ten Subjecten oder Prädicaten der Fabel und den allgemeinen Subjecten oder Prädicaten des Satzes, sondern auf der Aehnlichkeit der Arten, wie ich ebendieselbe Wahrheit, itzt durch die Bilder der Fa- bel, und itzt vermittelst der Worte des Satzes er- kenne, beruhe. Doch das ist so viel, als nichts. Denn käme hier die Art der Erkenntniß in Betrach- tung, und wollte man bloß wegen der anschauen- den Erkenntniß, die ich vermittelst der Handlung der Fabel von dieser oder jener Wahrheit erhalte, die Handlung allegorisch nennen: so würde in allen Fabeln ebendieselbe Allegorie seyn, welches doch nie- mand sagen will, der mit diesem Worte nur einigen Begriff verbindet.
Ich befürchte, daß ich von einer so klaren Sache viel zu viel Worte mache. Ich fasse daher alles zu- sammen und sage: die Fabel, als eine einfache Fabel, kann unmöglich allegorisch seyn.
Man erinnere sich aber meiner obigen Anmerkung, nach welcher eine jede einfache Fabel auch eine zu- sammengesetzte werden kann. Wie wann sie als- denn allegorisch würde? Und so ist es. Denn in
der
ten Subjecten oder Prädicaten der Fabel und den allgemeinen Subjecten oder Prädicaten des Satzes, ſondern auf der Aehnlichkeit der Arten, wie ich ebendieſelbe Wahrheit, itzt durch die Bilder der Fa- bel, und itzt vermittelſt der Worte des Satzes er- kenne, beruhe. Doch das iſt ſo viel, als nichts. Denn käme hier die Art der Erkenntniß in Betrach- tung, und wollte man bloß wegen der anſchauen- den Erkenntniß, die ich vermittelſt der Handlung der Fabel von dieſer oder jener Wahrheit erhalte, die Handlung allegoriſch nennen: ſo würde in allen Fabeln ebendieſelbe Allegorie ſeyn, welches doch nie- mand ſagen will, der mit dieſem Worte nur einigen Begriff verbindet.
Ich befürchte, daß ich von einer ſo klaren Sache viel zu viel Worte mache. Ich faſſe daher alles zu- ſammen und ſage: die Fabel, als eine einfache Fabel, kann unmöglich allegoriſch ſeyn.
Man erinnere ſich aber meiner obigen Anmerkung, nach welcher eine jede einfache Fabel auch eine zu- ſammengeſetzte werden kann. Wie wann ſie als- denn allegoriſch würde? Und ſo iſt es. Denn in
der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0144"n="124"/><hirendition="#fr">ten</hi> Subjecten oder Prädicaten der Fabel und den<lb/><hirendition="#fr">allgemeinen</hi> Subjecten oder Prädicaten des Satzes,<lb/>ſondern auf der Aehnlichkeit der Arten, wie ich<lb/>
ebendieſelbe Wahrheit, itzt durch die Bilder der Fa-<lb/>
bel, und itzt vermittelſt der Worte des Satzes er-<lb/>
kenne, beruhe. Doch das iſt ſo viel, als nichts.<lb/>
Denn käme hier die Art der Erkenntniß in Betrach-<lb/>
tung, und wollte man bloß wegen der anſchauen-<lb/>
den Erkenntniß, die ich vermittelſt der Handlung<lb/>
der Fabel von dieſer oder jener Wahrheit erhalte,<lb/>
die Handlung allegoriſch nennen: ſo würde in allen<lb/>
Fabeln ebendieſelbe Allegorie ſeyn, welches doch nie-<lb/>
mand ſagen will, der mit dieſem Worte nur einigen<lb/>
Begriff verbindet.</p><lb/><p>Ich befürchte, daß ich von einer ſo klaren Sache<lb/>
viel zu viel Worte mache. Ich faſſe daher alles zu-<lb/>ſammen und ſage: die Fabel, als eine <hirendition="#fr">einfache</hi><lb/>
Fabel, kann unmöglich allegoriſch ſeyn.</p><lb/><p>Man erinnere ſich aber meiner obigen Anmerkung,<lb/>
nach welcher eine jede <hirendition="#fr">einfache</hi> Fabel auch eine <hirendition="#fr">zu-<lb/>ſammengeſetzte</hi> werden <hirendition="#fr">kann</hi>. Wie wann ſie als-<lb/>
denn allegoriſch <hirendition="#fr">würde</hi>? Und ſo iſt es. Denn in<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[124/0144]
ten Subjecten oder Prädicaten der Fabel und den
allgemeinen Subjecten oder Prädicaten des Satzes,
ſondern auf der Aehnlichkeit der Arten, wie ich
ebendieſelbe Wahrheit, itzt durch die Bilder der Fa-
bel, und itzt vermittelſt der Worte des Satzes er-
kenne, beruhe. Doch das iſt ſo viel, als nichts.
Denn käme hier die Art der Erkenntniß in Betrach-
tung, und wollte man bloß wegen der anſchauen-
den Erkenntniß, die ich vermittelſt der Handlung
der Fabel von dieſer oder jener Wahrheit erhalte,
die Handlung allegoriſch nennen: ſo würde in allen
Fabeln ebendieſelbe Allegorie ſeyn, welches doch nie-
mand ſagen will, der mit dieſem Worte nur einigen
Begriff verbindet.
Ich befürchte, daß ich von einer ſo klaren Sache
viel zu viel Worte mache. Ich faſſe daher alles zu-
ſammen und ſage: die Fabel, als eine einfache
Fabel, kann unmöglich allegoriſch ſeyn.
Man erinnere ſich aber meiner obigen Anmerkung,
nach welcher eine jede einfache Fabel auch eine zu-
ſammengeſetzte werden kann. Wie wann ſie als-
denn allegoriſch würde? Und ſo iſt es. Denn in
der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/144>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.