[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].Die Königinn macht ihr Muth, und lockt ihr nach und nach mehr ab, als Blanca zu sagen brauchte; weit mehr, als sie selbst zu hören wünscht. Sie höret, wo und wie der Graf glücklich gewesen; (*) und als sie endlich auch höret, daß er ihr die Ehe versprochen, und daß Blanca auf die Erfüllung dieses Versprechens dringe: so bricht der so lange zurückgehaltene Sturm auf einmal aus. Sie verhönet das leichtgläubige Mädchen auf das empfindlichste, und verbiethet ihr schlechterdings, an den Grafen weiter zu denken. Blanca erräth ohne Mühe, daß dieser Eifer der Königinn, Eifersucht seyn müsse: und giebt es ihr zu verstehen. Die Königinn. Eifersucht? -- Nein; blos deine Aufführung entrüstet mich. -- Und gesetzt, -- ja gesetzt, ich liebte den Grafen. Wenn ich, -- Jch ihn liebte, und eine andere wäre so vermessen, so thöricht, ihn neben mir zu lieben, -- was sage ich, zu lieben? -- ihn nur anzusehen, -- was sage ich, anzusehen? -- sich nur eine Gedanke von ihm in den Sinn kommen zu lassen: das sollte dieser an- dern (*)
Bl. Le llame una noche obscura -- Die Königinn macht ihr Muth, und lockt ihr nach und nach mehr ab, als Blanca zu ſagen brauchte; weit mehr, als ſie ſelbſt zu hören wünſcht. Sie höret, wo und wie der Graf glücklich geweſen; (*) und als ſie endlich auch höret, daß er ihr die Ehe verſprochen, und daß Blanca auf die Erfüllung dieſes Verſprechens dringe: ſo bricht der ſo lange zurückgehaltene Sturm auf einmal aus. Sie verhönet das leichtgläubige Mädchen auf das empfindlichſte, und verbiethet ihr ſchlechterdings, an den Grafen weiter zu denken. Blanca erräth ohne Mühe, daß dieſer Eifer der Königinn, Eiferſucht ſeyn müſſe: und giebt es ihr zu verſtehen. Die Königinn. Eiferſucht? — Nein; blos deine Aufführung entrüſtet mich. — Und geſetzt, — ja geſetzt, ich liebte den Grafen. Wenn ich, — Jch ihn liebte, und eine andere wäre ſo vermeſſen, ſo thöricht, ihn neben mir zu lieben, — was ſage ich, zu lieben? — ihn nur anzuſehen, — was ſage ich, anzuſehen? — ſich nur eine Gedanke von ihm in den Sinn kommen zu laſſen: das ſollte dieſer an- dern (*)
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Die Königinn macht ihr Muth, und lockt ihr
nach und nach mehr ab, als Blanca zu ſagen
brauchte; weit mehr, als ſie ſelbſt zu hören
wünſcht. Sie höret, wo und wie der Graf
glücklich geweſen; (*) und als ſie endlich auch
höret, daß er ihr die Ehe verſprochen, und daß
Blanca auf die Erfüllung dieſes Verſprechens
dringe: ſo bricht der ſo lange zurückgehaltene
Sturm auf einmal aus. Sie verhönet das
leichtgläubige Mädchen auf das empfindlichſte,
und verbiethet ihr ſchlechterdings, an den Grafen
weiter zu denken. Blanca erräth ohne Mühe,
daß dieſer Eifer der Königinn, Eiferſucht ſeyn
müſſe: und giebt es ihr zu verſtehen.
Die Königinn. Eiferſucht? — Nein; blos
deine Aufführung entrüſtet mich. — Und geſetzt, —
ja geſetzt, ich liebte den Grafen. Wenn ich, —
Jch ihn liebte, und eine andere wäre ſo vermeſſen,
ſo thöricht, ihn neben mir zu lieben, — was ſage
ich, zu lieben? — ihn nur anzuſehen, — was ſage
ich, anzuſehen? — ſich nur eine Gedanke von ihm
in den Sinn kommen zu laſſen: das ſollte dieſer an-
dern
(*) Bl. Le llamè una noche obſcura —
Rein. Y vino a verte? Bl. Pluguiera
A dios, que no fuera tanta
Mi diſdicha, v ſu fineza.
Vino mas galan que nunca,
Y vo que dos veces ciega,
Por mi mal, eſtaba entonces
Del amor, y las tinieblas —
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