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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1279Sontag nach Lätare zum Handgemenge kam, und worin diese erbitterten
Feinde alles zertraten nnd niedersebelten. Ernst verlohr nebst 71 Ordensrittern
und vielen Gemeinen das Leben. Die übrigen machten sich auf die Flucht, als
sie durch den Fal des tapfern Heinrichs von Tiesenhausen die Marienfahne,
in welcher das Bild der Mutter GOttes sehr kostbar gesticket war, in die feind-
lichen Hände gerathen sahen. Elert wolte zwar mit seinen Leuten die Fahne wie-
der erobern, wurde aber von ihnen im Gedränge gelassen, und muste also, nach-
dem ihm sein Pferd unterm Leibe getödtet worden, mit vielen Wunden übel zuge-
richtet, den Seinigen nacheilen. c)

Unter seiner Regierung ward den estnischen Bauern zuerst auferleget, von
ihren Feldern statt des Tributs ein gewisses Maas Getreide zu entrichten, wel-
ches in ihrer Sprache Külmet d) genennet wurde.

Der siebzehnte Ordensmeister in Liefland
deutsches Ordenn,
Conrad von Feuchtwangen
a).

Die Semgallen machten ihm grosses Herzeleid, nachdem sie ihm
und dem Erzbischof den Tribut aufgekündiget, daher diese beide
Regenten ihre Kräfte vereinigten, und diesen trotzigen Feinden
eins beibrachten, aber auch eben keine Seide dabey sponnen.
1281Er wurde des Handels bald überdrüßig und gieng nach Preussen, wo ihm die
hohe Würde des Hochmeisterthums zu Theile ward.



Der
c) Diese merkwürdige Schlacht geschahe am 9ten Merz 1279. Kojalowicz in seiner
Hist. Lituan. S. 1 Z. 5, nennet diesen Herrn, welcher bey der Fahne sein heldenmü-
tiges Leben einbüste, nach der polnischen Schreibart Tyzenhauzen, mit welchem,
ausser dem Ordensmeister Ernst, auch der Graf Gilard und 67 andre Ritter geblie-
ben. Die einheimischen Chroniken haben 71, andre auch mehr als 70. Gilard ist nicht
der holsteinische Graf Gerhard, als der nicht beim Treffen gewesen, und auch die
dänischen Truppen nicht angeführet.
d) Külmet ist in Estland der sechste Theil eines Lofs oder Scheffels, bey den Lieflän-
dern
aber der dritte Theil, und hat vermutlich seine Benennung von küllima, säen,
weil sie dieses gleichsam dem Hofe zur Aussaat entrichten musten.
a) Horner nennet ihn von Utwengen, Strubicz von Wythwangen, Russow
von Fuchtewangen, Peter von Duisburg schreibt Wuchwangen, und meldet
beim Jahr 1280, daß er zu gleicher Zeit Landmeister in Preussen und Liefland ge-
wesen, um der doppelten Last willen aber das erstere Amt nach einem Jahre fahren
lassen; Strubicz giebt unrichtig vor, daß ihn die Semgaller erschlagen, da er doch
zu Prag gestorben und zu Trebniz 1297 begraben worden. Die kurz gefasten Nach-
richten belästigen ihn mit einem schlechten Nachruhm, und wollen wissen, daß die
Semgallen unter seiner Regierung das Schlos Feste niedergerissen, wobey sie 15 Rit-
ter mit ihren Bedienten erschlagen, die christliche Religion aber aus ganz Semgallen
verbannet.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1279Sontag nach Laͤtare zum Handgemenge kam, und worin dieſe erbitterten
Feinde alles zertraten nnd niederſebelten. Ernſt verlohr nebſt 71 Ordensrittern
und vielen Gemeinen das Leben. Die uͤbrigen machten ſich auf die Flucht, als
ſie durch den Fal des tapfern Heinrichs von Tieſenhauſen die Marienfahne,
in welcher das Bild der Mutter GOttes ſehr koſtbar geſticket war, in die feind-
lichen Haͤnde gerathen ſahen. Elert wolte zwar mit ſeinen Leuten die Fahne wie-
der erobern, wurde aber von ihnen im Gedraͤnge gelaſſen, und muſte alſo, nach-
dem ihm ſein Pferd unterm Leibe getoͤdtet worden, mit vielen Wunden uͤbel zuge-
richtet, den Seinigen nacheilen. c)

Unter ſeiner Regierung ward den eſtniſchen Bauern zuerſt auferleget, von
ihren Feldern ſtatt des Tributs ein gewiſſes Maas Getreide zu entrichten, wel-
ches in ihrer Sprache Kuͤlmet d) genennet wurde.

Der ſiebzehnte Ordensmeiſter in Liefland
deutſches Ordenn,
Conrad von Feuchtwangen
a).

Die Semgallen machten ihm groſſes Herzeleid, nachdem ſie ihm
und dem Erzbiſchof den Tribut aufgekuͤndiget, daher dieſe beide
Regenten ihre Kraͤfte vereinigten, und dieſen trotzigen Feinden
eins beibrachten, aber auch eben keine Seide dabey ſponnen.
1281Er wurde des Handels bald uͤberdruͤßig und gieng nach Preuſſen, wo ihm die
hohe Wuͤrde des Hochmeiſterthums zu Theile ward.



Der
c) Dieſe merkwuͤrdige Schlacht geſchahe am 9ten Merz 1279. Kojalowicz in ſeiner
Hiſt. Lituan. S. 1 Z. 5, nennet dieſen Herrn, welcher bey der Fahne ſein heldenmuͤ-
tiges Leben einbuͤſte, nach der polniſchen Schreibart Tyzenhauzen, mit welchem,
auſſer dem Ordensmeiſter Ernſt, auch der Graf Gilard und 67 andre Ritter geblie-
ben. Die einheimiſchen Chroniken haben 71, andre auch mehr als 70. Gilard iſt nicht
der holſteiniſche Graf Gerhard, als der nicht beim Treffen geweſen, und auch die
daͤniſchen Truppen nicht angefuͤhret.
d) Kuͤlmet iſt in Eſtland der ſechſte Theil eines Lofs oder Scheffels, bey den Lieflaͤn-
dern
aber der dritte Theil, und hat vermutlich ſeine Benennung von kuͤllima, ſaͤen,
weil ſie dieſes gleichſam dem Hofe zur Ausſaat entrichten muſten.
a) Horner nennet ihn von Utwengen, Strubicz von Wythwangen, Ruſſow
von Fuchtewangen, Peter von Duisburg ſchreibt Wuchwangen, und meldet
beim Jahr 1280, daß er zu gleicher Zeit Landmeiſter in Preuſſen und Liefland ge-
weſen, um der doppelten Laſt willen aber das erſtere Amt nach einem Jahre fahren
laſſen; Strubicz giebt unrichtig vor, daß ihn die Semgaller erſchlagen, da er doch
zu Prag geſtorben und zu Trebniz 1297 begraben worden. Die kurz gefaſten Nach-
richten belaͤſtigen ihn mit einem ſchlechten Nachruhm, und wollen wiſſen, daß die
Semgallen unter ſeiner Regierung das Schlos Feſte niedergeriſſen, wobey ſie 15 Rit-
ter mit ihren Bedienten erſchlagen, die chriſtliche Religion aber aus ganz Semgallen
verbannet.
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[66/0084] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Sontag nach Laͤtare zum Handgemenge kam, und worin dieſe erbitterten Feinde alles zertraten nnd niederſebelten. Ernſt verlohr nebſt 71 Ordensrittern und vielen Gemeinen das Leben. Die uͤbrigen machten ſich auf die Flucht, als ſie durch den Fal des tapfern Heinrichs von Tieſenhauſen die Marienfahne, in welcher das Bild der Mutter GOttes ſehr koſtbar geſticket war, in die feind- lichen Haͤnde gerathen ſahen. Elert wolte zwar mit ſeinen Leuten die Fahne wie- der erobern, wurde aber von ihnen im Gedraͤnge gelaſſen, und muſte alſo, nach- dem ihm ſein Pferd unterm Leibe getoͤdtet worden, mit vielen Wunden uͤbel zuge- richtet, den Seinigen nacheilen. c) 1279 Unter ſeiner Regierung ward den eſtniſchen Bauern zuerſt auferleget, von ihren Feldern ſtatt des Tributs ein gewiſſes Maas Getreide zu entrichten, wel- ches in ihrer Sprache Kuͤlmet d) genennet wurde. Der ſiebzehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſches Ordenn, Conrad von Feuchtwangen a). Die Semgallen machten ihm groſſes Herzeleid, nachdem ſie ihm und dem Erzbiſchof den Tribut aufgekuͤndiget, daher dieſe beide Regenten ihre Kraͤfte vereinigten, und dieſen trotzigen Feinden eins beibrachten, aber auch eben keine Seide dabey ſponnen. Er wurde des Handels bald uͤberdruͤßig und gieng nach Preuſſen, wo ihm die hohe Wuͤrde des Hochmeiſterthums zu Theile ward. 1281 Der c) Dieſe merkwuͤrdige Schlacht geſchahe am 9ten Merz 1279. Kojalowicz in ſeiner Hiſt. Lituan. S. 1 Z. 5, nennet dieſen Herrn, welcher bey der Fahne ſein heldenmuͤ- tiges Leben einbuͤſte, nach der polniſchen Schreibart Tyzenhauzen, mit welchem, auſſer dem Ordensmeiſter Ernſt, auch der Graf Gilard und 67 andre Ritter geblie- ben. Die einheimiſchen Chroniken haben 71, andre auch mehr als 70. Gilard iſt nicht der holſteiniſche Graf Gerhard, als der nicht beim Treffen geweſen, und auch die daͤniſchen Truppen nicht angefuͤhret. d) Kuͤlmet iſt in Eſtland der ſechſte Theil eines Lofs oder Scheffels, bey den Lieflaͤn- dern aber der dritte Theil, und hat vermutlich ſeine Benennung von kuͤllima, ſaͤen, weil ſie dieſes gleichſam dem Hofe zur Ausſaat entrichten muſten. a) Horner nennet ihn von Utwengen, Strubicz von Wythwangen, Ruſſow von Fuchtewangen, Peter von Duisburg ſchreibt Wuchwangen, und meldet beim Jahr 1280, daß er zu gleicher Zeit Landmeiſter in Preuſſen und Liefland ge- weſen, um der doppelten Laſt willen aber das erſtere Amt nach einem Jahre fahren laſſen; Strubicz giebt unrichtig vor, daß ihn die Semgaller erſchlagen, da er doch zu Prag geſtorben und zu Trebniz 1297 begraben worden. Die kurz gefaſten Nach- richten belaͤſtigen ihn mit einem ſchlechten Nachruhm, und wollen wiſſen, daß die Semgallen unter ſeiner Regierung das Schlos Feſte niedergeriſſen, wobey ſie 15 Rit- ter mit ihren Bedienten erſchlagen, die chriſtliche Religion aber aus ganz Semgallen verbannet.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/84>, abgerufen am 30.11.2024.