lich betrieben ward, und kein Mensch dabey zu- gegen seyn durfte: so wurde sie der Königinn als ihrer Ehre höchst nachtheilig, und als ein gar nicht zweydeutiger Beweis vorgestellet, daß Essex mit den Rebellen in einem heimlichen Ver- ständnisse stehen müsse. Burleigh und Raleigh, mit einigen andern Parlamentsgliedern, treten sie daher um Erlaubniß an, ihn des Hochver- raths anklagen zu dürfen, welches sie aber so wenig zu verstatten geneigt ist, daß sie sich viel- mehr über ein dergleichen Unternehmen sehr aufgebracht bezeiget. Sie wiederholt die vori- gen Dienste, welche der Graf der Nation er- wiesen, und erklärt, daß sie die Undankbarkeit und den boshaften Neid seiner Ankläger verab- scheue. Der Graf von Southampton, ein auf- richtiger Freund des Essex, nimmt sich zugleich seiner auf das lebhafteste an; er erhebt die Ge- rechtigkeit der Königinn, einen solchen Mann nicht unterdrücken zu lassen; und seine Feinde müssen vor diesesmal schweigen. (Erster Akt.)
Indeß ist die Königinn mit der Aufführung des Grafen nichts weniger, als zufrieden, son- dern läßt ihm befehlen, seine Fehler wieder gut zu machen, und Irrland nicht eher zu verlassen, als bis er die Rebellen völlig zu Paaren getrie- ben, und alles wieder beruhiget habe. Doch Essex, dem die Beschuldigungen nicht unbekannt geblieben, mit welchen ihn seine Feinde bey ihr
an-
lich betrieben ward, und kein Menſch dabey zu- gegen ſeyn durfte: ſo wurde ſie der Königinn als ihrer Ehre höchſt nachtheilig, und als ein gar nicht zweydeutiger Beweis vorgeſtellet, daß Eſſex mit den Rebellen in einem heimlichen Ver- ſtändniſſe ſtehen müſſe. Burleigh und Raleigh, mit einigen andern Parlamentsgliedern, treten ſie daher um Erlaubniß an, ihn des Hochver- raths anklagen zu dürfen, welches ſie aber ſo wenig zu verſtatten geneigt iſt, daß ſie ſich viel- mehr über ein dergleichen Unternehmen ſehr aufgebracht bezeiget. Sie wiederholt die vori- gen Dienſte, welche der Graf der Nation er- wieſen, und erklärt, daß ſie die Undankbarkeit und den boshaften Neid ſeiner Ankläger verab- ſcheue. Der Graf von Southampton, ein auf- richtiger Freund des Eſſex, nimmt ſich zugleich ſeiner auf das lebhafteſte an; er erhebt die Ge- rechtigkeit der Königinn, einen ſolchen Mann nicht unterdrücken zu laſſen; und ſeine Feinde müſſen vor dieſesmal ſchweigen. (Erſter Akt.)
Indeß iſt die Königinn mit der Aufführung des Grafen nichts weniger, als zufrieden, ſon- dern läßt ihm befehlen, ſeine Fehler wieder gut zu machen, und Irrland nicht eher zu verlaſſen, als bis er die Rebellen völlig zu Paaren getrie- ben, und alles wieder beruhiget habe. Doch Eſſex, dem die Beſchuldigungen nicht unbekannt geblieben, mit welchen ihn ſeine Feinde bey ihr
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[12/0018]
lich betrieben ward, und kein Menſch dabey zu-
gegen ſeyn durfte: ſo wurde ſie der Königinn
als ihrer Ehre höchſt nachtheilig, und als ein
gar nicht zweydeutiger Beweis vorgeſtellet, daß
Eſſex mit den Rebellen in einem heimlichen Ver-
ſtändniſſe ſtehen müſſe. Burleigh und Raleigh,
mit einigen andern Parlamentsgliedern, treten
ſie daher um Erlaubniß an, ihn des Hochver-
raths anklagen zu dürfen, welches ſie aber ſo
wenig zu verſtatten geneigt iſt, daß ſie ſich viel-
mehr über ein dergleichen Unternehmen ſehr
aufgebracht bezeiget. Sie wiederholt die vori-
gen Dienſte, welche der Graf der Nation er-
wieſen, und erklärt, daß ſie die Undankbarkeit
und den boshaften Neid ſeiner Ankläger verab-
ſcheue. Der Graf von Southampton, ein auf-
richtiger Freund des Eſſex, nimmt ſich zugleich
ſeiner auf das lebhafteſte an; er erhebt die Ge-
rechtigkeit der Königinn, einen ſolchen Mann
nicht unterdrücken zu laſſen; und ſeine Feinde
müſſen vor dieſesmal ſchweigen. (Erſter Akt.)
Indeß iſt die Königinn mit der Aufführung
des Grafen nichts weniger, als zufrieden, ſon-
dern läßt ihm befehlen, ſeine Fehler wieder gut
zu machen, und Irrland nicht eher zu verlaſſen,
als bis er die Rebellen völlig zu Paaren getrie-
ben, und alles wieder beruhiget habe. Doch
Eſſex, dem die Beſchuldigungen nicht unbekannt
geblieben, mit welchen ihn ſeine Feinde bey ihr
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/18>, abgerufen am 09.11.2024.
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