Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.wollten sie eine letzte, gemeinsame Entscheidung fassen. Heute, das müsse jeder Mensch natürlich finden, heute wolle er sich ganz dem Genusse überlassen, welchen der Roman seines Kindes ihm bereite. "Der Roman! und immer der Roman!" brummte Samuel zwischen den Zähnen, als er das Buch ärgerlich neben sich auf dem Pulte liegen sah, wohin er es achtlos gelegt. Er schob es ganz nach hinten, und ging an seine Arbeit; aber unwillkürlich wendeten seine Augen sich wieder auf das Buch. Er griff mechanisch danach und fing zu lesen an. Schon die Dedication berührte ihn unangenehm. "Dir!" -- -- stand in großen Lettern auf dem Umschlag, und in einer nicht ungewandten, aber durch ihren Pathos unklaren Prosa, war dies Werk dem Manne geweiht, der hinter den verhüllenden Worten und Gestalten der Dichtung, den göttlichen Kern gemeinsam erlebter Wahrheit, wollten sie eine letzte, gemeinsame Entscheidung fassen. Heute, das müsse jeder Mensch natürlich finden, heute wolle er sich ganz dem Genusse überlassen, welchen der Roman seines Kindes ihm bereite. “Der Roman! und immer der Roman!” brummte Samuel zwischen den Zähnen, als er das Buch ärgerlich neben sich auf dem Pulte liegen sah, wohin er es achtlos gelegt. Er schob es ganz nach hinten, und ging an seine Arbeit; aber unwillkürlich wendeten seine Augen sich wieder auf das Buch. Er griff mechanisch danach und fing zu lesen an. Schon die Dedication berührte ihn unangenehm. “Dir!” — — stand in großen Lettern auf dem Umschlag, und in einer nicht ungewandten, aber durch ihren Pathos unklaren Prosa, war dies Werk dem Manne geweiht, der hinter den verhüllenden Worten und Gestalten der Dichtung, den göttlichen Kern gemeinsam erlebter Wahrheit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0118" n="108"/> wollten sie eine letzte, gemeinsame Entscheidung fassen. Heute, das müsse jeder Mensch natürlich finden, heute wolle er sich ganz dem Genusse überlassen, welchen der Roman seines Kindes ihm bereite.</p> <p> “Der Roman! und immer der Roman!” brummte Samuel zwischen den Zähnen, als er das Buch ärgerlich neben sich auf dem Pulte liegen sah, wohin er es achtlos gelegt. Er schob es ganz nach hinten, und ging an seine Arbeit; aber unwillkürlich wendeten seine Augen sich wieder auf das Buch. Er griff mechanisch danach und fing zu lesen an. Schon die Dedication berührte ihn unangenehm.</p> <p> “Dir!” — — stand in großen Lettern auf dem Umschlag, und in einer nicht ungewandten, aber durch ihren Pathos unklaren Prosa, war dies Werk dem Manne geweiht, der hinter den verhüllenden Worten und Gestalten der Dichtung, den göttlichen Kern gemeinsam erlebter Wahrheit, </p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0118]
wollten sie eine letzte, gemeinsame Entscheidung fassen. Heute, das müsse jeder Mensch natürlich finden, heute wolle er sich ganz dem Genusse überlassen, welchen der Roman seines Kindes ihm bereite.
“Der Roman! und immer der Roman!” brummte Samuel zwischen den Zähnen, als er das Buch ärgerlich neben sich auf dem Pulte liegen sah, wohin er es achtlos gelegt. Er schob es ganz nach hinten, und ging an seine Arbeit; aber unwillkürlich wendeten seine Augen sich wieder auf das Buch. Er griff mechanisch danach und fing zu lesen an. Schon die Dedication berührte ihn unangenehm.
“Dir!” — — stand in großen Lettern auf dem Umschlag, und in einer nicht ungewandten, aber durch ihren Pathos unklaren Prosa, war dies Werk dem Manne geweiht, der hinter den verhüllenden Worten und Gestalten der Dichtung, den göttlichen Kern gemeinsam erlebter Wahrheit,
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