Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Genesung. Und als müsse er den Kelch der unabweislichen Entsagung nur je eher je lieber an die Lippen setzen, so entschieden erklärte er eines Abends, an dem Adele ihm ruhig lesend gegenüber saß, er fühle sich jetzt völlig hergestellt, er werde morgen ausgehen. "Ausgehen?" fragte Adele mit Erstaunen, "der Arzt hat's Ihnen aber noch verboten für die nächsten Tage." "Ach!" entgegnete er, "das weiß ich besser als der Arzt. Wollte ich seine Erlaubniß abwarten, so käme ich noch lange nicht hinaus. Ich kenne mich und diese Krankheit. Es hat Nichts weiter auf sich sobald das Fieber fort ist, und ich muß an mein Geschäft, Sie müssen an das Ihre. Ich habe Ihnen ohnehin schon viel mehr Zeit gekostet, als ich entschuldigen oder gar vergelten kann." "Samuel!" rief Adele, zum ersten Male beleidigt und erzürnt über seine Worte, "was habe ich Ihnen denn gethan?" Genesung. Und als müsse er den Kelch der unabweislichen Entsagung nur je eher je lieber an die Lippen setzen, so entschieden erklärte er eines Abends, an dem Adele ihm ruhig lesend gegenüber saß, er fühle sich jetzt völlig hergestellt, er werde morgen ausgehen. “Ausgehen?” fragte Adele mit Erstaunen, “der Arzt hat’s Ihnen aber noch verboten für die nächsten Tage.” “Ach!” entgegnete er, “das weiß ich besser als der Arzt. Wollte ich seine Erlaubniß abwarten, so käme ich noch lange nicht hinaus. Ich kenne mich und diese Krankheit. Es hat Nichts weiter auf sich sobald das Fieber fort ist, und ich muß an mein Geschäft, Sie müssen an das Ihre. Ich habe Ihnen ohnehin schon viel mehr Zeit gekostet, als ich entschuldigen oder gar vergelten kann.” “Samuel!” rief Adele, zum ersten Male beleidigt und erzürnt über seine Worte, “was habe ich Ihnen denn gethan?” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0257" n="247"/> Genesung. Und als müsse er den Kelch der unabweislichen Entsagung nur je eher je lieber an die Lippen setzen, so entschieden erklärte er eines Abends, an dem Adele ihm ruhig lesend gegenüber saß, er fühle sich jetzt völlig hergestellt, er werde morgen ausgehen.</p> <p> “Ausgehen?” fragte Adele mit Erstaunen, “der Arzt hat’s Ihnen aber noch verboten für die nächsten Tage.”</p> <p> “Ach!” entgegnete er, “das weiß ich besser als der Arzt. Wollte ich seine Erlaubniß abwarten, so käme ich noch lange nicht hinaus. Ich kenne mich und diese Krankheit. Es hat Nichts weiter auf sich sobald das Fieber fort ist, und ich muß an mein Geschäft, Sie müssen an das Ihre. Ich habe Ihnen ohnehin schon viel mehr Zeit gekostet, als ich entschuldigen oder gar vergelten kann.”</p> <p> “Samuel!” rief Adele, zum ersten Male beleidigt und erzürnt über seine Worte, “was habe ich Ihnen denn gethan?”</p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0257]
Genesung. Und als müsse er den Kelch der unabweislichen Entsagung nur je eher je lieber an die Lippen setzen, so entschieden erklärte er eines Abends, an dem Adele ihm ruhig lesend gegenüber saß, er fühle sich jetzt völlig hergestellt, er werde morgen ausgehen.
“Ausgehen?” fragte Adele mit Erstaunen, “der Arzt hat’s Ihnen aber noch verboten für die nächsten Tage.”
“Ach!” entgegnete er, “das weiß ich besser als der Arzt. Wollte ich seine Erlaubniß abwarten, so käme ich noch lange nicht hinaus. Ich kenne mich und diese Krankheit. Es hat Nichts weiter auf sich sobald das Fieber fort ist, und ich muß an mein Geschäft, Sie müssen an das Ihre. Ich habe Ihnen ohnehin schon viel mehr Zeit gekostet, als ich entschuldigen oder gar vergelten kann.”
“Samuel!” rief Adele, zum ersten Male beleidigt und erzürnt über seine Worte, “was habe ich Ihnen denn gethan?”
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