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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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ste; der Marder, der Schwache; der Fuchs, der
Starke; der Wolf der Stärkste. Was hat der Auer-
hahn mit dem Schwächsten, der Marder mit dem
Schwachen, u. s. w. hier ähnliches? Aehnli-
ches! Gleichet
hier bloß der Fuchs dem Starken,
und der Wolf dem Stärksten; oder ist jener hier
der Starke, so wie dieser der Stärkste? Er ist es. --
Kurz; es heißt die Worte auf eine kindische Art
mißbrauchen, wenn man sagt, daß das Besondere
mit seinem Allgemeinen, das Einzelne mit seiner
Art, die Art mit ihrem Geschlechte eine Aehn-
lichkeit
habe. Ist dieser Windhund, einem Wind-
hunde überhaupt, und ein Windhund über-
haupt, einem Hunde ähnlich? Eine lächerliche
Frage! -- Findet sich nun aber unter den bestimm-
ten
Subjecten der Fabel, und den allgemeinen
Subjecten ihres Satzes keine Aehnlichkeit, so
kann auch keine Allegorie unter ihnen Statt haben.
Und das Nehmliche läßt sich auf die nehmliche Art
von den beyderseitigen Prädicaten erweisen.

Vielleicht aber meinet jemand, daß die Allegorie
hier nicht auf der Aehnlichkeit zwischen den bestimm-

ten

ſte; der Marder, der Schwache; der Fuchs, der
Starke; der Wolf der Stärkſte. Was hat der Auer-
hahn mit dem Schwächſten, der Marder mit dem
Schwachen, u. ſ. w. hier ähnliches? Aehnli-
ches! Gleichet
hier bloß der Fuchs dem Starken,
und der Wolf dem Stärkſten; oder iſt jener hier
der Starke, ſo wie dieſer der Stärkſte? Er iſt es. —
Kurz; es heißt die Worte auf eine kindiſche Art
mißbrauchen, wenn man ſagt, daß das Beſondere
mit ſeinem Allgemeinen, das Einzelne mit ſeiner
Art, die Art mit ihrem Geſchlechte eine Aehn-
lichkeit
habe. Iſt dieſer Windhund, einem Wind-
hunde überhaupt, und ein Windhund über-
haupt, einem Hunde ähnlich? Eine lächerliche
Frage! — Findet ſich nun aber unter den beſtimm-
ten
Subjecten der Fabel, und den allgemeinen
Subjecten ihres Satzes keine Aehnlichkeit, ſo
kann auch keine Allegorie unter ihnen Statt haben.
Und das Nehmliche läßt ſich auf die nehmliche Art
von den beyderſeitigen Prädicaten erweiſen.

Vielleicht aber meinet jemand, daß die Allegorie
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[123/0143] ſte; der Marder, der Schwache; der Fuchs, der Starke; der Wolf der Stärkſte. Was hat der Auer- hahn mit dem Schwächſten, der Marder mit dem Schwachen, u. ſ. w. hier ähnliches? Aehnli- ches! Gleichet hier bloß der Fuchs dem Starken, und der Wolf dem Stärkſten; oder iſt jener hier der Starke, ſo wie dieſer der Stärkſte? Er iſt es. — Kurz; es heißt die Worte auf eine kindiſche Art mißbrauchen, wenn man ſagt, daß das Beſondere mit ſeinem Allgemeinen, das Einzelne mit ſeiner Art, die Art mit ihrem Geſchlechte eine Aehn- lichkeit habe. Iſt dieſer Windhund, einem Wind- hunde überhaupt, und ein Windhund über- haupt, einem Hunde ähnlich? Eine lächerliche Frage! — Findet ſich nun aber unter den beſtimm- ten Subjecten der Fabel, und den allgemeinen Subjecten ihres Satzes keine Aehnlichkeit, ſo kann auch keine Allegorie unter ihnen Statt haben. Und das Nehmliche läßt ſich auf die nehmliche Art von den beyderſeitigen Prädicaten erweiſen. Vielleicht aber meinet jemand, daß die Allegorie hier nicht auf der Aehnlichkeit zwiſchen den beſtimm- ten

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/143>, abgerufen am 24.11.2024.