Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864."Ich wäre bald gar nicht herüber gekommen," sagte er, "und den ganzen Morgen schon habe ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich Sie zu dieser Reise überredet habe." Auf Klagen und Mißmuth treffen, wo man Freude zu finden und zu bereiten wähnte, ist niederschlagend. Adele mußte das erfahren. Sie blickte den Vetter an, er sah verstimmt und leidend aus. Theilnehmend fragte sie, was er denn habe? "Ich bin ganz elend und halb todt!" erwiderte er in derselben verdrießlichen Weise. "Sie waren doch aber gestern auf der Reise und den ganzen Abend wohl und munter?" wendete sie ein, und suchte zu errathen, was Samuel geschehen sei; denn daß Krankheit allein ihn so unwirsch gegen sie mache, fiel ihr zu glauben schwer. Er ließ aber keinen anderen Grund des Unmuths merken, sondern sagte: "Freilich war ich “Ich wäre bald gar nicht herüber gekommen,” sagte er, “und den ganzen Morgen schon habe ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich Sie zu dieser Reise überredet habe.” Auf Klagen und Mißmuth treffen, wo man Freude zu finden und zu bereiten wähnte, ist niederschlagend. Adele mußte das erfahren. Sie blickte den Vetter an, er sah verstimmt und leidend aus. Theilnehmend fragte sie, was er denn habe? “Ich bin ganz elend und halb todt!” erwiderte er in derselben verdrießlichen Weise. “Sie waren doch aber gestern auf der Reise und den ganzen Abend wohl und munter?” wendete sie ein, und suchte zu errathen, was Samuel geschehen sei; denn daß Krankheit allein ihn so unwirsch gegen sie mache, fiel ihr zu glauben schwer. Er ließ aber keinen anderen Grund des Unmuths merken, sondern sagte: “Freilich war ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0246" n="236"/> <p> “Ich wäre bald gar nicht herüber gekommen,” sagte er, “und den ganzen Morgen schon habe ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich Sie zu dieser Reise überredet habe.”</p> <p> Auf Klagen und Mißmuth treffen, wo man Freude zu finden und zu bereiten wähnte, ist niederschlagend. Adele mußte das erfahren. Sie blickte den Vetter an, er sah verstimmt und leidend aus. Theilnehmend fragte sie, was er denn habe?</p> <p> “Ich bin ganz elend und halb todt!” erwiderte er in derselben verdrießlichen Weise.</p> <p> “Sie waren doch aber gestern auf der Reise und den ganzen Abend wohl und munter?” wendete sie ein, und suchte zu errathen, was Samuel geschehen sei; denn daß Krankheit allein ihn so unwirsch gegen sie mache, fiel ihr zu glauben schwer.</p> <p> Er ließ aber keinen anderen Grund des Unmuths merken, sondern sagte: “Freilich war ich </p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0246]
“Ich wäre bald gar nicht herüber gekommen,” sagte er, “und den ganzen Morgen schon habe ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich Sie zu dieser Reise überredet habe.”
Auf Klagen und Mißmuth treffen, wo man Freude zu finden und zu bereiten wähnte, ist niederschlagend. Adele mußte das erfahren. Sie blickte den Vetter an, er sah verstimmt und leidend aus. Theilnehmend fragte sie, was er denn habe?
“Ich bin ganz elend und halb todt!” erwiderte er in derselben verdrießlichen Weise.
“Sie waren doch aber gestern auf der Reise und den ganzen Abend wohl und munter?” wendete sie ein, und suchte zu errathen, was Samuel geschehen sei; denn daß Krankheit allein ihn so unwirsch gegen sie mache, fiel ihr zu glauben schwer.
Er ließ aber keinen anderen Grund des Unmuths merken, sondern sagte: “Freilich war ich
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