[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1221 bis 1222. §. 4. Die Oeseler schleiften hierauf das Schloß in seinem ganzen Umfange, und1221 §. 5. Die Saccalaner aber, so bey den Brüdern der Ritterschaft im Schlosse §. 6. Nach Z z
von 1221 bis 1222. §. 4. Die Oeſeler ſchleiften hierauf das Schloß in ſeinem ganzen Umfange, und1221 §. 5. Die Saccalaner aber, ſo bey den Bruͤdern der Ritterſchaft im Schloſſe §. 6. Nach Z z
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von 1221 bis 1222.
§. 4.
Die Oeſeler ſchleiften hierauf das Schloß in ſeinem ganzen Umfange, und
lieſſen keinen Stein auf dem andern, breiteten auch dieſe Sache durch ganz Lief-
und Eſthland aus, daß ſie des Koͤnigs von Daͤnnemark Schloß erobert,
und die Chriſten aus ihrem Lande gejaget. Sie machten den Heiden und
Eſthen in allen Provinzen ein Herz, ſie ſolten mit aller Gewalt das Joch der
Daͤnen von ſich abwerfen, und den Namen der Chriſten, durch den ſie unters
Joch gekommen, zur Erhaltung ihrer vorigen Freyheit von der Erde vertilgen,
wobey ſie ſagten, das Daͤniſche Schloß Revel koͤnne ja leichtlich eingenommen
werden. Sie lehrten ihnen anbey, mit Maſchinen und Patherellen, wie auch an-
derer Kriegesgeraͤthſchaft umzugehen. Daher entſtand ein Haufen Ungluͤck in
ihrem Lande. Nachdem nun die Oeſeler und die von Harrien die leichtfertigen
Anſchlaͤge ihrer Verſchwoͤrung wider die Daͤnen und wider den Chriſtlichen
Namen zu ſtande gebracht hatten, ſo verſamleten ſie ſich alle mit den Strand-
eſthen auf dem Schloſſe Warbola, und erſchlugen einige von den Daͤnen und
ihren Prieſtern, ſo bey ihnen wohnten. Sie ſandten gar Boten nach Wirland,
daß die Wirlaͤnder es auch ſo machen ſolten. Die Wirlaͤnder aber und die von
Gerwen, weil ſie einfaͤltige Leute ſind und ſchlechter als andere Eſthen, erkuͤhn-
ten ſich nicht dergleichen zu wagen, ſondern holten ihre Prieſter zuſammen und
ſchickten ſie unbeſchaͤdigt in das Schloß der Daͤnen.
1221
§. 5.
Die Saccalaner aber, ſo bey den Bruͤdern der Ritterſchaft im Schloſſe
Viliende wohnten, konten die tuͤckiſchen Gedanken ihrer Herzen gegen die Bruͤ-
der nicht mehr verbergen, ſondern liefen alle mit ihren Schwerdtern, Lanzen und
Schilden zu, krigten etliche von den Bruͤdern nebſt ihren Knechten, und die deut-
ſchen Kaufleute zu packen, und erwuͤrgten ſie. Da nun der vierte Sontag nach
Epiphanias einfiel, an welchem das Evangelium verleſen wird: Da trat JEſus
in das Schif, und ſiehe! es erhub ſich ein groß Ungeſtuͤm im Meer ꝛc.
eben als der Prieſter Dietrich die Meſſe hielt, und die uͤbrigen Bruͤder in der
Kirche dabey ſtunden: ſo erhub ſich in der That ein groß Ungeſtuͤm und eine groſſe
Beſtuͤrzung. Denn da ſie alle Bruͤder, Knechte und Deutſche, die auſſen im
Schloſſe waren, todt geſchlagen hatten, verſamleten ſie ſich bey der Kirche, nicht
zu beten, ſondern ein Blutbad anzurichten; nicht der Meſſe beyzuwohnen, ſondern
die Ruhe JEſu Chriſti zu ſtoͤren, weil ſie nemlich Cains Bosheit mit dahin
brachten. Demnach beſetzten ſie gleich die Thuͤre und umringeten ſie. Sie ſtelten
ſich bewafnet um die Wehrloſen Bruͤder herum. Um ſie nun leichter heraus zu
locken, gaben dieſe Betruͤger ihnen die Hand, und verſprachen ihnen Friede. Jhr
geweſener Advocat Moritz trat zu erſt zu ihnen hinaus, und trauete dieſen Un-
glaͤubigen alzuviel. Ueber den fielen ſie gleich her und toͤdteten ihn. Die uͤbrigen,
die uͤber dieſe unzweifelhafte Gefar in Schrecken geriethen, machten ſich zur Ge-
genwehr zu rechte; da ſie aber zulange machten, und ihnen endlich der Friede zuge-
ſchworen wurde, ſo gingen ſie einzeln zu ihnen heraus. Die Treuloſen nahmen
ſie aber bey dem Kopfe, legten ſie gleich in Strick und Bande, riſſen ihre Habſe-
ligkeit, Geld und Pferde alle zu ſich, und theilten ſich darein. Die Leiber der
Erſchlagenen warfen ſie aufs Feld den Hunden zu zernagen vor, wie geſchrieben
ſtehet: Sie haben die Leichname deiner Knechte den Voͤgeln unter
dem Himmel zu freſſen gegeben: und das Fleiſch deiner Heiligen den
Thieren im Lande. Sie haben Blut vergoſſen wie Waſſer; und war nie-
mand, der begrub. Etliche aus ihnen machten ſich auch an ein ander Schloß
an der Pala, und hieſſen daſelbſt ein gleiches thun. Jhren Prieſter nebſt andern
ſchlugen ſie unterwegens todt.
Pſ. 79,
v. 2.
v. 3.
§. 6. Nach
Z z
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