[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769]. Rutland. Ha! Die Königinn. Sie hat mich recht sehr ge- ärgert. Ich konnte sie nicht länger vor Augen sehen. Rutland. (bey Seite) Wie fahre ich bey die- sem theuern Namen zusammen! Mein Gesicht wird mich verrathen. Ich fühl es; ich werde blaß -- und wieder roth. -- Die Königinn. Was ich dir sage, macht dich erröthen? -- Rutland. Dein so überraschendes, gütiges Vertrauen, Königinn, -- Die Königinn. Ich weiß, daß du mein Ve[r]trauen verdienest. -- Komm, Rutland, ich will dir alles sagen. Du sollst mir rathen. -- Ohne Zweifel, liebe Rutland, wirst du es auch gehört haben, wie sehr das Volk wider den armen, unglücklichen Mann schreyet; was für Verbrechen es ihm zur Last leget. Aber das Schlimmste weißt du vielleicht noch nicht? Er ist heute aus Irrland angekommen; wider meinen ausdrücklichen Be- fehl; und hat die dortigen Angelegenheiten in der größten Verwirrung gelassen. Rutland. Darf ich Dir, Königinn, wohl sagen, was ich denke? -- Das Geschrey des Vol- kes, ist nicht immer die Stimme der Wahrheit. Sein Haß ist öfters so ungegründet -- Die Königinn. Du sprichst die wahren Ge- danken meiner Seele. -- Aber, liebe Rutland, er ist
Rutland. Ha! Die Königinn. Sie hat mich recht ſehr ge- ärgert. Ich konnte ſie nicht länger vor Augen ſehen. Rutland. (bey Seite) Wie fahre ich bey die- ſem theuern Namen zuſammen! Mein Geſicht wird mich verrathen. Ich fühl es; ich werde blaß — und wieder roth. — Die Königinn. Was ich dir ſage, macht dich erröthen? — Rutland. Dein ſo überraſchendes, gütiges Vertrauen, Königinn, — Die Königinn. Ich weiß, daß du mein Ve[r]trauen verdieneſt. — Komm, Rutland, ich will dir alles ſagen. Du ſollſt mir rathen. — Ohne Zweifel, liebe Rutland, wirſt du es auch gehört haben, wie ſehr das Volk wider den armen, unglücklichen Mann ſchreyet; was für Verbrechen es ihm zur Laſt leget. Aber das Schlimmſte weißt du vielleicht noch nicht? Er iſt heute aus Irrland angekommen; wider meinen ausdrücklichen Be- fehl; und hat die dortigen Angelegenheiten in der größten Verwirrung gelaſſen. Rutland. Darf ich Dir, Königinn, wohl ſagen, was ich denke? — Das Geſchrey des Vol- kes, iſt nicht immer die Stimme der Wahrheit. Sein Haß iſt öfters ſo ungegründet — Die Königinn. Du ſprichſt die wahren Ge- danken meiner Seele. — Aber, liebe Rutland, er iſt
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Rutland. Ha!
Die Königinn. Sie hat mich recht ſehr ge-
ärgert. Ich konnte ſie nicht länger vor Augen
ſehen.
Rutland. (bey Seite) Wie fahre ich bey die-
ſem theuern Namen zuſammen! Mein Geſicht wird
mich verrathen. Ich fühl es; ich werde blaß —
und wieder roth. —
Die Königinn. Was ich dir ſage, macht
dich erröthen? —
Rutland. Dein ſo überraſchendes, gütiges
Vertrauen, Königinn, —
Die Königinn. Ich weiß, daß du mein
Vertrauen verdieneſt. — Komm, Rutland, ich
will dir alles ſagen. Du ſollſt mir rathen. —
Ohne Zweifel, liebe Rutland, wirſt du es auch
gehört haben, wie ſehr das Volk wider den armen,
unglücklichen Mann ſchreyet; was für Verbrechen
es ihm zur Laſt leget. Aber das Schlimmſte weißt
du vielleicht noch nicht? Er iſt heute aus Irrland
angekommen; wider meinen ausdrücklichen Be-
fehl; und hat die dortigen Angelegenheiten in der
größten Verwirrung gelaſſen.
Rutland. Darf ich Dir, Königinn, wohl
ſagen, was ich denke? — Das Geſchrey des Vol-
kes, iſt nicht immer die Stimme der Wahrheit.
Sein Haß iſt öfters ſo ungegründet —
Die Königinn. Du ſprichſt die wahren Ge-
danken meiner Seele. — Aber, liebe Rutland, er
iſt
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