Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Willmar sich empor, und seine Gattin und Tochter erschraken vor der Schlaffheit und Zerbrochenheit in seinem Angesicht. "Du weißt's, Elisabeth!" sagte er. "Willmar!" rief sie, "auch das wird überstanden werden, behalte Du nur Muth! erhalte Du Dich nur! Wir bleiben ja beisammen! Wir werden überall Menschen finden, die -- --" "Menschen!" wiederholte er, "aber keine Heimath! Ich bin zu alt geworden hier, zu fest gewachsen in dem Boden. Der Riß -- --" Er vollendete den Satz nicht, denn er sah, wie die mühsam behauptete Ruhe seiner Frau vor diesen Worten hinschwand. Er erhob sich, gab den Seinen die Hand, und fügte gefaßter hinzu: "Es mußte sein! Nun sprecht nicht mehr davon. Bis Ostern habt Ihr Zeit[.] Dann ist's vorbei!" Er verließ das Gemach, und die ganze Wucht dieser Entscheidung ward erst jetzt den Frauen klar. Die drückende Nothwendigkeit, hier lange Willmar sich empor, und seine Gattin und Tochter erschraken vor der Schlaffheit und Zerbrochenheit in seinem Angesicht. “Du weißt’s, Elisabeth!” sagte er. “Willmar!” rief sie, “auch das wird überstanden werden, behalte Du nur Muth! erhalte Du Dich nur! Wir bleiben ja beisammen! Wir werden überall Menschen finden, die — —” “Menschen!” wiederholte er, “aber keine Heimath! Ich bin zu alt geworden hier, zu fest gewachsen in dem Boden. Der Riß — —” Er vollendete den Satz nicht, denn er sah, wie die mühsam behauptete Ruhe seiner Frau vor diesen Worten hinschwand. Er erhob sich, gab den Seinen die Hand, und fügte gefaßter hinzu: “Es mußte sein! Nun sprecht nicht mehr davon. Bis Ostern habt Ihr Zeit[.] Dann ist’s vorbei!” Er verließ das Gemach, und die ganze Wucht dieser Entscheidung ward erst jetzt den Frauen klar. Die drückende Nothwendigkeit, hier lange <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="139"/> Willmar sich empor, und seine Gattin und Tochter erschraken vor der Schlaffheit und Zerbrochenheit in seinem Angesicht.</p> <p> “Du weißt’s, Elisabeth!” sagte er.</p> <p> “Willmar!” rief sie, “auch das wird überstanden werden, behalte Du nur Muth! erhalte Du Dich nur! Wir bleiben ja beisammen! Wir werden überall Menschen finden, die — —”</p> <p> “Menschen!” wiederholte er, “aber keine Heimath! Ich bin zu alt geworden hier, zu fest gewachsen in dem Boden. Der Riß — —” Er vollendete den Satz nicht, denn er sah, wie die mühsam behauptete Ruhe seiner Frau vor diesen Worten hinschwand. Er erhob sich, gab den Seinen die Hand, und fügte gefaßter hinzu: “Es mußte sein! Nun sprecht nicht mehr davon. Bis Ostern habt Ihr Zeit<supplied>.</supplied> Dann ist’s vorbei!”</p> <p> Er verließ das Gemach, und die ganze Wucht dieser Entscheidung ward erst jetzt den Frauen klar. Die drückende Nothwendigkeit, hier lange </p> </div> </body> </text> </TEI> [139/0149]
Willmar sich empor, und seine Gattin und Tochter erschraken vor der Schlaffheit und Zerbrochenheit in seinem Angesicht.
“Du weißt’s, Elisabeth!” sagte er.
“Willmar!” rief sie, “auch das wird überstanden werden, behalte Du nur Muth! erhalte Du Dich nur! Wir bleiben ja beisammen! Wir werden überall Menschen finden, die — —”
“Menschen!” wiederholte er, “aber keine Heimath! Ich bin zu alt geworden hier, zu fest gewachsen in dem Boden. Der Riß — —” Er vollendete den Satz nicht, denn er sah, wie die mühsam behauptete Ruhe seiner Frau vor diesen Worten hinschwand. Er erhob sich, gab den Seinen die Hand, und fügte gefaßter hinzu: “Es mußte sein! Nun sprecht nicht mehr davon. Bis Ostern habt Ihr Zeit. Dann ist’s vorbei!”
Er verließ das Gemach, und die ganze Wucht dieser Entscheidung ward erst jetzt den Frauen klar. Die drückende Nothwendigkeit, hier lange
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