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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, sieben und zwanzigstes Jahr,
1224richtung, nach schwerer Pestilenz und manchem Unglück endlich sich seines über-
gebliebenen Volks erbarmet hat, und ihnen Friede und Sicherheit geschenket.
Und alles Volk ruhete im HErrn, und lobte den, der da ist gelobet von Ewig-
keit zu Ewigkeit. Amen!

a) Die Unruhen fallen also ins Jahr 1184. Und da man von diesen 40 Jahren etliche auf
die Zeit rechnen muß, die vor der Verkündigung des Worts GOttes vorher verlaufen;
so folgern wir einen neuen Beweisgrund daraus, daß Meinhard vor besagtem Jahre
nicht nach Liefland gekommen, und daß das Jahr 1186, welches Arnold hat, nicht
das erste von Meinhards Bisthum, sondern von seiner Ankunft und seinem Predigen
gewesen.
§. 2.

Selbiges Jahrs, so nach Christi Geburt das tausend zwey hundert und vier und
zwanzigste war, sandte der Hochwürdige Bischof von Riga seinen Priester Mo-
ritz
an den Römischen Hof, um einen Gesandten des Römischen Stuhls
nach Liefland sich auszubitten. Der Pabst Honorius der dritte, der damals
nicht zu Rom, sondern zu Bari b) seine Hofstadt hatte, gab auch seine Einwil-
ligung dazu. Er schickte also den Hochwürdigen Bischof von Modena, Wil-
helmen
c), seines Palasts Kanzler, mit demselben Priester nach Liefland; der
kam mit seiner Bedienung, mit Pilgern und mit seiner ganzen Reisegeselschaft auf
der Düne an. Die Rigischen zogen ihnen entgegen, nahmen sie wohl auf,
und holten sie mit grosser Freude und Staat in die Stadt ein. Er bezeugte
seine Freude mit, und lobte JEsum Christum, Mariä Sohn, daß er
den so herrlich gepflanzten Weinberg GOttes und die mit dem Blut so vieler
Gläubigen bewässerte Kirche so groß und ansehnlich erweitert fand, daß sie mit
ihren Reben auf zehn Tagereisen bis nach Reval sich ausbreitete und erstreckte,
oder den andern Weg nach Plescekowe, oder auch längst der Düne bis Ger-
ceke
gleichfals so viel Tagereisen ausmachte, anbey schon fünf besondere Bisthü-
mer d) mit ihren Bischöfen hatte. Er schickte auch gleich seine Botschafter an den
Römischen Hof, und überschrieb dem Römischen Pabst die wahren Umstände
davon.

b) Das ist so zu verstehen, daß die Absendung dieses Moritz ins Jahr 1223, und die
Ankunft des Gesandten nach Liefland ins Jahr 1224 fält. Denn da Moritz den Pabst
nicht zu Rom, sondern zu Bari angetroffen; so muß er wol das Jahr zuvor dahin
gekommen seyn, als der Pabst Honorius der III in Campanien auf der Soldaten
Versamlung (militari concilio) zugegen war: von dem Raynald beym Jahre 1223 n. 1.
c) Von dieses Wilhelms von Savoyen, erst Modenesischen, hernach Sabinischen
Bischofs und der heiligen Römischen Kirchen Cardinals, der zuletzt 1251 zu Lion mit
Tode abgegangen, handelt mit mehrerm Vghelli Ital. sacr. tom. 1 p. 172 unter den
Sabinischen Bischöfen, und tom. 2 p. 120 unter den Modenesischen, wie auch
Alphonsus Ciacon. Gest. Pontif. & Cardin. tom. 1 p. 568 und dessen Ausleger Ol-
doinus
tom. 2 p. 116. Aus welchen so wol als aus des Baronius Fortsetzern, dem
Spondanus, Bzovius und Raynalden bekant, daß er nicht nur nach Liefland
und Preußen, sondern auch im übrigen Norden mehrere Gesandschaften für den
apostolischen Stuhl verrichtet, unter denen dieses die erste gewesen. Das Antragungs-
schreiben des Pabsts Honorius des III, liefern wir im Anhang der Urkunden. Wir
wollen doch das Zeugniß des Albericus hier beyfügen, der von dem Fleiße und Eifer
"dieses Mannes also schreibet beym Jahre 1228. "Jn Preußen, welches über Polen
"und über Pommern lieget, hat der Bischof von Modena, Wilhelm, als vom
"Pabst dahin abgefertigter Gesandte, durch seinen Verstand und seine Weisheit,
"(nicht mit Gewehr und Waffen,) viele Heiden zum Glauben gezogen, und ihre
"Sprache grossen Theils erlernet. Ueberdem hat er die Anfangsgründe der Sprach-
"kunst, nemlich den Donat, mit recht vieler Mühe in diese fremde Sprache übersetzet.
"Es waren aber dieses Jahr in diesen Gegenden nur 5 heidnische Provinzen zu erobern
"die, davon wir handeln, nemlich Preussen und Curland, Lettland, Withland
"(vielleicht Wierland) und Sambiter, (vielleicht Sambland). Franciscus Augusti-

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſieben und zwanzigſtes Jahr,
1224richtung, nach ſchwerer Peſtilenz und manchem Ungluͤck endlich ſich ſeines uͤber-
gebliebenen Volks erbarmet hat, und ihnen Friede und Sicherheit geſchenket.
Und alles Volk ruhete im HErrn, und lobte den, der da iſt gelobet von Ewig-
keit zu Ewigkeit. Amen!

a) Die Unruhen fallen alſo ins Jahr 1184. Und da man von dieſen 40 Jahren etliche auf
die Zeit rechnen muß, die vor der Verkuͤndigung des Worts GOttes vorher verlaufen;
ſo folgern wir einen neuen Beweisgrund daraus, daß Meinhard vor beſagtem Jahre
nicht nach Liefland gekommen, und daß das Jahr 1186, welches Arnold hat, nicht
das erſte von Meinhards Bisthum, ſondern von ſeiner Ankunft und ſeinem Predigen
geweſen.
§. 2.

Selbiges Jahrs, ſo nach Chriſti Geburt das tauſend zwey hundert und vier und
zwanzigſte war, ſandte der Hochwuͤrdige Biſchof von Riga ſeinen Prieſter Mo-
ritz
an den Roͤmiſchen Hof, um einen Geſandten des Roͤmiſchen Stuhls
nach Liefland ſich auszubitten. Der Pabſt Honorius der dritte, der damals
nicht zu Rom, ſondern zu Bari b) ſeine Hofſtadt hatte, gab auch ſeine Einwil-
ligung dazu. Er ſchickte alſo den Hochwuͤrdigen Biſchof von Modena, Wil-
helmen
c), ſeines Palaſts Kanzler, mit demſelben Prieſter nach Liefland; der
kam mit ſeiner Bedienung, mit Pilgern und mit ſeiner ganzen Reiſegeſelſchaft auf
der Duͤne an. Die Rigiſchen zogen ihnen entgegen, nahmen ſie wohl auf,
und holten ſie mit groſſer Freude und Staat in die Stadt ein. Er bezeugte
ſeine Freude mit, und lobte JEſum Chriſtum, Mariaͤ Sohn, daß er
den ſo herrlich gepflanzten Weinberg GOttes und die mit dem Blut ſo vieler
Glaͤubigen bewaͤſſerte Kirche ſo groß und anſehnlich erweitert fand, daß ſie mit
ihren Reben auf zehn Tagereiſen bis nach Reval ſich ausbreitete und erſtreckte,
oder den andern Weg nach Plescekowe, oder auch laͤngſt der Duͤne bis Ger-
ceke
gleichfals ſo viel Tagereiſen ausmachte, anbey ſchon fuͤnf beſondere Bisthuͤ-
mer d) mit ihren Biſchoͤfen hatte. Er ſchickte auch gleich ſeine Botſchafter an den
Roͤmiſchen Hof, und uͤberſchrieb dem Roͤmiſchen Pabſt die wahren Umſtaͤnde
davon.

b) Das iſt ſo zu verſtehen, daß die Abſendung dieſes Moritz ins Jahr 1223, und die
Ankunft des Geſandten nach Liefland ins Jahr 1224 faͤlt. Denn da Moritz den Pabſt
nicht zu Rom, ſondern zu Bari angetroffen; ſo muß er wol das Jahr zuvor dahin
gekommen ſeyn, als der Pabſt Honorius der III in Campanien auf der Soldaten
Verſamlung (militari concilio) zugegen war: von dem Raynald beym Jahre 1223 n. 1.
c) Von dieſes Wilhelms von Savoyen, erſt Modeneſiſchen, hernach Sabiniſchen
Biſchofs und der heiligen Roͤmiſchen Kirchen Cardinals, der zuletzt 1251 zu Lion mit
Tode abgegangen, handelt mit mehrerm Vghelli Ital. ſacr. tom. 1 p. 172 unter den
Sabiniſchen Biſchoͤfen, und tom. 2 p. 120 unter den Modeneſiſchen, wie auch
Alphonſus Ciacon. Geſt. Pontif. & Cardin. tom. 1 p. 568 und deſſen Ausleger Ol-
doinus
tom. 2 p. 116. Aus welchen ſo wol als aus des Baronius Fortſetzern, dem
Spondanus, Bzovius und Raynalden bekant, daß er nicht nur nach Liefland
und Preußen, ſondern auch im uͤbrigen Norden mehrere Geſandſchaften fuͤr den
apoſtoliſchen Stuhl verrichtet, unter denen dieſes die erſte geweſen. Das Antragungs-
ſchreiben des Pabſts Honorius des III, liefern wir im Anhang der Urkunden. Wir
wollen doch das Zeugniß des Albericus hier beyfuͤgen, der von dem Fleiße und Eifer
„dieſes Mannes alſo ſchreibet beym Jahre 1228. „Jn Preußen, welches uͤber Polen
„und uͤber Pommern lieget, hat der Biſchof von Modena, Wilhelm, als vom
„Pabſt dahin abgefertigter Geſandte, durch ſeinen Verſtand und ſeine Weisheit,
„(nicht mit Gewehr und Waffen,) viele Heiden zum Glauben gezogen, und ihre
„Sprache groſſen Theils erlernet. Ueberdem hat er die Anfangsgruͤnde der Sprach-
„kunſt, nemlich den Donat, mit recht vieler Muͤhe in dieſe fremde Sprache uͤberſetzet.
„Es waren aber dieſes Jahr in dieſen Gegenden nur 5 heidniſche Provinzen zu erobern
„die, davon wir handeln, nemlich Preuſſen und Curland, Lettland, Withland
„(vielleicht Wierland) und Sambiter, (vielleicht Sambland). Franciſcus Auguſti-
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[202/0234] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſieben und zwanzigſtes Jahr, richtung, nach ſchwerer Peſtilenz und manchem Ungluͤck endlich ſich ſeines uͤber- gebliebenen Volks erbarmet hat, und ihnen Friede und Sicherheit geſchenket. Und alles Volk ruhete im HErrn, und lobte den, der da iſt gelobet von Ewig- keit zu Ewigkeit. Amen! 1224 a⁾ Die Unruhen fallen alſo ins Jahr 1184. Und da man von dieſen 40 Jahren etliche auf die Zeit rechnen muß, die vor der Verkuͤndigung des Worts GOttes vorher verlaufen; ſo folgern wir einen neuen Beweisgrund daraus, daß Meinhard vor beſagtem Jahre nicht nach Liefland gekommen, und daß das Jahr 1186, welches Arnold hat, nicht das erſte von Meinhards Bisthum, ſondern von ſeiner Ankunft und ſeinem Predigen geweſen. §. 2. Selbiges Jahrs, ſo nach Chriſti Geburt das tauſend zwey hundert und vier und zwanzigſte war, ſandte der Hochwuͤrdige Biſchof von Riga ſeinen Prieſter Mo- ritz an den Roͤmiſchen Hof, um einen Geſandten des Roͤmiſchen Stuhls nach Liefland ſich auszubitten. Der Pabſt Honorius der dritte, der damals nicht zu Rom, ſondern zu Bari b⁾ ſeine Hofſtadt hatte, gab auch ſeine Einwil- ligung dazu. Er ſchickte alſo den Hochwuͤrdigen Biſchof von Modena, Wil- helmen c⁾ , ſeines Palaſts Kanzler, mit demſelben Prieſter nach Liefland; der kam mit ſeiner Bedienung, mit Pilgern und mit ſeiner ganzen Reiſegeſelſchaft auf der Duͤne an. Die Rigiſchen zogen ihnen entgegen, nahmen ſie wohl auf, und holten ſie mit groſſer Freude und Staat in die Stadt ein. Er bezeugte ſeine Freude mit, und lobte JEſum Chriſtum, Mariaͤ Sohn, daß er den ſo herrlich gepflanzten Weinberg GOttes und die mit dem Blut ſo vieler Glaͤubigen bewaͤſſerte Kirche ſo groß und anſehnlich erweitert fand, daß ſie mit ihren Reben auf zehn Tagereiſen bis nach Reval ſich ausbreitete und erſtreckte, oder den andern Weg nach Plescekowe, oder auch laͤngſt der Duͤne bis Ger- ceke gleichfals ſo viel Tagereiſen ausmachte, anbey ſchon fuͤnf beſondere Bisthuͤ- mer d⁾ mit ihren Biſchoͤfen hatte. Er ſchickte auch gleich ſeine Botſchafter an den Roͤmiſchen Hof, und uͤberſchrieb dem Roͤmiſchen Pabſt die wahren Umſtaͤnde davon. b⁾ Das iſt ſo zu verſtehen, daß die Abſendung dieſes Moritz ins Jahr 1223, und die Ankunft des Geſandten nach Liefland ins Jahr 1224 faͤlt. Denn da Moritz den Pabſt nicht zu Rom, ſondern zu Bari angetroffen; ſo muß er wol das Jahr zuvor dahin gekommen ſeyn, als der Pabſt Honorius der III in Campanien auf der Soldaten Verſamlung (militari concilio) zugegen war: von dem Raynald beym Jahre 1223 n. 1. c⁾ Von dieſes Wilhelms von Savoyen, erſt Modeneſiſchen, hernach Sabiniſchen Biſchofs und der heiligen Roͤmiſchen Kirchen Cardinals, der zuletzt 1251 zu Lion mit Tode abgegangen, handelt mit mehrerm Vghelli Ital. ſacr. tom. 1 p. 172 unter den Sabiniſchen Biſchoͤfen, und tom. 2 p. 120 unter den Modeneſiſchen, wie auch Alphonſus Ciacon. Geſt. Pontif. & Cardin. tom. 1 p. 568 und deſſen Ausleger Ol- doinus tom. 2 p. 116. Aus welchen ſo wol als aus des Baronius Fortſetzern, dem Spondanus, Bzovius und Raynalden bekant, daß er nicht nur nach Liefland und Preußen, ſondern auch im uͤbrigen Norden mehrere Geſandſchaften fuͤr den apoſtoliſchen Stuhl verrichtet, unter denen dieſes die erſte geweſen. Das Antragungs- ſchreiben des Pabſts Honorius des III, liefern wir im Anhang der Urkunden. Wir wollen doch das Zeugniß des Albericus hier beyfuͤgen, der von dem Fleiße und Eifer „dieſes Mannes alſo ſchreibet beym Jahre 1228. „Jn Preußen, welches uͤber Polen „und uͤber Pommern lieget, hat der Biſchof von Modena, Wilhelm, als vom „Pabſt dahin abgefertigter Geſandte, durch ſeinen Verſtand und ſeine Weisheit, „(nicht mit Gewehr und Waffen,) viele Heiden zum Glauben gezogen, und ihre „Sprache groſſen Theils erlernet. Ueberdem hat er die Anfangsgruͤnde der Sprach- „kunſt, nemlich den Donat, mit recht vieler Muͤhe in dieſe fremde Sprache uͤberſetzet. „Es waren aber dieſes Jahr in dieſen Gegenden nur 5 heidniſche Provinzen zu erobern „die, davon wir handeln, nemlich Preuſſen und Curland, Lettland, Withland „(vielleicht Wierland) und Sambiter, (vielleicht Sambland). Franciſcus Auguſti- nus

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/234>, abgerufen am 27.11.2024.