Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.sach nicht sey, hätte der kritische Briefsteller gleich Unterdessen, dachte ich einsmals bey mir selbst, müßte * Fab. Aesop. 2. ** Phaedrus libr. II. Fab. 4. O 3
ſach nicht ſey, hätte der kritiſche Briefſteller gleich Unterdeſſen, dachte ich einsmals bey mir ſelbſt, müßte * Fab. Aeſop. 2. ** Phædrus libr. II. Fab. 4. O 3
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ſach nicht ſey, hätte der kritiſche Briefſteller gleich
daher abnehmen können, weil nicht bloß die thieri-
ſche Fabel, ſondern auch jede andere aeſopiſche Fabel,
wenn ſie ſchon aus vernünftigen Weſen beſtehet, der-
ſelben unfähig iſt. Die Fabel von dem Lahmen und
Blinden, oder von dem armen Manne und dem Tode,
läßt ſich eben ſo wenig zur Länge des epiſchen Ge-
dichts erſtrecken, als die Fabel von dem Lamme und
dem Wolfe, oder von dem Fuchſe und dem Raben.
Kann es alſo an der Natur der Thiere liegen? Und
wenn man mit Beyſpielen ſtreiten wollte, wie viel
ſehr gute Fabeln lieſſen ſich ihm nicht entgegen
ſetzen, in welchen den Thieren weit mehr, als flüch-
tige und dunkle Strahlen einer Vernunft bey-
gelegt wird, und man ſie ihre Anſchläge ziemlich von
weiten her zu einem Endzwecke anwenden ſiehet.
Z. E. der Adler und der Käfer *; der Adler, die
Katze und das Schwein ꝛc. **.
Unterdeſſen, dachte ich einsmals bey mir ſelbſt,
wenn man dem ohngeachtet eine aeſopiſche Fabel
von einer ungewöhnlichen Länge machen wollte, wie
müßte
* Fab. Aeſop. 2.
** Phædrus libr. II. Fab. 4.
O 3
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