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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1231als sie in den neuern Zeiten, wegen unterlassenen Abtrages des Bischofszehnden, sich
zu erklären hatte, dahingegen die Ritterschaft ihren Beweis nicht so klar führen
konte.

1232

Herzog Albert von Sachsen begnadigte die ganze Gemeine der rigischen
Kaufleute mit eben dem Recht und Freiheiten in seinen Ländern, welche sie zur Zeit
der Bischöfe Alberts und Wilhelms von Modena genossen; und sprach sie
auch von allen Ungeldern (Ungeldo), Zöllen und Strandgeldern frey. Alle vom
Schifbruch gerettete Güter sollen ihnen wieder ausgeliefert werden.

Die vom päpstlichen Gesandten zur Grenzeinrichtung der Stadt verordne-
ten Schiedsmänner, Dietrich von Berenwig, und Johann von Huren-
husen,
sprechen den neuen Anbauern in Riga gewisse Haken Landes zu, die sie
8 Jahr lang, ohne alle Abgaben, besitzen sollen. Nach deren Verlauf zahlen sie
für jeden Haken jährlich einen halben Ferding (dimidium Tertonem) und für ei-
nen halben Haken ein Loth, dagegen sie es ihren Kindern und Freunden erblich
übergeben, im Fal des Verkaufs aber weder an Pilger noch Klosterleute, son-
dern nur an Mitbürger ablassen können. Nicolaus bestätigte dieses zu Riga;
und steht Helenwick, ein Schiffer (nauta) als Zeuge beigeschrieben. Jn eben
dem Jahr zog der Bischof nach Wisby, weil die rigischen Bürger ohne Ein-
willigung derer zu Wisby keine Synodalzeugen wählen wolten, und versiegelte
daselbst in der Marienkirche am 6ten May mit den dasigen Bürgermeistern die
eingeholte Bewilligung, doch mit der Bedingung, daß der Stadt Riga im Sy-
nodalgerichte kein Nachtheil (nulla Vara) daraus zuwachsen solle.

1233

Der dörptische Bischof Herman, erbauete das Dominicanerkloster
Falkenaw an der Embach, damit die Brüder immer Fische haben könten.
Da dieses Kloster bey wenigem Einkommen viele Bäuche füllen muste, so schickten
die Mönche 2 aus ihrem Mittel an Se. päpstl. Heiligkeit, um bey derselben eine Ver-
günstigung auszuwürken, vermöge welcher ihnen der Bischof einen fettern Unterhalt
ausmachen solte. Diese erzehlten dem Papst, sie bekämen nichts anders als den ekeln
Jas, (ein weisser langer und niedlicher weicher Fisch, welcher häufig bey Dörpt
gefangen, und lieber gebraten als gesotten wird) und grobes Brod zu essen,
und Gerstenbier mit Wermuth zu trinken, zu geschweigen wie sie wöchentlich ih-
ren Leib casteyen müsten. Der Papst schickte einen Jtaliäner mit, der von
dieser strengen Lebensart warhaften Bericht einsenden solte. Man setzte diesem
einfältigen Klosterbesichtiger lauter gedörten Jas und Bier vor, in welches Bors,
ein bitteres Waldkraut, an stat des Hopfens geleget war, so dem auswertigem Ge-
schmack ziemlich fremd vorkam. Des Sonnabends führten sie den neuen Gast in
ihre Badstube, gossen zur Verstärkung der Hitze häufig Wasser auf die glühenden
Steine, nahmen grosse Quasten, gossen auch wol kalt Wasser zu, und peitsch-
ten auf den von Schweis gesamleten Unflat ganz unbarmherzig los. Wie bey
dieser Zucht die Reihe den zärtlichen Jtaliäner treffen solte, so lief er aus dem
Bade weg, und schrie: Proh Deum! austera nimis haec vere est vitae regula,
vix audita ab hominibus!
Mein GOtt! das ist eine unerhörte und unerträgliche
Disciplin! brachte es auch bey dem Papst so weit, daß das Kloster mit mehrern
Gütern versorget wurde u).

Nach Alberts von Stade Bericht, sol in diesem Jahr in Liefland eine so

grosse
tzet, nur daß sie sich keinen Priester, wie die auf Gothland, erwehlen durften, weil der
Bischof sich dieses Recht vorbehielt, nach der Urkunde des Legaten vom December 1225.
Sonst bauete dieser Bischof ein Kloster Bernhardinerordens in Riga, welches, wie
Fabricius klaget, zu seiner Zeit zu einem Speicher gemacht worden.
u) Wir haben diese poßirliche Erzehlung aus dem Fabricius, einem eisrigen Catholiken,
ausgeschrieben. Fabricius fügt hinzu, daß der Bischof Herman kurz darauf nach
Rom gezogen, bald wieder gekommen, 1245 vor Alter blind geworden, sodann Alex-
andern
zu seinem Nachfolger bestimmet, und im Kloster Falkenaw sein Leben be-
schlossen habe.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1231als ſie in den neuern Zeiten, wegen unterlaſſenen Abtrages des Biſchofszehnden, ſich
zu erklaͤren hatte, dahingegen die Ritterſchaft ihren Beweis nicht ſo klar fuͤhren
konte.

1232

Herzog Albert von Sachſen begnadigte die ganze Gemeine der rigiſchen
Kaufleute mit eben dem Recht und Freiheiten in ſeinen Laͤndern, welche ſie zur Zeit
der Biſchoͤfe Alberts und Wilhelms von Modena genoſſen; und ſprach ſie
auch von allen Ungeldern (Ungeldo), Zoͤllen und Strandgeldern frey. Alle vom
Schifbruch gerettete Guͤter ſollen ihnen wieder ausgeliefert werden.

Die vom paͤpſtlichen Geſandten zur Grenzeinrichtung der Stadt verordne-
ten Schiedsmaͤnner, Dietrich von Berenwig, und Johann von Huren-
huſen,
ſprechen den neuen Anbauern in Riga gewiſſe Haken Landes zu, die ſie
8 Jahr lang, ohne alle Abgaben, beſitzen ſollen. Nach deren Verlauf zahlen ſie
fuͤr jeden Haken jaͤhrlich einen halben Ferding (dimidium Tertonem) und fuͤr ei-
nen halben Haken ein Loth, dagegen ſie es ihren Kindern und Freunden erblich
uͤbergeben, im Fal des Verkaufs aber weder an Pilger noch Kloſterleute, ſon-
dern nur an Mitbuͤrger ablaſſen koͤnnen. Nicolaus beſtaͤtigte dieſes zu Riga;
und ſteht Helenwick, ein Schiffer (nauta) als Zeuge beigeſchrieben. Jn eben
dem Jahr zog der Biſchof nach Wisby, weil die rigiſchen Buͤrger ohne Ein-
willigung derer zu Wisby keine Synodalzeugen waͤhlen wolten, und verſiegelte
daſelbſt in der Marienkirche am 6ten May mit den daſigen Buͤrgermeiſtern die
eingeholte Bewilligung, doch mit der Bedingung, daß der Stadt Riga im Sy-
nodalgerichte kein Nachtheil (nulla Vara) daraus zuwachſen ſolle.

1233

Der doͤrptiſche Biſchof Herman, erbauete das Dominicanerkloſter
Falkenaw an der Embach, damit die Bruͤder immer Fiſche haben koͤnten.
Da dieſes Kloſter bey wenigem Einkommen viele Baͤuche fuͤllen muſte, ſo ſchickten
die Moͤnche 2 aus ihrem Mittel an Se. paͤpſtl. Heiligkeit, um bey derſelben eine Ver-
guͤnſtigung auszuwuͤrken, vermoͤge welcher ihnen der Biſchof einen fettern Unterhalt
ausmachen ſolte. Dieſe erzehlten dem Papſt, ſie bekaͤmen nichts anders als den ekeln
Jas, (ein weiſſer langer und niedlicher weicher Fiſch, welcher haͤufig bey Doͤrpt
gefangen, und lieber gebraten als geſotten wird) und grobes Brod zu eſſen,
und Gerſtenbier mit Wermuth zu trinken, zu geſchweigen wie ſie woͤchentlich ih-
ren Leib caſteyen muͤſten. Der Papſt ſchickte einen Jtaliaͤner mit, der von
dieſer ſtrengen Lebensart warhaften Bericht einſenden ſolte. Man ſetzte dieſem
einfaͤltigen Kloſterbeſichtiger lauter gedoͤrten Jas und Bier vor, in welches Bors,
ein bitteres Waldkraut, an ſtat des Hopfens geleget war, ſo dem auswertigem Ge-
ſchmack ziemlich fremd vorkam. Des Sonnabends fuͤhrten ſie den neuen Gaſt in
ihre Badſtube, goſſen zur Verſtaͤrkung der Hitze haͤufig Waſſer auf die gluͤhenden
Steine, nahmen groſſe Quaſten, goſſen auch wol kalt Waſſer zu, und peitſch-
ten auf den von Schweis geſamleten Unflat ganz unbarmherzig los. Wie bey
dieſer Zucht die Reihe den zaͤrtlichen Jtaliaͤner treffen ſolte, ſo lief er aus dem
Bade weg, und ſchrie: Proh Deum! auſtera nimis haec vere eſt vitae regula,
vix audita ab hominibus!
Mein GOtt! das iſt eine unerhoͤrte und unertraͤgliche
Diſciplin! brachte es auch bey dem Papſt ſo weit, daß das Kloſter mit mehrern
Guͤtern verſorget wurde u).

Nach Alberts von Stade Bericht, ſol in dieſem Jahr in Liefland eine ſo

groſſe
tzet, nur daß ſie ſich keinen Prieſter, wie die auf Gothland, erwehlen durften, weil der
Biſchof ſich dieſes Recht vorbehielt, nach der Urkunde des Legaten vom December 1225.
Sonſt bauete dieſer Biſchof ein Kloſter Bernhardinerordens in Riga, welches, wie
Fabricius klaget, zu ſeiner Zeit zu einem Speicher gemacht worden.
u) Wir haben dieſe poßirliche Erzehlung aus dem Fabricius, einem eiſrigen Catholiken,
ausgeſchrieben. Fabricius fuͤgt hinzu, daß der Biſchof Herman kurz darauf nach
Rom gezogen, bald wieder gekommen, 1245 vor Alter blind geworden, ſodann Alex-
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[34/0052] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, als ſie in den neuern Zeiten, wegen unterlaſſenen Abtrages des Biſchofszehnden, ſich zu erklaͤren hatte, dahingegen die Ritterſchaft ihren Beweis nicht ſo klar fuͤhren konte. 1231 Herzog Albert von Sachſen begnadigte die ganze Gemeine der rigiſchen Kaufleute mit eben dem Recht und Freiheiten in ſeinen Laͤndern, welche ſie zur Zeit der Biſchoͤfe Alberts und Wilhelms von Modena genoſſen; und ſprach ſie auch von allen Ungeldern (Ungeldo), Zoͤllen und Strandgeldern frey. Alle vom Schifbruch gerettete Guͤter ſollen ihnen wieder ausgeliefert werden. Die vom paͤpſtlichen Geſandten zur Grenzeinrichtung der Stadt verordne- ten Schiedsmaͤnner, Dietrich von Berenwig, und Johann von Huren- huſen, ſprechen den neuen Anbauern in Riga gewiſſe Haken Landes zu, die ſie 8 Jahr lang, ohne alle Abgaben, beſitzen ſollen. Nach deren Verlauf zahlen ſie fuͤr jeden Haken jaͤhrlich einen halben Ferding (dimidium Tertonem) und fuͤr ei- nen halben Haken ein Loth, dagegen ſie es ihren Kindern und Freunden erblich uͤbergeben, im Fal des Verkaufs aber weder an Pilger noch Kloſterleute, ſon- dern nur an Mitbuͤrger ablaſſen koͤnnen. Nicolaus beſtaͤtigte dieſes zu Riga; und ſteht Helenwick, ein Schiffer (nauta) als Zeuge beigeſchrieben. Jn eben dem Jahr zog der Biſchof nach Wisby, weil die rigiſchen Buͤrger ohne Ein- willigung derer zu Wisby keine Synodalzeugen waͤhlen wolten, und verſiegelte daſelbſt in der Marienkirche am 6ten May mit den daſigen Buͤrgermeiſtern die eingeholte Bewilligung, doch mit der Bedingung, daß der Stadt Riga im Sy- nodalgerichte kein Nachtheil (nulla Vara) daraus zuwachſen ſolle. Der doͤrptiſche Biſchof Herman, erbauete das Dominicanerkloſter Falkenaw an der Embach, damit die Bruͤder immer Fiſche haben koͤnten. Da dieſes Kloſter bey wenigem Einkommen viele Baͤuche fuͤllen muſte, ſo ſchickten die Moͤnche 2 aus ihrem Mittel an Se. paͤpſtl. Heiligkeit, um bey derſelben eine Ver- guͤnſtigung auszuwuͤrken, vermoͤge welcher ihnen der Biſchof einen fettern Unterhalt ausmachen ſolte. Dieſe erzehlten dem Papſt, ſie bekaͤmen nichts anders als den ekeln Jas, (ein weiſſer langer und niedlicher weicher Fiſch, welcher haͤufig bey Doͤrpt gefangen, und lieber gebraten als geſotten wird) und grobes Brod zu eſſen, und Gerſtenbier mit Wermuth zu trinken, zu geſchweigen wie ſie woͤchentlich ih- ren Leib caſteyen muͤſten. Der Papſt ſchickte einen Jtaliaͤner mit, der von dieſer ſtrengen Lebensart warhaften Bericht einſenden ſolte. Man ſetzte dieſem einfaͤltigen Kloſterbeſichtiger lauter gedoͤrten Jas und Bier vor, in welches Bors, ein bitteres Waldkraut, an ſtat des Hopfens geleget war, ſo dem auswertigem Ge- ſchmack ziemlich fremd vorkam. Des Sonnabends fuͤhrten ſie den neuen Gaſt in ihre Badſtube, goſſen zur Verſtaͤrkung der Hitze haͤufig Waſſer auf die gluͤhenden Steine, nahmen groſſe Quaſten, goſſen auch wol kalt Waſſer zu, und peitſch- ten auf den von Schweis geſamleten Unflat ganz unbarmherzig los. Wie bey dieſer Zucht die Reihe den zaͤrtlichen Jtaliaͤner treffen ſolte, ſo lief er aus dem Bade weg, und ſchrie: Proh Deum! auſtera nimis haec vere eſt vitae regula, vix audita ab hominibus! Mein GOtt! das iſt eine unerhoͤrte und unertraͤgliche Diſciplin! brachte es auch bey dem Papſt ſo weit, daß das Kloſter mit mehrern Guͤtern verſorget wurde u). Nach Alberts von Stade Bericht, ſol in dieſem Jahr in Liefland eine ſo groſſe t) u) Wir haben dieſe poßirliche Erzehlung aus dem Fabricius, einem eiſrigen Catholiken, ausgeſchrieben. Fabricius fuͤgt hinzu, daß der Biſchof Herman kurz darauf nach Rom gezogen, bald wieder gekommen, 1245 vor Alter blind geworden, ſodann Alex- andern zu ſeinem Nachfolger beſtimmet, und im Kloſter Falkenaw ſein Leben be- ſchloſſen habe. t) tzet, nur daß ſie ſich keinen Prieſter, wie die auf Gothland, erwehlen durften, weil der Biſchof ſich dieſes Recht vorbehielt, nach der Urkunde des Legaten vom December 1225. Sonſt bauete dieſer Biſchof ein Kloſter Bernhardinerordens in Riga, welches, wie Fabricius klaget, zu ſeiner Zeit zu einem Speicher gemacht worden.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/52>, abgerufen am 27.11.2024.