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Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

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Emilia Galotti.


Odoardo. Und du so ruhig, meine Tochter?
Emilia. Warum nicht, mein Vater? --
Entweder ist nichts verloren: oder alles. Ruhig
seyn können, und ruhig seyn müssen: kömmt es
nicht auf eines?
Odoardo. Aber, was meynest du, daß der
Fall ist?
Emilia. Daß alles verloren ist; -- und daß
wir wohl ruhig seyn müssen, mein Vater.
Odoardo. Und du wärest ruhig, weil du
ruhig seyn mußt? -- Wer bist du? Ein Mäd-
chen? und meine Tochter? So sollte der Mann,
und der Vater sich wohl vor dir schämen? -- Aber
laß doch hören: was nennest du, alles verloren? --
daß der Graf todt ist?
Emilia. Und warum er todt ist! Warum! --
Ha, so ist es wahr, mein Vater? So ist sie
wahr die ganze schreckliche Geschichte, die ich in
dem nassen und wilden Auge meiner Mutter
las? -- Wo ist meine Mutter? Wo ist sie hin,
mein Vater?
Odoardo. Voraus; -- wenn wir anders
ihr nachkommen.
Emilia.
Emilia Galotti.


Odoardo. Und du ſo ruhig, meine Tochter?
Emilia. Warum nicht, mein Vater? —
Entweder iſt nichts verloren: oder alles. Ruhig
ſeyn koͤnnen, und ruhig ſeyn muͤſſen: koͤmmt es
nicht auf eines?
Odoardo. Aber, was meyneſt du, daß der
Fall iſt?
Emilia. Daß alles verloren iſt; — und daß
wir wohl ruhig ſeyn muͤſſen, mein Vater.
Odoardo. Und du waͤreſt ruhig, weil du
ruhig ſeyn mußt? — Wer biſt du? Ein Maͤd-
chen? und meine Tochter? So ſollte der Mann,
und der Vater ſich wohl vor dir ſchaͤmen? — Aber
laß doch hoͤren: was nenneſt du, alles verloren? —
daß der Graf todt iſt?
Emilia. Und warum er todt iſt! Warum! —
Ha, ſo iſt es wahr, mein Vater? So iſt ſie
wahr die ganze ſchreckliche Geſchichte, die ich in
dem naſſen und wilden Auge meiner Mutter
las? — Wo iſt meine Mutter? Wo iſt ſie hin,
mein Vater?
Odoardo. Voraus; — wenn wir anders
ihr nachkommen.
Emilia.
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[146/0150] Emilia Galotti. Odoardo. Und du ſo ruhig, meine Tochter? Emilia. Warum nicht, mein Vater? — Entweder iſt nichts verloren: oder alles. Ruhig ſeyn koͤnnen, und ruhig ſeyn muͤſſen: koͤmmt es nicht auf eines? Odoardo. Aber, was meyneſt du, daß der Fall iſt? Emilia. Daß alles verloren iſt; — und daß wir wohl ruhig ſeyn muͤſſen, mein Vater. Odoardo. Und du waͤreſt ruhig, weil du ruhig ſeyn mußt? — Wer biſt du? Ein Maͤd- chen? und meine Tochter? So ſollte der Mann, und der Vater ſich wohl vor dir ſchaͤmen? — Aber laß doch hoͤren: was nenneſt du, alles verloren? — daß der Graf todt iſt? Emilia. Und warum er todt iſt! Warum! — Ha, ſo iſt es wahr, mein Vater? So iſt ſie wahr die ganze ſchreckliche Geſchichte, die ich in dem naſſen und wilden Auge meiner Mutter las? — Wo iſt meine Mutter? Wo iſt ſie hin, mein Vater? Odoardo. Voraus; — wenn wir anders ihr nachkommen. Emilia.

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/150>, abgerufen am 22.11.2024.