Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.allen Vernünftigen voraussagen, daß es sich folgerichtig fortsetzen muß, wenn schon es nicht immer möglich ist, es voraus zu bestimmen, wann und in welcher Gestalt die Entwicklung vor sich gehen wird. -- Ueberall jedoch, wo eine solche Befreiung geschehen, ist von Seiten der Niedergehaltenen vorher das Begehren nach dieser Erhebung vorhanden gewesen und ausgesprochen worden, denn Wohlthaten pflegen selten aufgedrängt zu werden, und mich dünkt, es lohnt der Mühe, einmal zuzusehen, in wie weit also eben bei uns in Deutschland die Frauen selber ihre Emancipation begehren und in welcher Weise sie selber sich auf die Gleichstellung mit den Männern vorbereitet haben. Wenn ich hier im Allgemeinen von "den Frauen" rede, so kann ich damit natürlich nicht jene verhältnißmäßig noch immer kleine Zahl von Frauen meinen, die sich an geistiger Reife, an sittlichem Ernst, an charakterfester Gesinnung und Ueberzeugungstreue, wie an beharrlicher Arbeitsamkeit über die große Masse ihrer Mitschwestern erhoben, und sich den Männern zur Seite gestellt haben. Daß diese Minderzahl für ihre Einsicht und Thatkraft die nothwendige Freiheit der Bethätigung begehrt, das versteht sich ganz von selbst. Die große Masse der Frauen ist aber bei uns noch fast durchweg gegen die Emancipation der Frauen eingenommen, und sie giebt, man muß dies zugestehen, durch ihr Thun und Treiben denjenigen Männern vielfach Recht, welche die allen Vernünftigen voraussagen, daß es sich folgerichtig fortsetzen muß, wenn schon es nicht immer möglich ist, es voraus zu bestimmen, wann und in welcher Gestalt die Entwicklung vor sich gehen wird. — Ueberall jedoch, wo eine solche Befreiung geschehen, ist von Seiten der Niedergehaltenen vorher das Begehren nach dieser Erhebung vorhanden gewesen und ausgesprochen worden, denn Wohlthaten pflegen selten aufgedrängt zu werden, und mich dünkt, es lohnt der Mühe, einmal zuzusehen, in wie weit also eben bei uns in Deutschland die Frauen selber ihre Emancipation begehren und in welcher Weise sie selber sich auf die Gleichstellung mit den Männern vorbereitet haben. Wenn ich hier im Allgemeinen von »den Frauen« rede, so kann ich damit natürlich nicht jene verhältnißmäßig noch immer kleine Zahl von Frauen meinen, die sich an geistiger Reife, an sittlichem Ernst, an charakterfester Gesinnung und Ueberzeugungstreue, wie an beharrlicher Arbeitsamkeit über die große Masse ihrer Mitschwestern erhoben, und sich den Männern zur Seite gestellt haben. Daß diese Minderzahl für ihre Einsicht und Thatkraft die nothwendige Freiheit der Bethätigung begehrt, das versteht sich ganz von selbst. Die große Masse der Frauen ist aber bei uns noch fast durchweg gegen die Emancipation der Frauen eingenommen, und sie giebt, man muß dies zugestehen, durch ihr Thun und Treiben denjenigen Männern vielfach Recht, welche die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="91"/> allen Vernünftigen voraussagen, daß es sich folgerichtig fortsetzen muß, wenn schon es nicht immer möglich ist, es voraus zu bestimmen, wann und in welcher Gestalt die Entwicklung vor sich gehen wird. — Ueberall jedoch, wo eine solche Befreiung geschehen, ist von Seiten der Niedergehaltenen vorher das Begehren nach dieser Erhebung vorhanden gewesen und ausgesprochen worden, denn Wohlthaten pflegen selten aufgedrängt zu werden, und mich dünkt, es lohnt der Mühe, einmal zuzusehen, in wie weit also eben bei uns in Deutschland die Frauen selber ihre Emancipation begehren und in welcher Weise sie selber sich auf die Gleichstellung mit den Männern vorbereitet haben.</p> <p>Wenn ich hier im Allgemeinen von »den Frauen« rede, so kann ich damit natürlich nicht jene verhältnißmäßig noch immer kleine Zahl von Frauen meinen, die sich an geistiger Reife, an sittlichem Ernst, an charakterfester Gesinnung und Ueberzeugungstreue, wie an beharrlicher Arbeitsamkeit über die große Masse ihrer Mitschwestern erhoben, und sich den Männern zur Seite gestellt haben. Daß diese Minderzahl für ihre Einsicht und Thatkraft die nothwendige Freiheit der Bethätigung begehrt, das versteht sich ganz von selbst. Die große Masse der Frauen ist aber bei uns noch fast durchweg gegen die Emancipation der Frauen eingenommen, und sie giebt, man muß dies zugestehen, durch ihr Thun und Treiben denjenigen Männern vielfach Recht, welche die </p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0101]
allen Vernünftigen voraussagen, daß es sich folgerichtig fortsetzen muß, wenn schon es nicht immer möglich ist, es voraus zu bestimmen, wann und in welcher Gestalt die Entwicklung vor sich gehen wird. — Ueberall jedoch, wo eine solche Befreiung geschehen, ist von Seiten der Niedergehaltenen vorher das Begehren nach dieser Erhebung vorhanden gewesen und ausgesprochen worden, denn Wohlthaten pflegen selten aufgedrängt zu werden, und mich dünkt, es lohnt der Mühe, einmal zuzusehen, in wie weit also eben bei uns in Deutschland die Frauen selber ihre Emancipation begehren und in welcher Weise sie selber sich auf die Gleichstellung mit den Männern vorbereitet haben.
Wenn ich hier im Allgemeinen von »den Frauen« rede, so kann ich damit natürlich nicht jene verhältnißmäßig noch immer kleine Zahl von Frauen meinen, die sich an geistiger Reife, an sittlichem Ernst, an charakterfester Gesinnung und Ueberzeugungstreue, wie an beharrlicher Arbeitsamkeit über die große Masse ihrer Mitschwestern erhoben, und sich den Männern zur Seite gestellt haben. Daß diese Minderzahl für ihre Einsicht und Thatkraft die nothwendige Freiheit der Bethätigung begehrt, das versteht sich ganz von selbst. Die große Masse der Frauen ist aber bei uns noch fast durchweg gegen die Emancipation der Frauen eingenommen, und sie giebt, man muß dies zugestehen, durch ihr Thun und Treiben denjenigen Männern vielfach Recht, welche die
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