Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Er blickte sie an, es war Etwas in ihrem Wesen, das er zuvor noch nie an ihr gesehen hatte. Es zog ihn fast gewaltsam zu ihr hin, aber er hatte sich gegen sein Gefühl gewaffnet, er hatte sich es zugeschworen, den verlockenden Empfindungen seines Herzens Widerstand zu leisten. "Gutes haben Sie mir gethan, Cousine!" sprach er sich selbstbezwingend, "Nichts als Gutes! Ich danke es Ihnen auch von Grund des Herzens; aber, wie ich Ihnen sagte, es hat mir die ganze Zeit nicht Ruhe gelassen, daß ich Sie von Ihrer Arbeit abhielt. Sie sollen und müssen an Ihre Arbeiten zurück. Morgen gehe ich aus, und dann -- --" "Ja!" unterbrach ihn Adele, "dann freilich kann ich morgen reisen!" -- Aber jedwes Wort von Samuel hatte sie gekränkt. Sie hatte sich an ihrem Platze und in ihrem Berufe gefühlt, als Pflegerin des Vetters, der sich ihren Eltern und ihr selbst, so treu und liebevoll Er blickte sie an, es war Etwas in ihrem Wesen, das er zuvor noch nie an ihr gesehen hatte. Es zog ihn fast gewaltsam zu ihr hin, aber er hatte sich gegen sein Gefühl gewaffnet, er hatte sich es zugeschworen, den verlockenden Empfindungen seines Herzens Widerstand zu leisten. “Gutes haben Sie mir gethan, Cousine!” sprach er sich selbstbezwingend, “Nichts als Gutes! Ich danke es Ihnen auch von Grund des Herzens; aber, wie ich Ihnen sagte, es hat mir die ganze Zeit nicht Ruhe gelassen, daß ich Sie von Ihrer Arbeit abhielt. Sie sollen und müssen an Ihre Arbeiten zurück. Morgen gehe ich aus, und dann — —” “Ja!” unterbrach ihn Adele, “dann freilich kann ich morgen reisen!” — Aber jedwes Wort von Samuel hatte sie gekränkt. Sie hatte sich an ihrem Platze und in ihrem Berufe gefühlt, als Pflegerin des Vetters, der sich ihren Eltern und ihr selbst, so treu und liebevoll <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0258" n="248"/> <p> Er blickte sie an, es war Etwas in ihrem Wesen, das er zuvor noch nie an ihr gesehen hatte. Es zog ihn fast gewaltsam zu ihr hin, aber er hatte sich gegen sein Gefühl gewaffnet, er hatte sich es zugeschworen, den verlockenden Empfindungen seines Herzens Widerstand zu leisten.</p> <p> “Gutes haben Sie mir gethan, Cousine!” sprach er sich selbstbezwingend, “Nichts als Gutes! Ich danke es Ihnen auch von Grund des Herzens; aber, wie ich Ihnen sagte, es hat mir die ganze Zeit nicht Ruhe gelassen, daß ich Sie von Ihrer Arbeit abhielt. Sie sollen und müssen an Ihre Arbeiten zurück. Morgen gehe ich aus, und dann — —”</p> <p> “Ja!” unterbrach ihn Adele, “dann freilich kann ich morgen reisen!” — Aber jedwes Wort von Samuel hatte sie gekränkt.</p> <p> Sie hatte sich an ihrem Platze und in ihrem Berufe gefühlt, als Pflegerin des Vetters, der sich ihren Eltern und ihr selbst, so treu und liebevoll </p> </div> </body> </text> </TEI> [248/0258]
Er blickte sie an, es war Etwas in ihrem Wesen, das er zuvor noch nie an ihr gesehen hatte. Es zog ihn fast gewaltsam zu ihr hin, aber er hatte sich gegen sein Gefühl gewaffnet, er hatte sich es zugeschworen, den verlockenden Empfindungen seines Herzens Widerstand zu leisten.
“Gutes haben Sie mir gethan, Cousine!” sprach er sich selbstbezwingend, “Nichts als Gutes! Ich danke es Ihnen auch von Grund des Herzens; aber, wie ich Ihnen sagte, es hat mir die ganze Zeit nicht Ruhe gelassen, daß ich Sie von Ihrer Arbeit abhielt. Sie sollen und müssen an Ihre Arbeiten zurück. Morgen gehe ich aus, und dann — —”
“Ja!” unterbrach ihn Adele, “dann freilich kann ich morgen reisen!” — Aber jedwes Wort von Samuel hatte sie gekränkt.
Sie hatte sich an ihrem Platze und in ihrem Berufe gefühlt, als Pflegerin des Vetters, der sich ihren Eltern und ihr selbst, so treu und liebevoll
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