Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779. Tempelherr. Jhr kennt mich schon nicht mehr? Klosterbruder. Doch, doch! Jch glaubte nur, daß ich den Herrn Jn meinem Leben wieder nie zu sehn Bekommen würde. Denn ich hof' es zu Den lieben Gott. -- Der liebe Gott, der weiß Wie sauer mir der Antrag ward, den ich Dem Herrn zu thun verbunden war. Er weiß, Ob ich gewünscht, ein offnes Ohr bey Euch Zu finden; weiß, wie sehr ich mich gefreut, Jm Jnnersten gefreut, daß Jhr so rund Das alles, ohne viel Bedenken, von Euch wies't, was einem Ritter nicht geziemt. -- Nun kommt Jhr doch; nun hats doch nachgewirkt! Tempelherr. Jhr wißt es schon, warum ich komme? Kaum Weiß ich es selbst. Klosterbruder.
Jhr habts nun überlegt; Habt nun gefunden, daß der Patriarch So Unrecht doch nicht hat; daß Ehr' und Geld Durch seinen Anschlag zu gewinnen; daß Ein Feind ein Feind ist, wenn er unser Engel Auch siebenmal gewesen wäre. Das, Das habt Jhr nun mit Fleisch und Blut erwogen, Und kommt, und tragt Euch wieder an. -- Ach Gott! Tempel- K 3
Tempelherr. Jhr kennt mich ſchon nicht mehr? Kloſterbruder. Doch, doch! Jch glaubte nur, daß ich den Herrn Jn meinem Leben wieder nie zu ſehn Bekommen wuͤrde. Denn ich hof’ es zu Den lieben Gott. — Der liebe Gott, der weiß Wie ſauer mir der Antrag ward, den ich Dem Herrn zu thun verbunden war. Er weiß, Ob ich gewuͤnſcht, ein offnes Ohr bey Euch Zu finden; weiß, wie ſehr ich mich gefreut, Jm Jnnerſten gefreut, daß Jhr ſo rund Das alles, ohne viel Bedenken, von Euch wieſ’t, was einem Ritter nicht geziemt. — Nun kommt Jhr doch; nun hats doch nachgewirkt! Tempelherr. Jhr wißt es ſchon, warum ich komme? Kaum Weiß ich es ſelbſt. Kloſterbruder.
Jhr habts nun uͤberlegt; Habt nun gefunden, daß der Patriarch So Unrecht doch nicht hat; daß Ehr’ und Geld Durch ſeinen Anſchlag zu gewinnen; daß Ein Feind ein Feind iſt, wenn er unſer Engel Auch ſiebenmal geweſen waͤre. Das, Das habt Jhr nun mit Fleiſch und Blut erwogen, Und kommt, und tragt Euch wieder an. — Ach Gott! Tempel- K 3
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Tempelherr.
Jhr kennt mich ſchon nicht mehr?
Kloſterbruder.
Doch, doch! Jch glaubte nur, daß ich den Herrn
Jn meinem Leben wieder nie zu ſehn
Bekommen wuͤrde. Denn ich hof’ es zu
Den lieben Gott. — Der liebe Gott, der weiß
Wie ſauer mir der Antrag ward, den ich
Dem Herrn zu thun verbunden war. Er weiß,
Ob ich gewuͤnſcht, ein offnes Ohr bey Euch
Zu finden; weiß, wie ſehr ich mich gefreut,
Jm Jnnerſten gefreut, daß Jhr ſo rund
Das alles, ohne viel Bedenken, von
Euch wieſ’t, was einem Ritter nicht geziemt. —
Nun kommt Jhr doch; nun hats doch nachgewirkt!
Tempelherr.
Jhr wißt es ſchon, warum ich komme? Kaum
Weiß ich es ſelbſt.
Kloſterbruder.
Jhr habts nun uͤberlegt;
Habt nun gefunden, daß der Patriarch
So Unrecht doch nicht hat; daß Ehr’ und Geld
Durch ſeinen Anſchlag zu gewinnen; daß
Ein Feind ein Feind iſt, wenn er unſer Engel
Auch ſiebenmal geweſen waͤre. Das,
Das habt Jhr nun mit Fleiſch und Blut erwogen,
Und kommt, und tragt Euch wieder an. — Ach Gott!
Tempel-
K 3
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