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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Bisch. Albert. zur Zeit der Regierung des Vinno.
ten von der Entdeckung dieses Landes geschöpfet. Es scheinet, daß er zu leichtgläubig1208
gewesen, (denn zu eigenen Erdichtungen war er zu aufrichtig,) und ohne genugsame Prü-
fung sich etwas zu weit in den Gebrauch der bremischen Scribenten eingelassen, die
ihrem Vortrag durch genaue, sonst aber bey jeder Landeserfindung sehr gewöhnliche Um-
stände eine Farbe zu geben gewust. Seine Erzehlung läuft ohngefehr auf folgendes
hinaus: Jm Jahr 1148 wolten die Bremer nach Wisby segeln, wurden aber durch
einen Sturm aus Nordwest nach Curland verschlagen, von da ihnen eine Fischer-
schüte den Weg nach der Düne zeigte. Als die Wilden sich über ein vorher nie gesehe-
nes Schif sehr verwunderten, setzten die Deutschen zwey ledige Tonnen, mit Brod und
andern Eswaren und Naschwerk bedecket, ans Ufer, und bewirtheten die Heiden so wohl,
daß diese ihre besten Waaren herbey brachten, wofür sie von den Deutschen unter-
schiedliche Verehrungen erhielten. Hier beschreibet Neustädt den ganzen Bauerkram,
als er ob dabey gewesen, und bezeichnet uns fast die Minen, mit welchen die Liven den
Bremern das deutsche Geld zurück gegeben, weil sie es nicht gekant, und lieber aus-
ländische Waaren zu tauschen begehret. Den Tag drauf komt ein armer Betler, wel-
cher den Kaufleuten für ein Messer, ein Hutband und ein paar Stecknadeln, etliche Ey-
er hinleget, bey vermerktem ungleichen Tausch aber zwey Grauwerksohren mit kleinen
silbernen Stiften bestreuet aus dem Busen ziehet, welche die Deutschen begierig an-
nemen, um die Münze der Liven kennen zu lernen. Diese silbernen Buckeln, sagt Neu-
städt,
hätten die Liven Nagat, die Deutschen aber, von den Ohren eines Eichhörn-
gens, ein Oer geheissen. Damit nun diese Kaufleute die Sprache der Liven lernen
möchten, so körnten sie einen jungen Menschen täglich mit Zucker, Feigen und Rosinen,
brachten auch dessen Eltern dahin, daß sie ihr Kind von 15 Jahren mit nach Bremen
reisen, daselbst taufen und die deutsche Sprache lernen liessen. Anno 1149 führten die
Bremen diesen jungen Liven, als nunmehrigen Dolmetscher, mit nach Liefland. Un-
ter andern Handwerkern befand sich auch ein Goldschmidt auf dem Schiffe, über wel-
chen sich die Heiden am meisten verwunderten. Hier weis Neustädt die Schifsla-
dung wieder aufs umständlichste. Die Christen tractirten vor ihrer zweiten Abreise
noch 30 Liven, schrieben ihre Namen auf, schlossen Vergleiche, und namen viere von
diesen Leuten mit nach Deutschland. Der bremische Erzbischof schickte endlich 1150
auf Philippi Jacobi den Priester Meinhard, samt seinem Chorschüler, Johann
Hartmann,
und einem Küster, Thomas Steger dahin, welche am 24sten May
auf der Düne glücklich ankamen. Jm Junius brachten noch 2 andere Schiffe einen
Glaser und Schmidt, mit Weib, Kind und Gesellen mit, die viele Kessel bey sich
hatten etc.
So umständlich auch dieser Bericht des Herrn Bürgermeister Neustädts gera-
then, so gehet doch die Erdichtung des Dionys. Fabricius*) noch weiter. Dieser
Schrift-
hatte, bis ins Jahr 1604. Wir haben auch von ihm geschriebene Anmerkungen über D. Lau-
rent. Müllers
septentrionalische Historien, so zum erstenmal in Fol. hernach in 4 gedruckt, und
auch ins Schwedische übersetzt worden. Neustädt beschuldiget Müllern der Unwarheit, wenn
er, Fol. 6, Pitschur eine Meile von Pleskow entfernt, da es wol 8 Meilen davon liegt; wenn
er Fol. 13 alle Thürme zu Pleskow überguldet, Fol. 14 dem Herzog Magnus die Erbauung
des Schlosses Neuenbaus zuschreibt; Fol. 15 die Stadt Riga der vergebenen Freiheit beschul-
diget. Fol. 18 macht Neustädt die berufene Erzehlung von der Freiheit der Bauren, welche sie
durch den poinischen König Stephan empfangen solten und nicht wolten, zur Fabel, welche
Erzehlung dennoch in die Schriften der gelehrtesten Männer eingeschlichen, und verwirft endlich auf
demselben Blat die Beschreibung der ganzen undeutschen Nation. Auch Henning S. 156 über-
führet Müllern einer Unrichtigkeit, wenn dieser nach den Stiftshändeln in Pilten dem Herzog
Kettler vorwirft, der Herzog habe durch seine Abschickung die Sequestration des Stifts Pilten
gesucht oder begehret.
*) Dionysius Fabricius, ein catholischer Geistlicher, schrieb in lateinischer Sprache ein so betiteltes
Compendium historiae von Liefland, so noch hie und da in Abschriften verwahret worden,
und gehet bis aufs Jahr 1610. Etwas davon ist verdeutscht und an Laur. Müllers septentrio-
nalische Historien als ein Supplement angehängt worden. Es enthält nichts besonders, als ei-
nige seltsame Wunderwerke, z. E. daß man durch geweihetes Salz und Weihwasser Kranke ge-
sund gemacht. Unsre Bauren macht er zu erschrecklichen Hexenmeistern, welche durch ihre Zau-
berey mitten im Sommer Eis und Schnee hervorbringen, und das junge Rockengras mit den
Spitzen so zur Erde drehen können, daß es wie verworrene Haare gewachsen. Hiärne hat die-
sen Schriftsteller im Anfang seiner Historie fast von Wort zu Wort übersetzt, weil er die Sitten
des Landvolks am natürlichsten zu schildern gewust. Daß es in dem alten Liefland Hexen die
Menge gegeben, wird ausser andern, durch zwey unverwerfliche Zeugen bestätiget. Der Supe-
rintendent Hr. Mag. Hermann Samsonius ließ 1626 bey Gerhard Schrödern in Riga 9
auserlesene und wohlgegründete Hexenpredigten drucken, so er in der Domkirche zu Riga gehal-
ten, darinne der terminus Magiae nach den logicalischen Terminis richtig und kürzlich aus GOt-
tes Wort erkläret wird. Der Pastor zu Riga, Hr. Rötger Becker, gab eben daselbst 1644
sein
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Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Vinno.
ten von der Entdeckung dieſes Landes geſchoͤpfet. Es ſcheinet, daß er zu leichtglaͤubig1208
geweſen, (denn zu eigenen Erdichtungen war er zu aufrichtig,) und ohne genugſame Pruͤ-
fung ſich etwas zu weit in den Gebrauch der bremiſchen Scribenten eingelaſſen, die
ihrem Vortrag durch genaue, ſonſt aber bey jeder Landeserfindung ſehr gewoͤhnliche Um-
ſtaͤnde eine Farbe zu geben gewuſt. Seine Erzehlung laͤuft ohngefehr auf folgendes
hinaus: Jm Jahr 1148 wolten die Bremer nach Wisby ſegeln, wurden aber durch
einen Sturm aus Nordweſt nach Curland verſchlagen, von da ihnen eine Fiſcher-
ſchuͤte den Weg nach der Duͤne zeigte. Als die Wilden ſich uͤber ein vorher nie geſehe-
nes Schif ſehr verwunderten, ſetzten die Deutſchen zwey ledige Tonnen, mit Brod und
andern Eswaren und Naſchwerk bedecket, ans Ufer, und bewirtheten die Heiden ſo wohl,
daß dieſe ihre beſten Waaren herbey brachten, wofuͤr ſie von den Deutſchen unter-
ſchiedliche Verehrungen erhielten. Hier beſchreibet Neuſtaͤdt den ganzen Bauerkram,
als er ob dabey geweſen, und bezeichnet uns faſt die Minen, mit welchen die Liven den
Bremern das deutſche Geld zuruͤck gegeben, weil ſie es nicht gekant, und lieber aus-
laͤndiſche Waaren zu tauſchen begehret. Den Tag drauf komt ein armer Betler, wel-
cher den Kaufleuten fuͤr ein Meſſer, ein Hutband und ein paar Stecknadeln, etliche Ey-
er hinleget, bey vermerktem ungleichen Tauſch aber zwey Grauwerksohren mit kleinen
ſilbernen Stiften beſtreuet aus dem Buſen ziehet, welche die Deutſchen begierig an-
nemen, um die Muͤnze der Liven kennen zu lernen. Dieſe ſilbernen Buckeln, ſagt Neu-
ſtaͤdt,
haͤtten die Liven Nagat, die Deutſchen aber, von den Ohren eines Eichhoͤrn-
gens, ein Oer geheiſſen. Damit nun dieſe Kaufleute die Sprache der Liven lernen
moͤchten, ſo koͤrnten ſie einen jungen Menſchen taͤglich mit Zucker, Feigen und Roſinen,
brachten auch deſſen Eltern dahin, daß ſie ihr Kind von 15 Jahren mit nach Bremen
reiſen, daſelbſt taufen und die deutſche Sprache lernen lieſſen. Anno 1149 fuͤhrten die
Bremen dieſen jungen Liven, als nunmehrigen Dolmetſcher, mit nach Liefland. Un-
ter andern Handwerkern befand ſich auch ein Goldſchmidt auf dem Schiffe, uͤber wel-
chen ſich die Heiden am meiſten verwunderten. Hier weis Neuſtaͤdt die Schifsla-
dung wieder aufs umſtaͤndlichſte. Die Chriſten tractirten vor ihrer zweiten Abreiſe
noch 30 Liven, ſchrieben ihre Namen auf, ſchloſſen Vergleiche, und namen viere von
dieſen Leuten mit nach Deutſchland. Der bremiſche Erzbiſchof ſchickte endlich 1150
auf Philippi Jacobi den Prieſter Meinhard, ſamt ſeinem Chorſchuͤler, Johann
Hartmann,
und einem Kuͤſter, Thomas Steger dahin, welche am 24ſten May
auf der Duͤne gluͤcklich ankamen. Jm Junius brachten noch 2 andere Schiffe einen
Glaſer und Schmidt, mit Weib, Kind und Geſellen mit, die viele Keſſel bey ſich
hatten ꝛc.
So umſtaͤndlich auch dieſer Bericht des Herrn Buͤrgermeiſter Neuſtaͤdts gera-
then, ſo gehet doch die Erdichtung des Dionyſ. Fabricius*) noch weiter. Dieſer
Schrift-
hatte, bis ins Jahr 1604. Wir haben auch von ihm geſchriebene Anmerkungen uͤber D. Lau-
rent. Muͤllers
ſeptentrionaliſche Hiſtorien, ſo zum erſtenmal in Fol. hernach in 4 gedruckt, und
auch ins Schwediſche uͤberſetzt worden. Neuſtaͤdt beſchuldiget Muͤllern der Unwarheit, wenn
er, Fol. 6, Pitſchur eine Meile von Pleskow entfernt, da es wol 8 Meilen davon liegt; wenn
er Fol. 13 alle Thuͤrme zu Pleskow uͤberguldet, Fol. 14 dem Herzog Magnus die Erbauung
des Schloſſes Neuenbaus zuſchreibt; Fol. 15 die Stadt Riga der vergebenen Freiheit beſchul-
diget. Fol. 18 macht Neuſtaͤdt die berufene Erzehlung von der Freiheit der Bauren, welche ſie
durch den poiniſchen Koͤnig Stephan empfangen ſolten und nicht wolten, zur Fabel, welche
Erzehlung dennoch in die Schriften der gelehrteſten Maͤnner eingeſchlichen, und verwirft endlich auf
demſelben Blat die Beſchreibung der ganzen undeutſchen Nation. Auch Henning S. 156 uͤber-
fuͤhret Muͤllern einer Unrichtigkeit, wenn dieſer nach den Stiftshaͤndeln in Pilten dem Herzog
Kettler vorwirft, der Herzog habe durch ſeine Abſchickung die Sequeſtration des Stifts Pilten
geſucht oder begehret.
*) Dionyſius Fabricius, ein catholiſcher Geiſtlicher, ſchrieb in lateiniſcher Sprache ein ſo betiteltes
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und gehet bis aufs Jahr 1610. Etwas davon iſt verdeutſcht und an Laur. Muͤllers ſeptentrio-
naliſche Hiſtorien als ein Supplement angehaͤngt worden. Es enthaͤlt nichts beſonders, als ei-
nige ſeltſame Wunderwerke, z. E. daß man durch geweihetes Salz und Weihwaſſer Kranke ge-
ſund gemacht. Unſre Bauren macht er zu erſchrecklichen Hexenmeiſtern, welche durch ihre Zau-
berey mitten im Sommer Eis und Schnee hervorbringen, und das junge Rockengras mit den
Spitzen ſo zur Erde drehen koͤnnen, daß es wie verworrene Haare gewachſen. Hiaͤrne hat die-
ſen Schriftſteller im Anfang ſeiner Hiſtorie faſt von Wort zu Wort uͤberſetzt, weil er die Sitten
des Landvolks am natuͤrlichſten zu ſchildern gewuſt. Daß es in dem alten Liefland Hexen die
Menge gegeben, wird auſſer andern, durch zwey unverwerfliche Zeugen beſtaͤtiget. Der Supe-
rintendent Hr. Mag. Hermann Samſonius ließ 1626 bey Gerhard Schroͤdern in Riga 9
auserleſene und wohlgegruͤndete Hexenpredigten drucken, ſo er in der Domkirche zu Riga gehal-
ten, darinne der terminus Magiae nach den logicaliſchen Terminis richtig und kuͤrzlich aus GOt-
tes Wort erklaͤret wird. Der Paſtor zu Riga, Hr. Roͤtger Becker, gab eben daſelbſt 1644
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[3/0021] Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Vinno. a) ***) a) ten von der Entdeckung dieſes Landes geſchoͤpfet. Es ſcheinet, daß er zu leichtglaͤubig geweſen, (denn zu eigenen Erdichtungen war er zu aufrichtig,) und ohne genugſame Pruͤ- fung ſich etwas zu weit in den Gebrauch der bremiſchen Scribenten eingelaſſen, die ihrem Vortrag durch genaue, ſonſt aber bey jeder Landeserfindung ſehr gewoͤhnliche Um- ſtaͤnde eine Farbe zu geben gewuſt. Seine Erzehlung laͤuft ohngefehr auf folgendes hinaus: Jm Jahr 1148 wolten die Bremer nach Wisby ſegeln, wurden aber durch einen Sturm aus Nordweſt nach Curland verſchlagen, von da ihnen eine Fiſcher- ſchuͤte den Weg nach der Duͤne zeigte. Als die Wilden ſich uͤber ein vorher nie geſehe- nes Schif ſehr verwunderten, ſetzten die Deutſchen zwey ledige Tonnen, mit Brod und andern Eswaren und Naſchwerk bedecket, ans Ufer, und bewirtheten die Heiden ſo wohl, daß dieſe ihre beſten Waaren herbey brachten, wofuͤr ſie von den Deutſchen unter- ſchiedliche Verehrungen erhielten. Hier beſchreibet Neuſtaͤdt den ganzen Bauerkram, als er ob dabey geweſen, und bezeichnet uns faſt die Minen, mit welchen die Liven den Bremern das deutſche Geld zuruͤck gegeben, weil ſie es nicht gekant, und lieber aus- laͤndiſche Waaren zu tauſchen begehret. Den Tag drauf komt ein armer Betler, wel- cher den Kaufleuten fuͤr ein Meſſer, ein Hutband und ein paar Stecknadeln, etliche Ey- er hinleget, bey vermerktem ungleichen Tauſch aber zwey Grauwerksohren mit kleinen ſilbernen Stiften beſtreuet aus dem Buſen ziehet, welche die Deutſchen begierig an- nemen, um die Muͤnze der Liven kennen zu lernen. Dieſe ſilbernen Buckeln, ſagt Neu- ſtaͤdt, haͤtten die Liven Nagat, die Deutſchen aber, von den Ohren eines Eichhoͤrn- gens, ein Oer geheiſſen. Damit nun dieſe Kaufleute die Sprache der Liven lernen moͤchten, ſo koͤrnten ſie einen jungen Menſchen taͤglich mit Zucker, Feigen und Roſinen, brachten auch deſſen Eltern dahin, daß ſie ihr Kind von 15 Jahren mit nach Bremen reiſen, daſelbſt taufen und die deutſche Sprache lernen lieſſen. Anno 1149 fuͤhrten die Bremen dieſen jungen Liven, als nunmehrigen Dolmetſcher, mit nach Liefland. Un- ter andern Handwerkern befand ſich auch ein Goldſchmidt auf dem Schiffe, uͤber wel- chen ſich die Heiden am meiſten verwunderten. Hier weis Neuſtaͤdt die Schifsla- dung wieder aufs umſtaͤndlichſte. Die Chriſten tractirten vor ihrer zweiten Abreiſe noch 30 Liven, ſchrieben ihre Namen auf, ſchloſſen Vergleiche, und namen viere von dieſen Leuten mit nach Deutſchland. Der bremiſche Erzbiſchof ſchickte endlich 1150 auf Philippi Jacobi den Prieſter Meinhard, ſamt ſeinem Chorſchuͤler, Johann Hartmann, und einem Kuͤſter, Thomas Steger dahin, welche am 24ſten May auf der Duͤne gluͤcklich ankamen. Jm Junius brachten noch 2 andere Schiffe einen Glaſer und Schmidt, mit Weib, Kind und Geſellen mit, die viele Keſſel bey ſich hatten ꝛc. So umſtaͤndlich auch dieſer Bericht des Herrn Buͤrgermeiſter Neuſtaͤdts gera- then, ſo gehet doch die Erdichtung des Dionyſ. Fabricius *) noch weiter. Dieſer Schrift- *) Dionyſius Fabricius, ein catholiſcher Geiſtlicher, ſchrieb in lateiniſcher Sprache ein ſo betiteltes Compendium hiſtoriae von Liefland, ſo noch hie und da in Abſchriften verwahret worden, und gehet bis aufs Jahr 1610. Etwas davon iſt verdeutſcht und an Laur. Muͤllers ſeptentrio- naliſche Hiſtorien als ein Supplement angehaͤngt worden. Es enthaͤlt nichts beſonders, als ei- nige ſeltſame Wunderwerke, z. E. daß man durch geweihetes Salz und Weihwaſſer Kranke ge- ſund gemacht. Unſre Bauren macht er zu erſchrecklichen Hexenmeiſtern, welche durch ihre Zau- berey mitten im Sommer Eis und Schnee hervorbringen, und das junge Rockengras mit den Spitzen ſo zur Erde drehen koͤnnen, daß es wie verworrene Haare gewachſen. Hiaͤrne hat die- ſen Schriftſteller im Anfang ſeiner Hiſtorie faſt von Wort zu Wort uͤberſetzt, weil er die Sitten des Landvolks am natuͤrlichſten zu ſchildern gewuſt. Daß es in dem alten Liefland Hexen die Menge gegeben, wird auſſer andern, durch zwey unverwerfliche Zeugen beſtaͤtiget. Der Supe- rintendent Hr. Mag. Hermann Samſonius ließ 1626 bey Gerhard Schroͤdern in Riga 9 auserleſene und wohlgegruͤndete Hexenpredigten drucken, ſo er in der Domkirche zu Riga gehal- ten, darinne der terminus Magiae nach den logicaliſchen Terminis richtig und kuͤrzlich aus GOt- tes Wort erklaͤret wird. Der Paſtor zu Riga, Hr. Roͤtger Becker, gab eben daſelbſt 1644 ſein ***) hatte, bis ins Jahr 1604. Wir haben auch von ihm geſchriebene Anmerkungen uͤber D. Lau- rent. Muͤllers ſeptentrionaliſche Hiſtorien, ſo zum erſtenmal in Fol. hernach in 4 gedruckt, und auch ins Schwediſche uͤberſetzt worden. Neuſtaͤdt beſchuldiget Muͤllern der Unwarheit, wenn er, Fol. 6, Pitſchur eine Meile von Pleskow entfernt, da es wol 8 Meilen davon liegt; wenn er Fol. 13 alle Thuͤrme zu Pleskow uͤberguldet, Fol. 14 dem Herzog Magnus die Erbauung des Schloſſes Neuenbaus zuſchreibt; Fol. 15 die Stadt Riga der vergebenen Freiheit beſchul- diget. Fol. 18 macht Neuſtaͤdt die berufene Erzehlung von der Freiheit der Bauren, welche ſie durch den poiniſchen Koͤnig Stephan empfangen ſolten und nicht wolten, zur Fabel, welche Erzehlung dennoch in die Schriften der gelehrteſten Maͤnner eingeſchlichen, und verwirft endlich auf demſelben Blat die Beſchreibung der ganzen undeutſchen Nation. Auch Henning S. 156 uͤber- fuͤhret Muͤllern einer Unrichtigkeit, wenn dieſer nach den Stiftshaͤndeln in Pilten dem Herzog Kettler vorwirft, der Herzog habe durch ſeine Abſchickung die Sequeſtration des Stifts Pilten geſucht oder begehret. A 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/21>, abgerufen am 24.11.2024.