Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.der einst einen Goethe getadelt, weil er seinen Nachruhm der Nachwelt anvertraut, und Byron verdammt, weil er sich außer den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt, er war dahin gekommen, jene Menschenverachtung und jenen Weltschmerz zu empfinden, hinter denen die Charakterlosigkeit sich so leicht und gern verbirgt. Hellwig glaubte und nannte sich einen verkannten Genius. Er schrieb und lebte, sich die ihm gebührende Anerkennung zu erzwingen. Wer sie ihm darbrachte, wie er sie erlangte, das galt ihm gleich. Die Jünglinge, die er bei einem Gelage durch ein keckes Wort geblendet, die Frauen, deren Phantasie seine leidenschaftlichen Schilderungen erregt, die Mädchen, welche seine persönliche Erscheinung bestochen, sie Alle wußte er für seine Zwecke auszubeuten. Sie verkündeten sein Lob in der Journalistik, sie machten Propaganda für ihn in der Gesellschaft, und bahnten ihm die Wege für das Wanderleben, das er führte. So der einst einen Goethe getadelt, weil er seinen Nachruhm der Nachwelt anvertraut, und Byron verdammt, weil er sich außer den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt, er war dahin gekommen, jene Menschenverachtung und jenen Weltschmerz zu empfinden, hinter denen die Charakterlosigkeit sich so leicht und gern verbirgt. Hellwig glaubte und nannte sich einen verkannten Genius. Er schrieb und lebte, sich die ihm gebührende Anerkennung zu erzwingen. Wer sie ihm darbrachte, wie er sie erlangte, das galt ihm gleich. Die Jünglinge, die er bei einem Gelage durch ein keckes Wort geblendet, die Frauen, deren Phantasie seine leidenschaftlichen Schilderungen erregt, die Mädchen, welche seine persönliche Erscheinung bestochen, sie Alle wußte er für seine Zwecke auszubeuten. Sie verkündeten sein Lob in der Journalistik, sie machten Propaganda für ihn in der Gesellschaft, und bahnten ihm die Wege für das Wanderleben, das er führte. So <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="37"/> der einst einen Goethe getadelt, weil er seinen Nachruhm der Nachwelt anvertraut, und Byron verdammt, weil er sich außer den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt, er war dahin gekommen, jene Menschenverachtung und jenen Weltschmerz zu empfinden, hinter denen die Charakterlosigkeit sich so leicht und gern verbirgt. Hellwig glaubte und nannte sich einen verkannten Genius. Er schrieb und lebte, sich die ihm gebührende Anerkennung zu erzwingen. Wer sie ihm darbrachte, wie er sie erlangte, das galt ihm gleich. Die Jünglinge, die er bei einem Gelage durch ein keckes Wort geblendet, die Frauen, deren Phantasie seine leidenschaftlichen Schilderungen erregt, die Mädchen, welche seine persönliche Erscheinung bestochen, sie Alle wußte er für seine Zwecke auszubeuten. Sie verkündeten sein Lob in der Journalistik, sie machten Propaganda für ihn in der Gesellschaft, und bahnten ihm die Wege für das Wanderleben, das er führte. So </p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0047]
der einst einen Goethe getadelt, weil er seinen Nachruhm der Nachwelt anvertraut, und Byron verdammt, weil er sich außer den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt, er war dahin gekommen, jene Menschenverachtung und jenen Weltschmerz zu empfinden, hinter denen die Charakterlosigkeit sich so leicht und gern verbirgt. Hellwig glaubte und nannte sich einen verkannten Genius. Er schrieb und lebte, sich die ihm gebührende Anerkennung zu erzwingen. Wer sie ihm darbrachte, wie er sie erlangte, das galt ihm gleich. Die Jünglinge, die er bei einem Gelage durch ein keckes Wort geblendet, die Frauen, deren Phantasie seine leidenschaftlichen Schilderungen erregt, die Mädchen, welche seine persönliche Erscheinung bestochen, sie Alle wußte er für seine Zwecke auszubeuten. Sie verkündeten sein Lob in der Journalistik, sie machten Propaganda für ihn in der Gesellschaft, und bahnten ihm die Wege für das Wanderleben, das er führte. So
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