keinen andern Namen hören; daß, da er der Königinn antwortet, sein Vater heisse Polyklet, er nicht auch hinzusetzt, er heisse so und so. Denn einen Namen muß er doch haben; und den hätte der Herr von Voltaire ja wohl schon mit erfinden können, da er so viel erfunden hat! Leser, die den Rummel einer Tragödie nicht recht gut verstehen, können leicht darüber irre werden. Sie lesen, daß hier ein Bursche ge- bracht wird, der auf der Landstraße einen Mord begangen hat; dieser Bursche, sehen sie, heißt Aegisth, aber er sagt, er heisse nicht so, und sagt doch auch nicht, wie er heisse: o, mit dem Burschen, schliessen sie, ist es nicht richtig; das ist ein abgesäumter Straßenräuber, so jung er ist, so unschuldig er sich stellt. So, sage ich, sind unerfahrne Leser zu denken in Gefahr; und doch glaube ich in allem Ernste, daß es für die erfahrnen Leser besser ist, auch so, gleich An- fangs, zu erfahren, wer der unbekannte Jüng- ling ist, als gar nicht. Nur daß man mir nicht sage, daß diese Art sie davon zu unterrichten, im geringsten künstlicher und feiner sey, als ein Prolog, im Geschmacke des Euripides! --
Ham-
keinen andern Namen hoͤren; daß, da er der Koͤniginn antwortet, ſein Vater heiſſe Polyklet, er nicht auch hinzuſetzt, er heiſſe ſo und ſo. Denn einen Namen muß er doch haben; und den haͤtte der Herr von Voltaire ja wohl ſchon mit erfinden koͤnnen, da er ſo viel erfunden hat! Leſer, die den Rummel einer Tragoͤdie nicht recht gut verſtehen, koͤnnen leicht daruͤber irre werden. Sie leſen, daß hier ein Burſche ge- bracht wird, der auf der Landſtraße einen Mord begangen hat; dieſer Burſche, ſehen ſie, heißt Aegisth, aber er ſagt, er heiſſe nicht ſo, und ſagt doch auch nicht, wie er heiſſe: o, mit dem Burſchen, ſchlieſſen ſie, iſt es nicht richtig; das iſt ein abgeſaͤumter Straßenraͤuber, ſo jung er iſt, ſo unſchuldig er ſich ſtellt. So, ſage ich, ſind unerfahrne Leſer zu denken in Gefahr; und doch glaube ich in allem Ernſte, daß es fuͤr die erfahrnen Leſer beſſer iſt, auch ſo, gleich An- fangs, zu erfahren, wer der unbekannte Juͤng- ling iſt, als gar nicht. Nur daß man mir nicht ſage, daß dieſe Art ſie davon zu unterrichten, im geringſten kuͤnſtlicher und feiner ſey, als ein Prolog, im Geſchmacke des Euripides! —
Ham-
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keinen andern Namen hoͤren; daß, da er der
Koͤniginn antwortet, ſein Vater heiſſe Polyklet,
er nicht auch hinzuſetzt, er heiſſe ſo und ſo.
Denn einen Namen muß er doch haben; und
den haͤtte der Herr von Voltaire ja wohl ſchon
mit erfinden koͤnnen, da er ſo viel erfunden hat!
Leſer, die den Rummel einer Tragoͤdie nicht
recht gut verſtehen, koͤnnen leicht daruͤber irre
werden. Sie leſen, daß hier ein Burſche ge-
bracht wird, der auf der Landſtraße einen Mord
begangen hat; dieſer Burſche, ſehen ſie, heißt
Aegisth, aber er ſagt, er heiſſe nicht ſo, und
ſagt doch auch nicht, wie er heiſſe: o, mit dem
Burſchen, ſchlieſſen ſie, iſt es nicht richtig;
das iſt ein abgeſaͤumter Straßenraͤuber, ſo jung
er iſt, ſo unſchuldig er ſich ſtellt. So, ſage
ich, ſind unerfahrne Leſer zu denken in Gefahr;
und doch glaube ich in allem Ernſte, daß es fuͤr
die erfahrnen Leſer beſſer iſt, auch ſo, gleich An-
fangs, zu erfahren, wer der unbekannte Juͤng-
ling iſt, als gar nicht. Nur daß man mir nicht
ſage, daß dieſe Art ſie davon zu unterrichten,
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/406>, abgerufen am 27.11.2024.
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