Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759."Eine Handlung, sagt Batteux, ist eine Un- Wenn diese Erklärung ihre Richtigkeit hat, so "Zwey Hähne kämpfen Ich habe das allezeit für eine sehr glückliche Fabel "Der Hirsch betrachtet sich in einer spiegelnden "lange! * Aesop. Fab. 145. K
„Eine Handlung, ſagt Batteux, iſt eine Un- Wenn dieſe Erklärung ihre Richtigkeit hat, ſo „Zwey Hähne kämpfen Ich habe das allezeit für eine ſehr glückliche Fabel „Der Hirſch betrachtet ſich in einer ſpiegelnden „lange! * Aeſop. Fab. 145. K
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„Eine Handlung, ſagt Batteux,
iſt eine Un-
„ternehmung, die mit Wahl und Abſicht geſchie-
„het. — Die Handlung ſetzet, auſſer dem Leben
„und der Wirkſamkeit, auch Wahl und Endzweck
„voraus, und kömmt nur vernünftigen Weſen zu.“
Wenn dieſe Erklärung ihre Richtigkeit hat, ſo
mögen wir nur neun Zehntheile von allen exiſtiren-
den Fabeln ausſtreichen. Aeſopus ſelbſt wird als-
dann, deren kaum zwey oder drey gemacht haben,
welche die Probe halten. —
„Zwey Hähne kämpfen
„mit einander. Der Beſiegte verkriecht ſich. Der
„Sieger fliegt auf das Dach, ſchlägt ſtolz mit den
„Flügeln und krähet. Plötzlich ſchießt ein Adler
„auf den Sieger herab, und zerfleiſcht ihn *. —
Ich habe das allezeit für eine ſehr glückliche Fabel
gehalten; und doch fehlt ihr, nach dem Batteux,
die Handlung. Denn wo iſt hier eine Unterneh-
mung, die mit Wahl und Abſicht geſchähe? —
„Der Hirſch betrachtet ſich in einer ſpiegelnden
„Quelle; er ſchämt ſich ſeiner dürren Läufte; und
„freuet ſich ſeines ſtolzen Geweihes. Aber nicht
„lange!
* Aeſop. Fab. 145.
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