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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des ersten Bischof Meinhards,
1186bezeuget, daß die Kriegesmacht des andern Bischofs in Liefland, Bertolds, zu Lü-
bek
angeworben worden, und von da nach Liefland gesegelt sey; so mag ich dem nicht
widersprechen, was Cranzen beliebet Vandal. l. 6. c. 10. daß auch Meinhard von
Lübek abgefahren, als er nach Liefland geschiffet; obgleich das deutliche Zeugniß un-
sers Auctors im Wege stehet, daß dem Bangert wegen des Liefländischen Hafens
nicht beypflichten kan, als ob die Lübeckischen Kaufleute ihn zu erst und vor allen an-
dern befahren haben solten.
§. 3.

Wie nun obbemeldter Priester von dem König Woldemar von Plosce-
ke
e), dem die annoch heidnischen Liefländer zinsbar waren, Erlaubniß und
Geschenke dazu erhalten: so grif er das Werk GOttes beherzt an, predigte den
Liefländern, und bauete eine Kirche in dem Dorfe Ykeskola f).

e) Die Liven, die an der Duna wohnen, hatten gegen Westen, oberhalb den Semgal-
len,
die Samogeten zu Nachbaren, welche Kadlubko hist. Polon. l. 4. c. 19. schlecht-
weg Geten nennet; gegen Mittag die Litthauer, welche unser Auctor oft Lettones
benamet, und sie von den Lettis, die Einwohner Lieflands waren, unterscheidet; ge-
gen Morgen aber die Pleskovischen Russen; die auch damals schon dem Christli-
chen
Glauben und den Gebräuchen der griechischen Kirche zugethan waren. Die er-
ste Erwehnung dieses Volks komt beym Ptolemäus vor l. 2. c. 11. da er die Guten
und Levonen unter die Einwohner Scandiens zählet. Siehe Ortelii Nomenclat.
Ptolemaic. p.
15. Olaus Hermelin, der anfänglich auf der Akademie in Dörpt,
hernach bey Hofe und im Felde in den wichtigsten Bedienungen gestanden, hat versucht,
den Ursprung und die Geschichte dieser Nation in einer akademischen Abhandlung von
dem Ursprung der Liven zu untersuchen. Dieser Woldemarus, welchen unser
Verfasser König von Plosceke nennet, heist bey den Russen Wlodomir, und hat
nicht über die von Pleskaw, sondern über die von Polocz an der Düne geherschet,
(Siehe bey dem Jahr 1211 n. 2.) welche heutiges Tages das Litthauische Palatinat
ausmachen, so ehemals unter den Russen gestanden, auch noch jetzo von Russen
bewohnet wird. Demnach haben die Dänischen Geschichtschreiber Unrecht, denen
Ioh. Isaac Pontanus rer. Dan. lib. 6. p. 290. gefolget ist, wenn er schreibet: Walde-
marus
I. König in Dännemark, habe Liefland zu der Zeit besessen, und Mein-
hard
habe auf dessen Vergünstigung bey dem Ufer des Rubo (der Düne) eine Kapelle
erbauet, auch schon damals angefangen den Samen des göttlichen Worts auszustreuen.
Daß dieses aber auf den Rußischen König Wlodomir müsse gedeutet werden, lehret
unser Chronikschreiber, und Pontanus hätte sich nur dürfen von Arnold. Lubec.
lib. 7. c. 9. n.
10. belehren lassen. Es ist wenig bekant, ob die Liefländer vermöge
eines Vergleichs, oder kraft des Unterwerfungsgesetzes den Russen Tribut entrichtet.
So viel erhellet aus unserm Auctor, und Arnold leugnet es auch nicht an angeführ-
tem Orte, daß die Christlichen Liven durch Weigerung dieses Tributs manchmal die
Russen gegen sich in Harnisch gebracht. Meinhard ist bescheiden. Er will mit den
Liven nichts zu thun haben ohne Erlaubniß des Oberherrn. Denn wir lesen nirgends,
daß die Liven einen gewissen Fürsten oder ein Oberhaupt aus ihrer Nation gehabt hät-
ten. Die Aermern musten den Reichern Gehorsam leisten, die unser Auctor die Aelte-
sten (Seniores et Maiores natu) tituliret, niemals Edle, Fürsten oder Könige:
weil ihre Muttersprache kein dergleichen Ehrenwort hat, und sie das Wort Känings und
Kunninges aus der deutschen Sprache entlehnet haben.
f) Ykeskola, heutiges Tages Uxkul, ist ein Schloß an der Düne, oberhalb Riga und
Kirchholm, worin Meinhard nicht nur eine Kirche erbauet, sondern auch eine
Geselschaft von Augustinermönchen errichtet, welche gleichsam ein Capitul vorstellen
solten, wenn er selbst zum Bischof würde gemacht seyn. Jn diesem Orte ist erst Mein-
hard,
und nachher Bertold beerdiget. Der darauf folgende dritte Bischof Albert
hat dieses Capitul nach Riga verlegt, das er erbauet, und den bischöflichen Sitz da-
selbst bevestiget, welcher vorher zu Ykeskola gewesen. Siehe beym Jahr 1201 n. 3. 4.
Daher werden alle Liefländische Schriftsteller widerleget, welche melden, die erste
Kirche sey zu Kirchholm, oder in Dalen, oder wie Pontanus l. c. setzet, an dem
Orte, wo nun Riga stehet, auferbauet worden.
§. 4.
Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,
1186bezeuget, daß die Kriegesmacht des andern Biſchofs in Liefland, Bertolds, zu Luͤ-
bek
angeworben worden, und von da nach Liefland geſegelt ſey; ſo mag ich dem nicht
widerſprechen, was Cranzen beliebet Vandal. l. 6. c. 10. daß auch Meinhard von
Luͤbek abgefahren, als er nach Liefland geſchiffet; obgleich das deutliche Zeugniß un-
ſers Auctors im Wege ſtehet, daß dem Bangert wegen des Lieflaͤndiſchen Hafens
nicht beypflichten kan, als ob die Luͤbeckiſchen Kaufleute ihn zu erſt und vor allen an-
dern befahren haben ſolten.
§. 3.

Wie nun obbemeldter Prieſter von dem Koͤnig Woldemar von Ploſce-
ke
e), dem die annoch heidniſchen Lieflaͤnder zinsbar waren, Erlaubniß und
Geſchenke dazu erhalten: ſo grif er das Werk GOttes beherzt an, predigte den
Lieflaͤndern, und bauete eine Kirche in dem Dorfe Ykeskola f).

e) Die Liven, die an der Duna wohnen, hatten gegen Weſten, oberhalb den Semgal-
len,
die Samogeten zu Nachbaren, welche Kadlubko hiſt. Polon. l. 4. c. 19. ſchlecht-
weg Geten nennet; gegen Mittag die Litthauer, welche unſer Auctor oft Lettones
benamet, und ſie von den Lettis, die Einwohner Lieflands waren, unterſcheidet; ge-
gen Morgen aber die Pleskoviſchen Ruſſen; die auch damals ſchon dem Chriſtli-
chen
Glauben und den Gebraͤuchen der griechiſchen Kirche zugethan waren. Die er-
ſte Erwehnung dieſes Volks komt beym Ptolemaͤus vor l. 2. c. 11. da er die Guten
und Levonen unter die Einwohner Scandiens zaͤhlet. Siehe Ortelii Nomenclat.
Ptolemaic. p.
15. Olaus Hermelin, der anfaͤnglich auf der Akademie in Doͤrpt,
hernach bey Hofe und im Felde in den wichtigſten Bedienungen geſtanden, hat verſucht,
den Urſprung und die Geſchichte dieſer Nation in einer akademiſchen Abhandlung von
dem Urſprung der Liven zu unterſuchen. Dieſer Woldemarus, welchen unſer
Verfaſſer Koͤnig von Ploſceke nennet, heiſt bey den Ruſſen Wlodomir, und hat
nicht uͤber die von Pleskaw, ſondern uͤber die von Polocz an der Duͤne geherſchet,
(Siehe bey dem Jahr 1211 n. 2.) welche heutiges Tages das Litthauiſche Palatinat
ausmachen, ſo ehemals unter den Ruſſen geſtanden, auch noch jetzo von Ruſſen
bewohnet wird. Demnach haben die Daͤniſchen Geſchichtſchreiber Unrecht, denen
Ioh. Iſaac Pontanus rer. Dan. lib. 6. p. 290. gefolget iſt, wenn er ſchreibet: Walde-
marus
I. Koͤnig in Daͤnnemark, habe Liefland zu der Zeit beſeſſen, und Mein-
hard
habe auf deſſen Verguͤnſtigung bey dem Ufer des Rubo (der Duͤne) eine Kapelle
erbauet, auch ſchon damals angefangen den Samen des goͤttlichen Worts auszuſtreuen.
Daß dieſes aber auf den Rußiſchen Koͤnig Wlodomir muͤſſe gedeutet werden, lehret
unſer Chronikſchreiber, und Pontanus haͤtte ſich nur duͤrfen von Arnold. Lubec.
lib. 7. c. 9. n.
10. belehren laſſen. Es iſt wenig bekant, ob die Lieflaͤnder vermoͤge
eines Vergleichs, oder kraft des Unterwerfungsgeſetzes den Ruſſen Tribut entrichtet.
So viel erhellet aus unſerm Auctor, und Arnold leugnet es auch nicht an angefuͤhr-
tem Orte, daß die Chriſtlichen Liven durch Weigerung dieſes Tributs manchmal die
Ruſſen gegen ſich in Harniſch gebracht. Meinhard iſt beſcheiden. Er will mit den
Liven nichts zu thun haben ohne Erlaubniß des Oberherrn. Denn wir leſen nirgends,
daß die Liven einen gewiſſen Fuͤrſten oder ein Oberhaupt aus ihrer Nation gehabt haͤt-
ten. Die Aermern muſten den Reichern Gehorſam leiſten, die unſer Auctor die Aelte-
ſten (Seniores et Maiores natu) tituliret, niemals Edle, Fuͤrſten oder Koͤnige:
weil ihre Mutterſprache kein dergleichen Ehrenwort hat, und ſie das Wort Kaͤnings und
Kunninges aus der deutſchen Sprache entlehnet haben.
f) Ykeskola, heutiges Tages Uxkul, iſt ein Schloß an der Duͤne, oberhalb Riga und
Kirchholm, worin Meinhard nicht nur eine Kirche erbauet, ſondern auch eine
Geſelſchaft von Auguſtinermoͤnchen errichtet, welche gleichſam ein Capitul vorſtellen
ſolten, wenn er ſelbſt zum Biſchof wuͤrde gemacht ſeyn. Jn dieſem Orte iſt erſt Mein-
hard,
und nachher Bertold beerdiget. Der darauf folgende dritte Biſchof Albert
hat dieſes Capitul nach Riga verlegt, das er erbauet, und den biſchoͤflichen Sitz da-
ſelbſt beveſtiget, welcher vorher zu Ykeskola geweſen. Siehe beym Jahr 1201 n. 3. 4.
Daher werden alle Lieflaͤndiſche Schriftſteller widerleget, welche melden, die erſte
Kirche ſey zu Kirchholm, oder in Dalen, oder wie Pontanus l. c. ſetzet, an dem
Orte, wo nun Riga ſtehet, auferbauet worden.
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/38>, abgerufen am 21.11.2024.