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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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was wird man vollends von ihm sagen, wenn ich
zeige, daß er sich hier auf einer kleinen Tücke tref-
fen läßt? Kurz zuvor sagt er unter andern von den
Personen der Fabel: "Man hat hier nicht allein den
"Wolf und das Lamm, die Eiche und das Schilf,
"sondern auch den eisernen und den irdenen Topf
"ihre Rollen spielen sehen. Nur der Herr Ver-
"stand
und das Fräulein Einbildungskraft, und
"alles, was ihnen ähnlich siehet, sind von diesem
"Theater ausgeschlossen worden; weil es ohne Zwei-
"fel schwerer ist, diesen bloß geistigen Wesen einen
"charaktermässigen Körper zu geben; als Körpern,
"die einige Analogie mit unsern Organen haben,
"Geist und Seele zu geben *."
-- Merkt man wi-
der wen dieses geht? Wider den de la Motte, der
sich in seinen Fabeln der allegorischen Wesen sehr
häuffig bedienet. Da dieses nun nicht nach dem
Geschmacke unsers oft mehr eckeln als feinen Kunst-
richters war, so konnte ihm die aphthonianische
mangelhafte Eintheilung der Fabel nicht anders als
willkommen seyn, indem es durch sie stillschweigend

gleich-
* Nach der Ramlerschen Uebersetzung, S. 244.

was wird man vollends von ihm ſagen, wenn ich
zeige, daß er ſich hier auf einer kleinen Tücke tref-
fen läßt? Kurz zuvor ſagt er unter andern von den
Perſonen der Fabel: „Man hat hier nicht allein den
„Wolf und das Lamm, die Eiche und das Schilf,
„ſondern auch den eiſernen und den irdenen Topf
„ihre Rollen ſpielen ſehen. Nur der Herr Ver-
„ſtand
und das Fräulein Einbildungskraft, und
„alles, was ihnen ähnlich ſiehet, ſind von dieſem
„Theater ausgeſchloſſen worden; weil es ohne Zwei-
„fel ſchwerer iſt, dieſen bloß geiſtigen Weſen einen
„charaktermäſſigen Körper zu geben; als Körpern,
„die einige Analogie mit unſern Organen haben,
„Geiſt und Seele zu geben *.“
— Merkt man wi-
der wen dieſes geht? Wider den de la Motte, der
ſich in ſeinen Fabeln der allegoriſchen Weſen ſehr
häuffig bedienet. Da dieſes nun nicht nach dem
Geſchmacke unſers oft mehr eckeln als feinen Kunſt-
richters war, ſo konnte ihm die aphthonianiſche
mangelhafte Eintheilung der Fabel nicht anders als
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gleich-
* Nach der Ramlerſchen Ueberſetzung, S. 244.
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[194/0214] was wird man vollends von ihm ſagen, wenn ich zeige, daß er ſich hier auf einer kleinen Tücke tref- fen läßt? Kurz zuvor ſagt er unter andern von den Perſonen der Fabel: „Man hat hier nicht allein den „Wolf und das Lamm, die Eiche und das Schilf, „ſondern auch den eiſernen und den irdenen Topf „ihre Rollen ſpielen ſehen. Nur der Herr Ver- „ſtand und das Fräulein Einbildungskraft, und „alles, was ihnen ähnlich ſiehet, ſind von dieſem „Theater ausgeſchloſſen worden; weil es ohne Zwei- „fel ſchwerer iſt, dieſen bloß geiſtigen Weſen einen „charaktermäſſigen Körper zu geben; als Körpern, „die einige Analogie mit unſern Organen haben, „Geiſt und Seele zu geben *.“ — Merkt man wi- der wen dieſes geht? Wider den de la Motte, der ſich in ſeinen Fabeln der allegoriſchen Weſen ſehr häuffig bedienet. Da dieſes nun nicht nach dem Geſchmacke unſers oft mehr eckeln als feinen Kunſt- richters war, ſo konnte ihm die aphthonianiſche mangelhafte Eintheilung der Fabel nicht anders als willkommen ſeyn, indem es durch ſie ſtillſchweigend gleich- * Nach der Ramlerſchen Ueberſetzung, S. 244.

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/214>, abgerufen am 21.11.2024.