartikulirtes Geschrey behalten
zu haben; nichts als das Vermögen, Bewe-
gungen zu machen, ohne zu wissen, wie diesen
Bewegungen eine fixirte Bedeutung zu geben,
und wie sie unter einander zu verbinden, daß sie

nicht
D
Hamburgiſche
Dramaturgie.


Viertes Stuͤck.





Aber von was fuͤr Art ſind die Bewegungen
der Haͤnde, mit welchen, in ruhigen Si-
tuationen, die Moral geſprochen zu ſeyn
liebet?

Von der Chironomie der Alten, das iſt, von
dem Inbegriffe der Regeln, welche die Alten
den Bewegungen der Haͤnde vorgeſchrieben hat-
ten, wiſſen wir nur ſehr wenig; aber dieſes
wiſſen wir, daß ſie die Haͤndeſprache zu einer
Vollkommenheit gebracht, von der ſich aus dem,
was unſere Redner darinn zu leiſten im Stande
ſind, kaum die Moͤglichkeit ſollte begreifen laſ-
ſen. Wir ſcheinen von dieſer ganzen Sprache
nichts als ein unartikulirtes Geſchrey behalten
zu haben; nichts als das Vermoͤgen, Bewe-
gungen zu machen, ohne zu wiſſen, wie dieſen
Bewegungen eine fixirte Bedeutung zu geben,
und wie ſie unter einander zu verbinden, daß ſie

nicht
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0039" n="[25]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Hamburgi&#x017F;che<lb/><hi rendition="#g">Dramaturgie.</hi><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Viertes Stu&#x0364;ck.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#c">Den 12ten May, 1767.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ber von was fu&#x0364;r Art &#x017F;ind die Bewegungen<lb/>
der Ha&#x0364;nde, mit welchen, in ruhigen Si-<lb/>
tuationen, die Moral ge&#x017F;prochen zu &#x017F;eyn<lb/>
liebet?</p><lb/>
        <p>Von der Chironomie der Alten, das i&#x017F;t, von<lb/>
dem Inbegriffe der Regeln, welche die Alten<lb/>
den Bewegungen der Ha&#x0364;nde vorge&#x017F;chrieben hat-<lb/>
ten, wi&#x017F;&#x017F;en wir nur &#x017F;ehr wenig; aber die&#x017F;es<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wir, daß &#x017F;ie die Ha&#x0364;nde&#x017F;prache zu einer<lb/>
Vollkommenheit gebracht, von der &#x017F;ich aus dem,<lb/>
was un&#x017F;ere Redner darinn zu lei&#x017F;ten im Stande<lb/>
&#x017F;ind, kaum die Mo&#x0364;glichkeit &#x017F;ollte begreifen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Wir &#x017F;cheinen von die&#x017F;er ganzen Sprache<lb/>
nichts als ein unartikulirtes Ge&#x017F;chrey behalten<lb/>
zu haben; nichts als das Vermo&#x0364;gen, Bewe-<lb/>
gungen zu machen, ohne zu wi&#x017F;&#x017F;en, wie die&#x017F;en<lb/>
Bewegungen eine fixirte Bedeutung zu geben,<lb/>
und wie &#x017F;ie unter einander zu verbinden, daß &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[25]/0039] Hamburgiſche Dramaturgie. Viertes Stuͤck. Den 12ten May, 1767. Aber von was fuͤr Art ſind die Bewegungen der Haͤnde, mit welchen, in ruhigen Si- tuationen, die Moral geſprochen zu ſeyn liebet? Von der Chironomie der Alten, das iſt, von dem Inbegriffe der Regeln, welche die Alten den Bewegungen der Haͤnde vorgeſchrieben hat- ten, wiſſen wir nur ſehr wenig; aber dieſes wiſſen wir, daß ſie die Haͤndeſprache zu einer Vollkommenheit gebracht, von der ſich aus dem, was unſere Redner darinn zu leiſten im Stande ſind, kaum die Moͤglichkeit ſollte begreifen laſ- ſen. Wir ſcheinen von dieſer ganzen Sprache nichts als ein unartikulirtes Geſchrey behalten zu haben; nichts als das Vermoͤgen, Bewe- gungen zu machen, ohne zu wiſſen, wie dieſen Bewegungen eine fixirte Bedeutung zu geben, und wie ſie unter einander zu verbinden, daß ſie nicht D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/39
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. [25]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/39>, abgerufen am 21.11.2024.