wieder eine Pause -- und so wie die Reflexion ab- gezielet, seine Leidenschaft entweder zu mäßigen, oder zu befeuern, bricht er entweder auf einmal wieder los, oder setzet allmälig das Spiel seiner Glieder wieder in Gang. Nur auf dem Gesichte bleiben, während der Reflexion, die Spuren des Affekts; Mine und Auge sind noch in Bewegung und Feuer; denn wir haben Mine und Auge nicht so urplötzlich in unserer Gewalt, als Fuß und Hand. Und hierin dann, in diesen ausdrückenden Minen, in diesem entbrannten Auge, und in dem Ruhestande des ganzen übrigen Körpers, bestehet die Mischung von Feuer und Kälte, mit welcher ich glaube, daß die Moral in heftigen Situationen ge- sprochen seyn will.
Mit eben dieser Mischung will sie auch in ruhi- gen Situationen gesagt seyn; nur mit dem Unter- schiede, daß der Theil der Aktion, welcher dort der feurige war, hier der kältere, und welcher dort der kältere war, hier der feurige seyn muß. Nehmlich: da die Seele, wenn sie nichts als sanfte Empfindun- gen hat, durch allgemeine Betrachtungen diesen sanften Empfindungen einen höhern Grad von Leb- haftigkeit zu geben sucht, so wird sie auch die Glie- der des Körpers, die ihr unmittelbar zu Gebothe stehen, dazu beytragen lassen; die Hände werden in voller Bewegung seyn; nur der Ausdruck des Ge- sichts kann so geschwind nicht nach, und in Mine und Auge wird noch die Ruhe herrschen, aus der sie der übrige Körper gern heraus arbeiten möchte.
Ham-
wieder eine Pauſe — und ſo wie die Reflexion ab- gezielet, ſeine Leidenſchaft entweder zu maͤßigen, oder zu befeuern, bricht er entweder auf einmal wieder los, oder ſetzet allmaͤlig das Spiel ſeiner Glieder wieder in Gang. Nur auf dem Geſichte bleiben, waͤhrend der Reflexion, die Spuren des Affekts; Mine und Auge ſind noch in Bewegung und Feuer; denn wir haben Mine und Auge nicht ſo urploͤtzlich in unſerer Gewalt, als Fuß und Hand. Und hierin dann, in dieſen ausdruͤckenden Minen, in dieſem entbrannten Auge, und in dem Ruheſtande des ganzen uͤbrigen Koͤrpers, beſtehet die Miſchung von Feuer und Kaͤlte, mit welcher ich glaube, daß die Moral in heftigen Situationen ge- ſprochen ſeyn will.
Mit eben dieſer Miſchung will ſie auch in ruhi- gen Situationen geſagt ſeyn; nur mit dem Unter- ſchiede, daß der Theil der Aktion, welcher dort der feurige war, hier der kaͤltere, und welcher dort der kaͤltere war, hier der feurige ſeyn muß. Nehmlich: da die Seele, wenn ſie nichts als ſanfte Empfindun- gen hat, durch allgemeine Betrachtungen dieſen ſanften Empfindungen einen hoͤhern Grad von Leb- haftigkeit zu geben ſucht, ſo wird ſie auch die Glie- der des Koͤrpers, die ihr unmittelbar zu Gebothe ſtehen, dazu beytragen laſſen; die Haͤnde werden in voller Bewegung ſeyn; nur der Ausdruck des Ge- ſichts kann ſo geſchwind nicht nach, und in Mine und Auge wird noch die Ruhe herrſchen, aus der ſie der uͤbrige Koͤrper gern heraus arbeiten moͤchte.
Ham-
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wieder eine Pauſe — und ſo wie die Reflexion ab-
gezielet, ſeine Leidenſchaft entweder zu maͤßigen,
oder zu befeuern, bricht er entweder auf einmal
wieder los, oder ſetzet allmaͤlig das Spiel ſeiner
Glieder wieder in Gang. Nur auf dem Geſichte
bleiben, waͤhrend der Reflexion, die Spuren des
Affekts; Mine und Auge ſind noch in Bewegung
und Feuer; denn wir haben Mine und Auge nicht
ſo urploͤtzlich in unſerer Gewalt, als Fuß und
Hand. Und hierin dann, in dieſen ausdruͤckenden
Minen, in dieſem entbrannten Auge, und in dem
Ruheſtande des ganzen uͤbrigen Koͤrpers, beſtehet
die Miſchung von Feuer und Kaͤlte, mit welcher ich
glaube, daß die Moral in heftigen Situationen ge-
ſprochen ſeyn will.
Mit eben dieſer Miſchung will ſie auch in ruhi-
gen Situationen geſagt ſeyn; nur mit dem Unter-
ſchiede, daß der Theil der Aktion, welcher dort der
feurige war, hier der kaͤltere, und welcher dort der
kaͤltere war, hier der feurige ſeyn muß. Nehmlich:
da die Seele, wenn ſie nichts als ſanfte Empfindun-
gen hat, durch allgemeine Betrachtungen dieſen
ſanften Empfindungen einen hoͤhern Grad von Leb-
haftigkeit zu geben ſucht, ſo wird ſie auch die Glie-
der des Koͤrpers, die ihr unmittelbar zu Gebothe
ſtehen, dazu beytragen laſſen; die Haͤnde werden in
voller Bewegung ſeyn; nur der Ausdruck des Ge-
ſichts kann ſo geſchwind nicht nach, und in Mine
und Auge wird noch die Ruhe herrſchen, aus der ſie
der uͤbrige Koͤrper gern heraus arbeiten moͤchte.
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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