Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

ches Monstrum gebildet, und auf seinem Ge-
sichte so schwarzen Basalt mit so glänzendem
Helfenbeine gepaaret habe; ob mehr zur Be-
wunderung, oder mehr zur Verspottung? (*))
Kaum hat sich das Frauenzimmer wieder ange-
kleidet, als, unter der Ausrufung: Stirb Ty-
ranninn! ein Schuß auf sie geschieht, und gleich
darauf zwey maskirte Männer mit bloßem De-
gen auf sie los gehen, weil der Schuß sie nicht
getroffen zu haben scheinet. Essex besinnt sich
nicht lange, ihr zu Hülfe zu eilen. Er greift
die Mörder an, und sie entfliehen. Er will ih-
nen nach; aber die Dame ruft ihn zurück, und
bittet ihn, sein Leben nicht in Gefahr zu setzen.
Sie sieht, daß er verwundet ist, knüpft ihre
Schärpe los, und giebt sie ihm, sich die Wunde
damit zu verbinden. Zugleich, sagt sie, soll
diese Schärpe dienen, mich Euch zu seiner Zeit
zu erkennen zu geben; itzt muß ich mich entfer-
nen, ehe über den Schuß mehr Lermen entsteht;
ich möchte nicht gern, daß die Königinn den Zu-
fall erführe, und ich beschwöre Euch daher um

Eure
(*) Yo, que al principio vi, ciego, y turbado
A una parte nevado
Y en otra negro el rostro,
Juzgue, mirando tan divino monstruo,
Que la naturaleza cuidadosa
Desigual uniendo tan hermosa,
Quiso hacer por assombro, o por ultrage,
De azabache y marfil un maridage.

ches Monſtrum gebildet, und auf ſeinem Ge-
ſichte ſo ſchwarzen Baſalt mit ſo glänzendem
Helfenbeine gepaaret habe; ob mehr zur Be-
wunderung, oder mehr zur Verſpottung? (*))
Kaum hat ſich das Frauenzimmer wieder ange-
kleidet, als, unter der Ausrufung: Stirb Ty-
ranninn! ein Schuß auf ſie geſchieht, und gleich
darauf zwey maſkirte Männer mit bloßem De-
gen auf ſie los gehen, weil der Schuß ſie nicht
getroffen zu haben ſcheinet. Eſſex beſinnt ſich
nicht lange, ihr zu Hülfe zu eilen. Er greift
die Mörder an, und ſie entfliehen. Er will ih-
nen nach; aber die Dame ruft ihn zurück, und
bittet ihn, ſein Leben nicht in Gefahr zu ſetzen.
Sie ſieht, daß er verwundet iſt, knüpft ihre
Schärpe los, und giebt ſie ihm, ſich die Wunde
damit zu verbinden. Zugleich, ſagt ſie, ſoll
dieſe Schärpe dienen, mich Euch zu ſeiner Zeit
zu erkennen zu geben; itzt muß ich mich entfer-
nen, ehe über den Schuß mehr Lermen entſteht;
ich möchte nicht gern, daß die Königinn den Zu-
fall erführe, und ich beſchwöre Euch daher um

Eure
(*) Yo, que al principio vi, ciego, y turbado
A una parte nevado
Y en otra negro el roſtro,
Juzguè, mirando tan divino monſtruo,
Que la naturaleza cuidadoſa
Deſigual uniendo tan hermoſa,
Quiſo hacer por aſſombro, o por ultrage,
De azabache y marfil un maridage.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="60"/>
ches Mon&#x017F;trum gebildet, und auf &#x017F;einem Ge-<lb/>
&#x017F;ichte &#x017F;o &#x017F;chwarzen Ba&#x017F;alt mit &#x017F;o glänzendem<lb/>
Helfenbeine gepaaret habe; ob mehr zur Be-<lb/>
wunderung, oder mehr zur Ver&#x017F;pottung? <note place="foot" n="(*)"><cit><quote><hi rendition="#aq">Yo, que al principio vi, ciego, y turbado<lb/>
A una parte nevado<lb/>
Y en otra negro el ro&#x017F;tro,<lb/>
Juzguè, mirando tan divino mon&#x017F;truo,<lb/>
Que la naturaleza cuidado&#x017F;a<lb/>
De&#x017F;igual uniendo tan hermo&#x017F;a,<lb/>
Qui&#x017F;o hacer por a&#x017F;&#x017F;ombro, o por ultrage,<lb/>
De azabache y marfil un maridage.</hi></quote><bibl/></cit></note>)<lb/>
Kaum hat &#x017F;ich das Frauenzimmer wieder ange-<lb/>
kleidet, als, unter der Ausrufung: Stirb Ty-<lb/>
ranninn! ein Schuß auf &#x017F;ie ge&#x017F;chieht, und gleich<lb/>
darauf zwey ma&#x017F;kirte Männer mit bloßem De-<lb/>
gen auf &#x017F;ie los gehen, weil der Schuß &#x017F;ie nicht<lb/>
getroffen zu haben &#x017F;cheinet. E&#x017F;&#x017F;ex be&#x017F;innt &#x017F;ich<lb/>
nicht lange, ihr zu Hülfe zu eilen. Er greift<lb/>
die Mörder an, und &#x017F;ie entfliehen. Er will ih-<lb/>
nen nach; aber die Dame ruft ihn zurück, und<lb/>
bittet ihn, &#x017F;ein Leben nicht in Gefahr zu &#x017F;etzen.<lb/>
Sie &#x017F;ieht, daß er verwundet i&#x017F;t, knüpft ihre<lb/>
Schärpe los, und giebt &#x017F;ie ihm, &#x017F;ich die Wunde<lb/>
damit zu verbinden. Zugleich, &#x017F;agt &#x017F;ie, &#x017F;oll<lb/>
die&#x017F;e Schärpe dienen, mich Euch zu &#x017F;einer Zeit<lb/>
zu erkennen zu geben; itzt muß ich mich entfer-<lb/>
nen, ehe über den Schuß mehr Lermen ent&#x017F;teht;<lb/>
ich möchte nicht gern, daß die Königinn den Zu-<lb/>
fall erführe, und ich be&#x017F;chwöre Euch daher um<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Eure</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0066] ches Monſtrum gebildet, und auf ſeinem Ge- ſichte ſo ſchwarzen Baſalt mit ſo glänzendem Helfenbeine gepaaret habe; ob mehr zur Be- wunderung, oder mehr zur Verſpottung? (*)) Kaum hat ſich das Frauenzimmer wieder ange- kleidet, als, unter der Ausrufung: Stirb Ty- ranninn! ein Schuß auf ſie geſchieht, und gleich darauf zwey maſkirte Männer mit bloßem De- gen auf ſie los gehen, weil der Schuß ſie nicht getroffen zu haben ſcheinet. Eſſex beſinnt ſich nicht lange, ihr zu Hülfe zu eilen. Er greift die Mörder an, und ſie entfliehen. Er will ih- nen nach; aber die Dame ruft ihn zurück, und bittet ihn, ſein Leben nicht in Gefahr zu ſetzen. Sie ſieht, daß er verwundet iſt, knüpft ihre Schärpe los, und giebt ſie ihm, ſich die Wunde damit zu verbinden. Zugleich, ſagt ſie, ſoll dieſe Schärpe dienen, mich Euch zu ſeiner Zeit zu erkennen zu geben; itzt muß ich mich entfer- nen, ehe über den Schuß mehr Lermen entſteht; ich möchte nicht gern, daß die Königinn den Zu- fall erführe, und ich beſchwöre Euch daher um Eure (*) Yo, que al principio vi, ciego, y turbado A una parte nevado Y en otra negro el roſtro, Juzguè, mirando tan divino monſtruo, Que la naturaleza cuidadoſa Deſigual uniendo tan hermoſa, Quiſo hacer por aſſombro, o por ultrage, De azabache y marfil un maridage.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/66
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/66>, abgerufen am 21.11.2024.