Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

gesagt werden, und der Zuhörer muß keinen
Augenblick Zeit haben, zu untersuchen, wie
witzig oder unwitzig sie sind. Es sind keine
Frauenzimmer in diesem Stücke; das einzige,
welches noch anzubringen gewesen wäre, würde
eine frostige Liebhaberinn seyn; und freylich lie-
ber keines, als so eines. Sonst möchte ich es
niemanden rathen, sich dieser Besondernheit zu
befleißigen. Wir sind zu sehr an die Unter-
mengung beider Geschlechter gewöhnet, als daß
wir bey gänzlicher Vermissung des reitzendern,
nicht etwas Leeres empfinden sollten.

Unter den Italienern hat ehedem Cecchi, und
neuerlich unter den Franzosen Destouches, das
nehmliche Lustspiel des Plautus wieder auf die
Bühne gebracht. Sie haben beide große Stücke
von fünf Aufzügen daraus gemacht, und sind
daher genöthiget gewesen, den Plan des Rö-
mers mit eignen Erfindungen zu erweitern.
Das vom Cecchi heißt, die Mitgift, und wird
vom Riccoboni, in seiner Geschichte des italieni-
schen Theaters, als eines von den besten alten
Lustspielen desselben empfohlen. Das vom Des-
touches führt den Titel, der verborgne Schatz,
und ward ein einzigesmal, im Jahre 1745,
auf der italienischen Bühne zu Paris, und auch
dieses einzigemal nicht ganz bis zu Ende, aufge-
führet. Es fand keinen Beyfall, und ist erst

nach

geſagt werden, und der Zuhoͤrer muß keinen
Augenblick Zeit haben, zu unterſuchen, wie
witzig oder unwitzig ſie ſind. Es ſind keine
Frauenzimmer in dieſem Stuͤcke; das einzige,
welches noch anzubringen geweſen waͤre, wuͤrde
eine froſtige Liebhaberinn ſeyn; und freylich lie-
ber keines, als ſo eines. Sonſt moͤchte ich es
niemanden rathen, ſich dieſer Beſondernheit zu
befleißigen. Wir ſind zu ſehr an die Unter-
mengung beider Geſchlechter gewoͤhnet, als daß
wir bey gaͤnzlicher Vermiſſung des reitzendern,
nicht etwas Leeres empfinden ſollten.

Unter den Italienern hat ehedem Cecchi, und
neuerlich unter den Franzoſen Destouches, das
nehmliche Luſtſpiel des Plautus wieder auf die
Buͤhne gebracht. Sie haben beide große Stuͤcke
von fuͤnf Aufzuͤgen daraus gemacht, und ſind
daher genoͤthiget geweſen, den Plan des Roͤ-
mers mit eignen Erfindungen zu erweitern.
Das vom Cecchi heißt, die Mitgift, und wird
vom Riccoboni, in ſeiner Geſchichte des italieni-
ſchen Theaters, als eines von den beſten alten
Luſtſpielen deſſelben empfohlen. Das vom Des-
touches fuͤhrt den Titel, der verborgne Schatz,
und ward ein einzigesmal, im Jahre 1745,
auf der italieniſchen Buͤhne zu Paris, und auch
dieſes einzigemal nicht ganz bis zu Ende, aufge-
fuͤhret. Es fand keinen Beyfall, und iſt erſt

nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="71"/>
ge&#x017F;agt werden, und der Zuho&#x0364;rer muß keinen<lb/>
Augenblick Zeit haben, zu unter&#x017F;uchen, wie<lb/>
witzig oder unwitzig &#x017F;ie &#x017F;ind. Es &#x017F;ind keine<lb/>
Frauenzimmer in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke; das einzige,<lb/>
welches noch anzubringen gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, wu&#x0364;rde<lb/>
eine fro&#x017F;tige Liebhaberinn &#x017F;eyn; und freylich lie-<lb/>
ber keines, als &#x017F;o eines. Son&#x017F;t mo&#x0364;chte ich es<lb/>
niemanden rathen, &#x017F;ich die&#x017F;er Be&#x017F;ondernheit zu<lb/>
befleißigen. Wir &#x017F;ind zu &#x017F;ehr an die Unter-<lb/>
mengung beider Ge&#x017F;chlechter gewo&#x0364;hnet, als daß<lb/>
wir bey ga&#x0364;nzlicher Vermi&#x017F;&#x017F;ung des reitzendern,<lb/>
nicht etwas Leeres empfinden &#x017F;ollten.</p><lb/>
        <p>Unter den Italienern hat ehedem Cecchi, und<lb/>
neuerlich unter den Franzo&#x017F;en Destouches, das<lb/>
nehmliche Lu&#x017F;t&#x017F;piel des Plautus wieder auf die<lb/>
Bu&#x0364;hne gebracht. Sie haben beide große Stu&#x0364;cke<lb/>
von fu&#x0364;nf Aufzu&#x0364;gen daraus gemacht, und &#x017F;ind<lb/>
daher geno&#x0364;thiget gewe&#x017F;en, den Plan des Ro&#x0364;-<lb/>
mers mit eignen Erfindungen zu erweitern.<lb/>
Das vom Cecchi heißt, die Mitgift, und wird<lb/>
vom Riccoboni, in &#x017F;einer Ge&#x017F;chichte des italieni-<lb/>
&#x017F;chen Theaters, als eines von den be&#x017F;ten alten<lb/>
Lu&#x017F;t&#x017F;pielen de&#x017F;&#x017F;elben empfohlen. Das vom Des-<lb/>
touches fu&#x0364;hrt den Titel, der verborgne Schatz,<lb/>
und ward ein einzigesmal, im Jahre 1745,<lb/>
auf der italieni&#x017F;chen Bu&#x0364;hne zu Paris, und auch<lb/>
die&#x017F;es einzigemal nicht ganz bis zu Ende, aufge-<lb/>
fu&#x0364;hret. Es fand keinen Beyfall, und i&#x017F;t er&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0085] geſagt werden, und der Zuhoͤrer muß keinen Augenblick Zeit haben, zu unterſuchen, wie witzig oder unwitzig ſie ſind. Es ſind keine Frauenzimmer in dieſem Stuͤcke; das einzige, welches noch anzubringen geweſen waͤre, wuͤrde eine froſtige Liebhaberinn ſeyn; und freylich lie- ber keines, als ſo eines. Sonſt moͤchte ich es niemanden rathen, ſich dieſer Beſondernheit zu befleißigen. Wir ſind zu ſehr an die Unter- mengung beider Geſchlechter gewoͤhnet, als daß wir bey gaͤnzlicher Vermiſſung des reitzendern, nicht etwas Leeres empfinden ſollten. Unter den Italienern hat ehedem Cecchi, und neuerlich unter den Franzoſen Destouches, das nehmliche Luſtſpiel des Plautus wieder auf die Buͤhne gebracht. Sie haben beide große Stuͤcke von fuͤnf Aufzuͤgen daraus gemacht, und ſind daher genoͤthiget geweſen, den Plan des Roͤ- mers mit eignen Erfindungen zu erweitern. Das vom Cecchi heißt, die Mitgift, und wird vom Riccoboni, in ſeiner Geſchichte des italieni- ſchen Theaters, als eines von den beſten alten Luſtſpielen deſſelben empfohlen. Das vom Des- touches fuͤhrt den Titel, der verborgne Schatz, und ward ein einzigesmal, im Jahre 1745, auf der italieniſchen Buͤhne zu Paris, und auch dieſes einzigemal nicht ganz bis zu Ende, aufge- fuͤhret. Es fand keinen Beyfall, und iſt erſt nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/85
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/85>, abgerufen am 21.11.2024.